Zeitschrift

werk, bauen + wohnen 06-21
Pouillon in Algerien
werk, bauen + wohnen 06-21
zur Zeitschrift: werk, bauen + wohnen
Am Anfang dieses Hefts stand die Kraft der Bilder, die der Lausanner Fotograf Leo Fabrizio in jahrelangen Recherchen vom Werk Fernand Pouillons in Algerien geschaffen hat: Die Würde und die Vielfalt der Architektur, die Melancholie ihres Zerfalls, die meisterhaften Aufnahmen im warmen Licht des Mittelmeers haben uns tief beeindruckt, als wir vor einem Jahr dem Buch Fernand Pouillon et l’Algérie. Bâtir à hauteur d'hommes begegneten, das Leo Fabrizio in Zusammenarbeit mit der Fotografin Daphné Bengoa publiziert hat. Für dieses Heft hat er uns sein Archiv geöffnet, so wird sein grosser Bilderbestand hier erstmals zugänglich.

Der französische Architekt Fernand Pouillon (1912 – 86), im eigenen Land lange Zeit verfemt, darf heute in keinem aktuellen Standardwerk der Architekturgeschichte mehr fehlen. Doch im Gegensatz zu den Wohnsiedlungen in Paris, Marseille oder Aix-en-Provence sind seine Arbeiten in Algerien immer noch kaum bekannt. Drei Stadtquartiere mit insgesamt 6700 geplanten und 4200 realisierten Wohnungen hat er in Algier 1953 – 58 zumeist aus massiven Natursteinblöcken errichtet. Dabei sind charakteristische Kompositionen entstanden, die noch heute eine grosse Ausstrahlungskraft besitzen. Vor zwölf Jahren würdigte Aita Flury diese Bauten erstmals in dieser Zeitschrift (wbw 7/8 – 2009), mittlerweile sind sie besser erforscht, so hat unsere Autorin Michaela Türtscher 2020 eine Dissertation verfasst, die Aspekte der Komposition, Konstruktion, Bauprozesse sowie eine kritische Betrachtung der Rezeption von Pouillons Werk umfasst.

Nach seiner Verurteilung durch französische Gerichte ist Fernand Pouillon 1966 in das nunmehr unabhängige Algerien zurückgekehrt. Dank alten Kontakten sind dort bis 1984 Dutzende weiterer Grossprojekte entstanden, insbesondere für den aufkeimenden Tourismus. Formal und konstruktiv hat Pouillon sich dabei vom Naturstein gelöst und neue Wege eingeschlagen.

Wir danken Leo Fabrizio für seine Bereitschaft, uns auf diese Reise mitzunehmen. Eine Reise, die in der Ausstellung im Architekturforum Zürich mit grossformatigen Fotos von Leo Fabrizio fortgeführt werden kann.

Städtisches Wohnen in Stein
Leo Fabrizio (Bilder)

Offene Komposition – mehrfache Lesbarkeit
Drei Überbauungen in Algier
Michaela Türtscher

Im Dienst des Menschen
Leo Fabrizio

Bauten für den Tourismus
Leo Fabrizio (Bilder)

Blutige Befreiung
Politische Hintergründe zur kolonialen Architektur
Alexander Gschwind

Leben, Literatur, Bauten

Zudem:
werk-notiz: Der Architekt Georges Descombes hat den Schweizer Grand Prix Kunst / Prix Meret Oppenheim gewonnen. Der Genfer hat sich zeitlebens für einen starken Bezug zur Landschaft in der Stadtplanung eingesetzt. Zuletzt realisierte er die Renaturierung des Flusses Aire in Genf.
Debatte: Redaktor Tibor Joanelly spinnt das Gespräch um den Hintergrund der Architektur weiter. Dabei öffnen sich hinter den blinden Flecken des Diskurses Perspektiven auf die Erneuerung der Stadt und, nicht zuletzt auf Schönheit.
Ausstellungen: Access for All im Schweizer Architekturmuseum Basel überzeugt schon beim Auftakt – in Form einer offenen Zugangsrampe auf dem Trottoir. Das eröffnet einen ungewöhnlichen Blick auf das Thema in São Paulo sowie neue Blicke auf die Stadt Basel. Wir kündigen zudem eine Ausstellung zum Werk Aldo Rossis in Rom an – sowie Leo Fabrizios Ausstellung über Fernand Pouillon und Algerien im Architekturforum Zürich.
Bücher: Mit dem neuen Buch sei auch dies geklärt: Die Russen waren die Vorreiter der Moderne, meint Christian Sumi. Er hat für uns das ziegelsteindicke Buch von Anna Bokov über die russische Kunstschule Wchutemas gelesen: eine Mischung aus Bauhaus und Volkshochschule. Im einflussreichen Vorkurs von Nikolai Ladovski in Moskau stand Architektur bereits 1920 im Programm. Ausserdem: Seng Kuans neue Monografie über Kazuo Shinohara.
Verdichtung Haushalten im Speckgürtel: Aus dem Einfamilienhaus Wohnraum für mehr Menschen machen, ohne die städtebauliche Körnung zu beeinträchtigen: Das ist die Herausforderung dreier Ersatzneubau-Projekte in Zollikon, Meilen und Therwil.
Humane Raumfigur: Das riesige Bauwerk The Circle am Flughafen Zürich ist eröffnet. Redaktor Tibor Joanelly hat den Architekten Riken Yamamoto mit seinen Fragen konfrontiert. Woher kommt die Idee der kleinteiligen Räume, die das kolossale Programm bändigen?
Poesie als Zugabe: Eine ratlose Architekturkritik – und ein Loblied auf den Butzenbüel-Park von Studio Vulkan
werk-material: Primarschule in Riaz FR, FAZ architectes
werk-material: Hortpavillon in der École Geisendorf in Genf, David Reffo

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