Zeitschrift
tec21 2006|8
Naturgefahren
Erdbeben – ein vernachlässigtes Thema
Das Basler Beben vom 18. Oktober 1356 jährt sich heuer zum 650. Mal. Es handelte sich um eines der stärksten Beben in historischer Zeit nördlich der Alpen – mit je nach Quelle 100 bis 2000 Todesopfern. Was wäre, wenn sich dieses verheerende Beben wiederholen würde? Als Schaden werden verschieden hohe Milliardenbeträge genannt. Auch wenn nicht alle Details verstanden und oft auch nicht ganz einfach zu kommunizieren sind, so ist doch die Möglichkeit, dass sich ein solches Beben wiederholt, sehr ernst zu nehmen.
Es besteht Handlungsbedarf.
Dazu werden vier Überlegungen angestellt.
– Gesundes Bewusstsein schaffen: Wir müssen mit dem Dilemma leben, dass nur wenige grössere Erdbeben verspürt werden, aber die Wissenschafter immer wieder darauf hinweisen, dass eine Erdbebengefährdung besteht. Wie lässt sich der Bevölkerung und den politischen Instanzen ein realistisches Bewusstsein und ein massnahmenorientierter Umgang mit der Erdbebengefährdung vermitteln?
Zu denken ist weniger an den Katastrophenfall als vielmehr an die Durchsetzung von Vorsorgemassnahmen in Bezug auf erdbebensicheres Bauen. Die Frage nach erdbebensicherem Bauen ist nicht Praxis: Haben Sie beim Bau Ihres Hauses den Architekten gefragt, ob es erdbebensicher ist? Haben Sie zu diesem Thema eine kompetente Antwort erhalten?
– Verstehen: Erdbebenforschung ist eine anspruchsvolle wissenschaftliche Disziplin, die das Wissen von Geologen, Geophysikern, Bauingenieuren und Historikern zusammenbringt. Was bedeutet es, wenn Wissenschafter sagen, dass einzelne Regionen in der Schweiz gefährdeter sind als andere? Wie sind die Aussagen in Bezug auf die Stärke oder die Lokalisierung des Bebens von Basel zu verstehen? Was bedeutet es, wenn die Wissenschafter von Eintretenswahrscheinlichkeit, von Beschleunigung oder von Mikrozonierung reden?
Forschung und Lehre an den Hochschulen sind daher sehr wichtig, gerade auch am Standort Basel. Die Kenntnisse der lokalen Geologie und das regional begründete Interesse an der Forschung sind in der Ausbildung junger Wissenschafter und Ingenieure von grosser Bedeutung, um die Diskussion zu versachlichen und komplexe Zusammenhänge richtig anzuwenden und zu kommunizieren.
– Umsetzen im Alltag: Mit der Inkraftsetzung der neuen Erdbebenbestimmungen in den SIA-Tragwerksnormen (260–267) und mit dem SIA-Merkblatt 2018 «Überprüfung bestehender Gebäude bezüglich Erdbeben» wurde ein grosser Meilenstein erreicht. Jetzt gilt es, diese Normen konsequent in die Ausbildung der Architekten und Bauingenieure einzubringen und ihre Einhaltung in den Baubewilligungsverfahren mit Nachdruck einzufordern. Auch die staatlichen Stellen müssen sich ein fundiertes Wissen aneignen, um kompetent zu beurteilen und zu beraten.
– Vorsorge für den Katastrophenfall: Selbstverständlich müssen alle realistischen Massnahmen für die Bewältigung einer möglichen Katastrophe getroffen werden. In diesem Zusammenhang ist auch die Frage des Versicherungsschutzes zu klären!
Es besteht Handlungsbedarf: Erdbeben müssen zu einem wichtigen Thema werden.
Thomas Noack, thomas.noack@bl.ch
Dr., dipl. Geologe, Amt für Raumplanung Basel-Landschaft
Standpunkt / Inhalt
Lawinenforschung im Vallée de la Sionne (VS) | François Dufour et al.
Mit den Resultaten grossmassstäblicher Experimente lassen sich
Berechnungsmodelle überprüfen und die zugrunde liegenden physikalischen Prozesse besser verstehen.
Baulicher Lawinenschutz | Stefan Margreth, Katharina Platzer
Neue SIA-Tragwerksnormen und Forschungsergebnisse verlangen eine Überarbeitung von massgeblichen Richtlinien zur Konstruktion von Schutzbauten.
Rechtliche Tragweite der SIA-Erdbebennormen | Rainer Schumacher
Die rechtliche Verbindlichkeit der neuen Tragwerksnormen SIA 260267 (Ausgabe 2003) ist von grundlegender Bedeutung für die Erdbebenvorsorge in der Schweiz.
Erdbebensicherer Luxus in Zermatt | Urs Sommer, Aldo Rota
Aus der Überprüfung der Erdbebensicherheit eines bestehenden Hotelbaus anhand des SIA-Merkblatts 2018 werden Sicherheits- und Rettungskosten abgeleitet.
«Bauingenieurinnen plus»: erste Erfolge | Beatrice Cipriano
Das Pilotprojekt der Hochschule für Technik Rapperswil (HSR) vermag junge Frauen für ein Bauingenieurstudium zu begeistern.
Nicht mehr exotisch: Frau auf dem Bau | Katharina Möschinger
Zwei Bauingenieurinnen berichten über ihre Erfahrungen.
Blickpunkt Wettbewerb
Neue Ausschreibungen und Preise / Zürichs grösstes Projekt: Erweiterung des Stadtspitals Triemli / Seltener Wettbewerb für eine Planung: Rössler-Bodenacker in Dulliken
Blickpunkt Wettbewerb
Neue Ausschreibungen und Preise / Zürichs grösstes Projekt: Erweiterung des Stadtspitals Triemli / Seltener Wettbewerb für eine Planung: Rössler-Bodenacker in Dulliken
Magazin
Ausstellung: Jo Colombo / Uni Luzern: Abbruch war rechtens /
Militärbibliothek unter einem Dach / Agglomerationsprogramm «Regio Frauenfeld» / Neue BZO für Luzern / Schatzalp-Turm: Einsprachen abgewiesen / Bau privater Schutzräume /
Aus dem SIA
Studienreise A&K zum Nadelör Öresund / Neuer Nationaler Anhang NB zur Betonnorm SN EN 206-1
Produkte
Impressum
Veranstaltungen
Das Basler Beben vom 18. Oktober 1356 jährt sich heuer zum 650. Mal. Es handelte sich um eines der stärksten Beben in historischer Zeit nördlich der Alpen – mit je nach Quelle 100 bis 2000 Todesopfern. Was wäre, wenn sich dieses verheerende Beben wiederholen würde? Als Schaden werden verschieden hohe Milliardenbeträge genannt. Auch wenn nicht alle Details verstanden und oft auch nicht ganz einfach zu kommunizieren sind, so ist doch die Möglichkeit, dass sich ein solches Beben wiederholt, sehr ernst zu nehmen.
Es besteht Handlungsbedarf.
Dazu werden vier Überlegungen angestellt.
– Gesundes Bewusstsein schaffen: Wir müssen mit dem Dilemma leben, dass nur wenige grössere Erdbeben verspürt werden, aber die Wissenschafter immer wieder darauf hinweisen, dass eine Erdbebengefährdung besteht. Wie lässt sich der Bevölkerung und den politischen Instanzen ein realistisches Bewusstsein und ein massnahmenorientierter Umgang mit der Erdbebengefährdung vermitteln?
Zu denken ist weniger an den Katastrophenfall als vielmehr an die Durchsetzung von Vorsorgemassnahmen in Bezug auf erdbebensicheres Bauen. Die Frage nach erdbebensicherem Bauen ist nicht Praxis: Haben Sie beim Bau Ihres Hauses den Architekten gefragt, ob es erdbebensicher ist? Haben Sie zu diesem Thema eine kompetente Antwort erhalten?
– Verstehen: Erdbebenforschung ist eine anspruchsvolle wissenschaftliche Disziplin, die das Wissen von Geologen, Geophysikern, Bauingenieuren und Historikern zusammenbringt. Was bedeutet es, wenn Wissenschafter sagen, dass einzelne Regionen in der Schweiz gefährdeter sind als andere? Wie sind die Aussagen in Bezug auf die Stärke oder die Lokalisierung des Bebens von Basel zu verstehen? Was bedeutet es, wenn die Wissenschafter von Eintretenswahrscheinlichkeit, von Beschleunigung oder von Mikrozonierung reden?
Forschung und Lehre an den Hochschulen sind daher sehr wichtig, gerade auch am Standort Basel. Die Kenntnisse der lokalen Geologie und das regional begründete Interesse an der Forschung sind in der Ausbildung junger Wissenschafter und Ingenieure von grosser Bedeutung, um die Diskussion zu versachlichen und komplexe Zusammenhänge richtig anzuwenden und zu kommunizieren.
– Umsetzen im Alltag: Mit der Inkraftsetzung der neuen Erdbebenbestimmungen in den SIA-Tragwerksnormen (260–267) und mit dem SIA-Merkblatt 2018 «Überprüfung bestehender Gebäude bezüglich Erdbeben» wurde ein grosser Meilenstein erreicht. Jetzt gilt es, diese Normen konsequent in die Ausbildung der Architekten und Bauingenieure einzubringen und ihre Einhaltung in den Baubewilligungsverfahren mit Nachdruck einzufordern. Auch die staatlichen Stellen müssen sich ein fundiertes Wissen aneignen, um kompetent zu beurteilen und zu beraten.
– Vorsorge für den Katastrophenfall: Selbstverständlich müssen alle realistischen Massnahmen für die Bewältigung einer möglichen Katastrophe getroffen werden. In diesem Zusammenhang ist auch die Frage des Versicherungsschutzes zu klären!
Es besteht Handlungsbedarf: Erdbeben müssen zu einem wichtigen Thema werden.
Thomas Noack, thomas.noack@bl.ch
Dr., dipl. Geologe, Amt für Raumplanung Basel-Landschaft
Standpunkt / Inhalt
Lawinenforschung im Vallée de la Sionne (VS) | François Dufour et al.
Mit den Resultaten grossmassstäblicher Experimente lassen sich
Berechnungsmodelle überprüfen und die zugrunde liegenden physikalischen Prozesse besser verstehen.
Baulicher Lawinenschutz | Stefan Margreth, Katharina Platzer
Neue SIA-Tragwerksnormen und Forschungsergebnisse verlangen eine Überarbeitung von massgeblichen Richtlinien zur Konstruktion von Schutzbauten.
Rechtliche Tragweite der SIA-Erdbebennormen | Rainer Schumacher
Die rechtliche Verbindlichkeit der neuen Tragwerksnormen SIA 260267 (Ausgabe 2003) ist von grundlegender Bedeutung für die Erdbebenvorsorge in der Schweiz.
Erdbebensicherer Luxus in Zermatt | Urs Sommer, Aldo Rota
Aus der Überprüfung der Erdbebensicherheit eines bestehenden Hotelbaus anhand des SIA-Merkblatts 2018 werden Sicherheits- und Rettungskosten abgeleitet.
«Bauingenieurinnen plus»: erste Erfolge | Beatrice Cipriano
Das Pilotprojekt der Hochschule für Technik Rapperswil (HSR) vermag junge Frauen für ein Bauingenieurstudium zu begeistern.
Nicht mehr exotisch: Frau auf dem Bau | Katharina Möschinger
Zwei Bauingenieurinnen berichten über ihre Erfahrungen.
Blickpunkt Wettbewerb
Neue Ausschreibungen und Preise / Zürichs grösstes Projekt: Erweiterung des Stadtspitals Triemli / Seltener Wettbewerb für eine Planung: Rössler-Bodenacker in Dulliken
Blickpunkt Wettbewerb
Neue Ausschreibungen und Preise / Zürichs grösstes Projekt: Erweiterung des Stadtspitals Triemli / Seltener Wettbewerb für eine Planung: Rössler-Bodenacker in Dulliken
Magazin
Ausstellung: Jo Colombo / Uni Luzern: Abbruch war rechtens /
Militärbibliothek unter einem Dach / Agglomerationsprogramm «Regio Frauenfeld» / Neue BZO für Luzern / Schatzalp-Turm: Einsprachen abgewiesen / Bau privater Schutzräume /
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