Zeitschrift
werk, bauen + wohnen 5-09
Starke Strukturen
Man stelle sich die Welt ohne Schwerkraft vor, mit Bäumen, die bis in den Himmel wachsen und tentakelartig ausladenden Ästen. Menschen und Tiere schweben über dem Erdboden, bewegen sich federnd leicht, kennen weder oben noch unten. Und die Häuser? Sie haben Türen auf dem Dach und werden bei Bedarf am Boden festgezurrt, die grössten Spannweiten werden mit pergamentdünnen Konstruktionen gemeistert.
Die Realität sieht anders aus. Vor wenigen Monaten stürzte in St. Gallen völlig unerwartet eine Turnhallendecke ein, die wenige Jahre alt war. Dieses Ereignis rief ins Bewusstsein, was wir gerne verdrängen: Jeder Bau, sei er noch so klein, muss sich gegen die Schwerkraft behaupten. Die Überwindung von horizontalen Distanzen stellt dabei die grösste Herausforderung dar. Früher, als technisch noch nicht so vieles möglich war, bestimmte die Art der Deckentragwerke die Dimensionierung der Räume. Die dadurch gesetzten Grenzen waren zuweilen eng. Gewölbe, Kuppeln, Flachdecken oder Zimmermannskonstruktionen, Mauern oder Stützen, sie alle dienen natürlich nicht nur dem Lastabtrag. Vielmehr können sie auch als architektonische Elemente eingesetzt werden, die den Charakter eines Gebäudes, dessen Räume und Erscheinungsbild wesentlich prägen.
Genau dies verstehen wir unter «Starken Strukturen»:
Tragstrukturen, die nicht im Verborgenen ihre Funktion erfüllen und die Lasten möglichst diskret ins Erdreich leiten, sondern aus dieser existentiellen Thematik, diesem Drama, Architektur machen. Kein Wunder ist die Formensprache solcher Bauten oftmals eher expressiv und erhält die Arbeit der Bauingenieure mehr Beachtung als sonst – was aber nicht heisst, dass Tragwerke dieser Art für den Ingenieur eine grössere Herausforderung darstellen würden.
Selbstredend sind starke Strukturen nicht von den Dimensionen eines Gebäudes abhängig. Analog zur «Forme forte», der starken Form eines Gebäudes, ein Begriff, den Martin Steinmann anfangs der Neunzigerjahre geprägt hat, liegt die Kraft solcher Tragwerkskonzepte weniger in der physischen, als vielmehr in der visuellen oder gestalterischen Stärke. Die bildhafte Wirkung starker Strukturen täuscht nämlich mitunter darüber hinweg, dass der Kräfteverlauf komplexer ist, als vorgegeben wird. Dennoch verkörpern starke Strukturen oftmals etwas Elementares, wie die Beispiele in diesem Heft zeigen. Vielleicht hat das damit zu tun, dass Bauten mit architektonisch präsenten Tragstrukturen deutlicher als andere von den existentiellen Bedingungen des Bauens künden. Sind deshalb etwa Analogien zur Natur besonders beliebt, Blattmuster oder die Struktur eines Baumes?
Die Redaktion
Arthur Rüegg
Starke Strukturen: Formen des Umgangs mit der Tragkonstruktion
Caspar Schärer
Origami in Holz: Provisorische Kapelle in Pompaples VD von Localarchitecture und bureau d'architecture Danilo Mondada mit Planungsbüro Shel
Florian Heilmeyer
Essen unterm Honigwabenblatt: Betriebsrestaurant von Trumpf in Ditzingen von Barkow Leibinger Architekten
Thomas Pulver und Caspar Schärer
Kooperative Planung: Toyo Itos Bauten, gesehen von Thomas Pulver
Falk Jaeger
Wie Borges sich das Paradies vorstellt Mittelpunktbibliothek in Berlin-Köpenick von
Bruno Fioretti Marquez Architekten mit Nele Dechmann
Tragwerk und Raum: Die Ingenieure Aurelio Muttoni, Heinrich Schnetzer und Joseph Schwartz
im Gespräch mit der Architektin Aita Flury
Forum
Orte: Lukas Bärfuss
Einfamilienhaus in Binningen von Luca Selva Architekten, Basel
Innenarchitektur: Umbau der ehemaligen Chässtube zur Archbar in Winterthur
Wettbewerb: Studienauftrag der Stadt Zürich für die Kunst im öffentlichen Raum am Limmatquai
Zum werk-material: Zwei Schulhäuser von Mann Capua-Mann Architectes in Cheseaux sur Lausanne (VD)
und von Allemann Bauer Eigenmann Architekten in Oberkirch (LU)
Ausstellung: Architekturfotografie von Klaus Kinold in der Münchner Pinakothek der Moderne
Bücher: Zwei Ausstellungen und Publikationen zu Architektur und Städtebau
bauen rechnen: Dauer von Baubewilligungsverfahren
bauen rechten: Solidarhaftung und Rückgriff
Ausstellungen,Veranstaltungen, Neuerscheinungen
werk-material
Mann Capua-Mann Architectes, Lausanne: Collège „Le Marais du Billet“ in Cheseaux-sur Lausanne VD
Allemann Bauer Eigenmann Architekten, Zürich: Erweiterung Schulanlage, Oberkirch LU
Die Realität sieht anders aus. Vor wenigen Monaten stürzte in St. Gallen völlig unerwartet eine Turnhallendecke ein, die wenige Jahre alt war. Dieses Ereignis rief ins Bewusstsein, was wir gerne verdrängen: Jeder Bau, sei er noch so klein, muss sich gegen die Schwerkraft behaupten. Die Überwindung von horizontalen Distanzen stellt dabei die grösste Herausforderung dar. Früher, als technisch noch nicht so vieles möglich war, bestimmte die Art der Deckentragwerke die Dimensionierung der Räume. Die dadurch gesetzten Grenzen waren zuweilen eng. Gewölbe, Kuppeln, Flachdecken oder Zimmermannskonstruktionen, Mauern oder Stützen, sie alle dienen natürlich nicht nur dem Lastabtrag. Vielmehr können sie auch als architektonische Elemente eingesetzt werden, die den Charakter eines Gebäudes, dessen Räume und Erscheinungsbild wesentlich prägen.
Genau dies verstehen wir unter «Starken Strukturen»:
Tragstrukturen, die nicht im Verborgenen ihre Funktion erfüllen und die Lasten möglichst diskret ins Erdreich leiten, sondern aus dieser existentiellen Thematik, diesem Drama, Architektur machen. Kein Wunder ist die Formensprache solcher Bauten oftmals eher expressiv und erhält die Arbeit der Bauingenieure mehr Beachtung als sonst – was aber nicht heisst, dass Tragwerke dieser Art für den Ingenieur eine grössere Herausforderung darstellen würden.
Selbstredend sind starke Strukturen nicht von den Dimensionen eines Gebäudes abhängig. Analog zur «Forme forte», der starken Form eines Gebäudes, ein Begriff, den Martin Steinmann anfangs der Neunzigerjahre geprägt hat, liegt die Kraft solcher Tragwerkskonzepte weniger in der physischen, als vielmehr in der visuellen oder gestalterischen Stärke. Die bildhafte Wirkung starker Strukturen täuscht nämlich mitunter darüber hinweg, dass der Kräfteverlauf komplexer ist, als vorgegeben wird. Dennoch verkörpern starke Strukturen oftmals etwas Elementares, wie die Beispiele in diesem Heft zeigen. Vielleicht hat das damit zu tun, dass Bauten mit architektonisch präsenten Tragstrukturen deutlicher als andere von den existentiellen Bedingungen des Bauens künden. Sind deshalb etwa Analogien zur Natur besonders beliebt, Blattmuster oder die Struktur eines Baumes?
Die Redaktion
Arthur Rüegg
Starke Strukturen: Formen des Umgangs mit der Tragkonstruktion
Caspar Schärer
Origami in Holz: Provisorische Kapelle in Pompaples VD von Localarchitecture und bureau d'architecture Danilo Mondada mit Planungsbüro Shel
Florian Heilmeyer
Essen unterm Honigwabenblatt: Betriebsrestaurant von Trumpf in Ditzingen von Barkow Leibinger Architekten
Thomas Pulver und Caspar Schärer
Kooperative Planung: Toyo Itos Bauten, gesehen von Thomas Pulver
Falk Jaeger
Wie Borges sich das Paradies vorstellt Mittelpunktbibliothek in Berlin-Köpenick von
Bruno Fioretti Marquez Architekten mit Nele Dechmann
Tragwerk und Raum: Die Ingenieure Aurelio Muttoni, Heinrich Schnetzer und Joseph Schwartz
im Gespräch mit der Architektin Aita Flury
Forum
Orte: Lukas Bärfuss
Einfamilienhaus in Binningen von Luca Selva Architekten, Basel
Innenarchitektur: Umbau der ehemaligen Chässtube zur Archbar in Winterthur
Wettbewerb: Studienauftrag der Stadt Zürich für die Kunst im öffentlichen Raum am Limmatquai
Zum werk-material: Zwei Schulhäuser von Mann Capua-Mann Architectes in Cheseaux sur Lausanne (VD)
und von Allemann Bauer Eigenmann Architekten in Oberkirch (LU)
Ausstellung: Architekturfotografie von Klaus Kinold in der Münchner Pinakothek der Moderne
Bücher: Zwei Ausstellungen und Publikationen zu Architektur und Städtebau
bauen rechnen: Dauer von Baubewilligungsverfahren
bauen rechten: Solidarhaftung und Rückgriff
Ausstellungen,Veranstaltungen, Neuerscheinungen
werk-material
Mann Capua-Mann Architectes, Lausanne: Collège „Le Marais du Billet“ in Cheseaux-sur Lausanne VD
Allemann Bauer Eigenmann Architekten, Zürich: Erweiterung Schulanlage, Oberkirch LU
Weiterführende Links:
Verlag Werk AG