Zeitschrift

archithese 2.2011
Oberflächen
archithese 2.2011
zur Zeitschrift: archithese
Herausgeber:in: FSAI
Verlag: niggli
Das vorliegende Heft entstand unter schwierigen Bedingungen. Als Redaktion einer Architekturzeitschrift, welche seit vierzig Jahren den Architekturdiskurs begleitet, nach Strukturen fahndet und noch heute den intensiven Diskurs den Abbildungen vorzieht, war ein Heft über Oberfläche eine keinesfalls oberflächliche Herausforderung. Vieles schien uns bereits bis zur Erschöpfung diskutiert: Die Medienfassaden und grünen Fassaden, die mittels lasercutting hergestellten flachen Ornamente, die berührungssensitiven Materialien; selbst die Thermohaut wurde in den letzten Monaten erschöpfend thematisiert. Rettet man sich von der Oberfläche zum internationalen Begriff surface, so erschliesst sich damit zwar eine ganze Geschichte der jüngsten Designavantgarde, weil sich die surface im Gegensatz zur Oberfläche vom Untergrund emanzipiert hat und zu einem Objekt der Geometrie wurde. Aber auch die Austriebe dieser Wurzeln, die folds und skins, liegen bereits zwanzig Jahre zurück. Ihre Nachfolger, die iconic skin buildings, überwiegend in China und den Emiraten gebaut, waren in der Diskussion weder sonderlich beliebt noch ergiebig – und fanden mit der Finanzkrise nach Meinung vieler ihr berechtigtes vorläufiges Ende.

Im Jahresplan nicht vohersehbar, wurde während der Ausarbeitung des Heftes die Oberfläche in einer ganz anderen Weise und Dimension getestet. Die Umwälzungen in den arabischen Ländern und insbesondere in Libyen liessen den Teppich der Despotie zerreissen, Strukturen brachen auf, weil das Volk die repressive politische Oberfläche nicht mehr duldete. Ein Zeichen auch für die internationale Staatengemeinschaft, welche sich aufgrund der Abhängigkeit von Öl oder wegen anderer Gründe eine fragwürdige Oberfläche zurechtpinselte.

Während der Produktion kam dann das Erdbeben mit nachfolgendem Tsunami und der Atomkatastrophe in Japan. Nach der politischen brach somit auch die natürliche Oberfläche und verwandelte sich von der ruhigen Meeresoberfläche zur tödlichen Welle, welche die nur an der Medienoberfläche sichere Atomkraft aus ihrem containment herausriss und eine zum Zeitpunkt der Fertigstellung noch nicht absehbare Katastrophe und lang währende Tragödie zur Folge haben wird.

Neben all diesen Ereignissen verschwimmt die Bedeutung unseres Versuchs, die Oberfläche auf neuen Pfaden zu erkunden – und doch ist es vielleicht der richtige Zeitpunkt, über einige der im Heft vorgestellten Aspekte aus neuer Perspektive und zwecks gewünschter Verunsicherung nachzudenken. Letztlich ist keine Oberfläche nur oberflächlich; sie ist Ergebnis einer Reaktion auf Strukturen und stets selbst Struktur. So ist die Haut als menschliche Oberfläche nur vermeintlich unsere Umrisslinie – vielmehr ist sie Trägerin unseres Empfindens für die Aussenwelt und mitunter Ausdruck der Innenwelt. Bei der Architektur verhält es sich nicht anders. – Für unser Thema machte sich der Fotograf Oliver Godow auf den Weg nach Berlin.
Redaktion

04 Editorial

Architektur Aktuell
12 Knapkiewicz & Fickert. Wohnüberbauung Rigiplatz, Zürich | Michel Frei
22 landau   kindelbacher, Holzer Kobler Architekturen. Besucherzentrum Grube Messel | Uwe Hinkfoth
28 Peter Kunz Architektur, Villa im Appenzell | Judith Raeber

Oberflächen
36 Berlin I | Oliver Godow
38 Die Honigwaben des Raumes, Über die Fläche zwischen Architektur und Mensch | Eberhard Tröger
44 Berlin II | Oliver Godow
46 Reaktivierung der Tradition. Julia von Mende im Gespräch mit Amateur Architecture Studio
52 Die weiche Architektur der Berührung. Über das Verhältnis von Mensch, Maschine und Architektur im 21. Jahrhundert | Michael Wihart
58 Platz für die Stadt. Neugestaltung des Eduard-Wallnöfer-Platzes in Innsbruck | Julia Schatz
62 Fassadenrecycling, AFF Architekten. Schutzhütte am Fichtelberg | Mathias Remmele
66 Berlin III | Oliver Godow
68 Der Kosmos des nur scheinbar Minimalen. USUS – Der belgische Pavillon bei der Biennale di Venezia 2010 von Rotor | Hannes Mayer
72 Media-TIC, Barcelona. Enric Ruiz Geli / Cloud 9, 2010 | Hubertus Adam
74 Die Falte ausgewalzt. Eine oberflächliche Einführung zur Oberfläche … | Hannes Mayer
80 Trufa, Costa da Morte. Antón García-Abril / Ensamble Studio, 2010 | Hubertus Adam
82 Froschkönig. SPLITTERWEK / GRAZT, 2009 | Hubertus Adam
84 Berlin IV | Oliver Godow

Rubriken
86 Interview: Städtebau durch Landschaftsplanung. Margarete von Lupin und Jørg Himmelreich im Gespräch mit Michele Arnaboldi
92 Ausstellung: Paul Bonatz im DAM Frankfurt | Uwe Hinkfoth
96 Junge Architektinnen und Architekten: horisberger wagen | Juho Nyberg
98 Design: Leuchtenkollektion Luxluxlux | Hubertus Adam

99 archithese empfiehlt
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112 Vorschau und Impressum

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