Zeitschrift

domus Deutsche Ausgabe 17-026
Die Häuser der Götter
domus Deutsche Ausgabe 17-026
zur Zeitschrift: domus
Nichts ist so persönlich wie der Glaube, nichts wird so sehr missbraucht wie die eigene, ganz persönliche Entscheidung für eine religiöse oder spirituelle Haltung. Auch wenn wir in unseren Breiten immer mehr den Glauben an Gott verlieren, hat noch nichts Vergleichbares diese Lücke füllen können. In dieser Ausgabe der deutschen Domus wollen wir uns der gebauten Mani­festation des Glaubens widmen und verschiedene Typen von Sakralbauten vorstellen, aber auch dazu anregen, sich mit dem Thema vertiefend zu beschäftigen. So stellen wir zum Beispiel die Initiative der Evangelische Kirche in Mitteldeutschland vor, die angesichts der vielen leer stehenden Kirchen dazu aufgerufen hat, Ideen für neue Nutzungsmöglichkeiten einzureichen - der Erhalt als Gottes­haus war dabei nicht gefordert. 500 Ideen sind zusammen­gekommen und werden nun in Erfurt aus­gestellt.

Bis zu fünf Vorschläge sollen bis zum Ende des IBA-Thüringen-Jahres 2023 umgesetzt werden.

Mit dem Bau der Zentralmoschee der Türkisch-Islamischen Union in Köln hat nun nach Jahrzehnten ein Prozess sein Ende gefunden, der nicht immer einfach war und in dieser Ausgabe noch einmal chronologisch nachvollzogen wird. Der Architekt Paul Böhm, jüngster Sohn des Pritzker-Preisträgers Gottfried Böhm und Enkel von Dominikus Böhm, des wohl bedeutendsten Kirchenbauers der frühen Moderne in Deutschland, hat mit seinem transparenten Kuppelbau die Moschee architektonisch in die Gegenwart überführt. Einzelne Wandscheiben wechseln sich mit großen Glasflächen ab, und der gesamte Komplex ist mittels Freitreppen öffent­lich zugänglich. Tagungssäle und Gemein­schafts­räume wie die Bibliothek sollen eine Brücke schlagen zu den Menschen in der Umgebung und eine offene Haltung transportieren. Dass das Aufeinandertreffen von traditio­neller Erwartung und zeitgenössischem Anspruch beim Neuentwurf eines Sakralbaus eine echte Herausforderung sein kann, hat auch Sergei Tchoban erfahren. Er ent­warf die Klosterkirche St. Georg in Götschendorf für die Russisch-Orthodoxe Kirche.

Nach inhaltlich tief­greifender Diskussion von beiden Seiten wurde eine bauliche Lösung gefunden, die sich hervorragend in eine doch eher schlichte Formensprache einfügt und somit auch heutigen ästhetischen Ansprüchen gerecht wird.

Die Umgestaltung und Sanierung des Fünf-Drachen-Tempels in Ruicheng City in China stieß auf heftigen Wider­stand. Der Konflikt bestand darin, dass sich die chinesi­sche Bevölkerung nicht mit der Formen­sprache der Anlage identifizieren konnte.

Die Gestal­tung des Tempels wurde allzu sehr als Anpassung an die westliche Ästhetik empfunden. Ein ausführlicher Kommentar im Anschluss an die Vorstellung des Projekts versucht, den Argumenten von beiden Seiten auf den Grund zu gehen.

Außerdem hat die deutsche Domus den neuen alten Kulturpalast in Dresden besucht. Der Bau gilt als heraus­ragendes Beispiel der DDR-Moderne und erhielt nach hitzigen Debatten zu guter Letzt die Zustimmung für seine Erhaltung.

Nun haben gmp Architekten den Kulturpalast saniert und im Inneren mit einem neuen Konzertsaal ausgestattet. Dank seiner prominenten Lage mitten in der Stadt und seinem öffentlichen Nutzungs­potenzial wie etwa der Bibliothek wird er auch weiterhin ein Bau für die Bevölkerung sein.

Viel Freude beim Lesen und Entdecken des Heftes! Die nächste Domus-Ausgabe erscheint am 31. August 2017.

Nancy Jehmlich

01 Editorial
12 Meldungen

ANSICHTEN
19 Heilige Räume, Fotoessay, Nancy Jehmlich
24 Ein Haus mit bewegter Geschichte, Kulturpalast Dresden, Oliver G. Hamm
28 Wandeln zwischen Teichen, Landschaftspark in Japan
32 Neues Wohnen in Japan, Pippo Ciorra
36 Ein Raum für mich allein, Andrea Prins
38 Was wird aus unseren Kirchen? 500 Kirchen 500 Ideen, Nancy Jehmlich
40 School of Design, Pratt Institute in New York, Constantin Boym
44 Seine unbequemen Zwischenrufe, Buchbesprechung, C. Julius Reinsberg

PROJEKTE
45 Mit Blick zum Himmel, Zentralmoschee in Köln, Oliver G. Hamm
56 Russische Zwiebelhaube in der Uckermark, Nancy Jehmlich
60 Der Fünf-Drachen-Tempel in Ruicheng City, China, Wang Hui
70 Der Fünf-Drachen-Tempel im Feuer der Kritik, Pierre-Alain Croset
72 Kapelle und Abschiedsräume in Città Sant’Angelo, Italien
82 Willkommen im Licht der Schönheit, Bruno Corà
84 Meine Freunde / Meine Feinde
86 Eine starke Empfindung für die Welt der Dinge, Julia Bluth
92 Für mehr Respekt zwischen Menschen und Objekten
98 Porträts, die um die Welt gingen, Giampiero Bosoni, Chiara Lecce
108 Meine Freunde / Meine Feinde
110 So wird Avantgarde gemacht, Carlo Ratti
112 Architektur, Forschung und Utopie
118 Neues Potenzial für Materialien
122 Archaische Strukturen digital entwickelt, Laura Milan

PRODUKTKULTUR
126 Doppelt hält besonders gut, Eva Steidl
130 Neuheiten von der Mailänder Möbelmesse, Robert Haidinger

FEEDBACK
141 Sarajevo, Kanita-Ita Fock

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