Zeitschrift

werk, bauen + wohnen 09-22
Gemeinsam bauen
werk, bauen + wohnen 09-22
zur Zeitschrift: werk, bauen + wohnen
«How will we live together?», war das Motto der letz­ten Architekturbiennale. Viele der Beteiligten be­antworteten diese Frage im Geist unserer Zeit sehr grundsätzlich: Wie mag es sich mit Vögeln, Server­clustern und Schimmelpilzen leben? Eher wenige gaben Antworten, die den unmittelbaren Alltag betreffen. Und eigentlich nur eine Gruppe berich­tete über den gelungenen Weg zum Zusammenleben. Anne Kockelkorn, Susanne Schindler und Marie­ Anne Lerjen präsentierten keine Utopien, sondern die historischen, gesellschaftlichen und wirtschaftli­chen Hintergründe der Zürcher Genossenschafts­kultur. Wir haben über die Wohnprojekte regelmäs­sig berichtet (vgl. Zollhaus Zürich in wbw 11–2021 oder Hobelwerk Winterthur in wbw 7/8–2022).

Doch wie steht es um gemeinschaftliche Wohn­modelle abseits von Zürich? Was läuft in Bern, Basel, München oder London? Da, wo der wirtschaftliche Druck (abgesehen von den Beispielen aus dem Aus­land!) noch nicht ganz so gross ist, wo es Nischen gibt, wo der Boden (in der Peripherie) noch verfüg­bar ist – und nicht an den Meistbietenden geht.

Uns interessieren Beispiele, die stark vom bekannten genossenschaftlichen Groove um Waschküchen­ordnung und Wohnkomfort abweichen: Junge Ge­meinschaften suchen nach Wegen, um das Zusam­menleben in der Dichte und unter dem Gebot der Nachhaltigkeit auf rarem Boden zu erproben – und zu leben. Hintergrund sind Überzeugungen genauso wie der Wunsch, eigenen Vorstellungen von gutem Leben Ausdruck zu geben und zahlbaren Wohnraum in der Stadt eben selbst zu schaffen.
Diese Glücks­ und Spezialfälle können für das breite Wohnen nur bedingt Vorbilder sein, und doch erzählen sie alle etwas von einer Stadt, die an­ders funktioniert, als es uns die gängige Projekt­entwicklung vormacht. Und sie sind allesamt archi­tektonisch bemerkenswert und beweisen somit, dass soziale Form in der heutigen Zeit auch ein Bild braucht, ein Image, einen architektonischen Aus­druck, der sich bei Geldsuche, Kaufverhandlungen und im Austausch mit Ämtern kommunizieren lässt.

Architektur baut darum mit der richtigen Bauherrschaft auch am Sozialen mit und führt zu Lösungen und zu Lebensentwürfen, die zuvor noch nicht imaginiert worden waren – aber möglich sind und funktionieren, wie dieses Heft zeigt.

Arche des Zusammenlebens
Genossenschaftshaus Warmbächli / Holligerhof, Bern, BHSF Architekten
Daniel Kurz, Jürgen Beck (Bilder)

Genossen Architektinnen
San Riemo in München war erst der Anfang
Peter Cachola Schmal, Petter Krag (Bilder)

Zusammen ist man weniger allein
Areal Lysbüchel Süd in Basel
Jenny Keller, Roland Züger Peter Tillessen (Bilder)

Offen für das Unerwartete
Haus für Künstlerinnen und Künstler in London­ von Apparata
Edwin Heathcote

werk-notiz: Im Leserbrief zu unserem letzten Heft bricht der ehemalige stv. Denkmalpfleger des Kanton Zürich eine Lanze für den Baumbestand.

Debatte: Wir müssen uns wieder stärker um die gewachse­ nen Orte kümmern und ihnen mit einer ent­ werferischen Idee zur Blüte verhelfen, ermahnen uns Patrick Thurston und Oliver Streiff vom neu gegründeten Forum Raumordnung Schweiz.

Wettbewerb: Auf dem Boden des Kantons Basellandschaft baut die Stadt Basel eine Universität. Die Pläne dafür zeichnen die Pritzker­Preisträgerinnen von Grafton zusammen mit Blaser Architekten. Neben zahlreichen Neubauten verspricht ihr Ansatz mehr Grün und einen konsequenten Re­ Use des Bestands.

Ausstellungen: Der Ungers­Bau des Deutschen Architekturmu­seums in Frankfurt am Main wird saniert, die Institution ist ins Umland geflüchtet. So passt das Thema Bauen auf dem Land zur rezensierten Schau. Vom Wiedersehen mit Valendas, aber auch Neuem aus Thüringen oder dem Südtirol berichtet unsere Autorin Ursula Baus. Ins S AM nach Basel ruft die kritische Schau Abriss (mit Countdown 2030), nach Stuttgart eine Ausstel­lung über unfertige Häuser.

Bücher: Stanislaus von Moos’ Buch über den Architektur­ diskurs nach 1940 hat Daniel Kurz gelesen. Entgegen der Vorstellung von der «Stunde Null» konnten kriegsverschonte Länder wie Schweden und die Schweiz ihre Moderne bruchlos wei­terentwickeln und so in der Nachkriegszeit zum Vorbild aufsteigen. Die Redaktion empfiehlt zudem: Georg Aernis Fotoband Silent Transition (die Bilder sind derzeit auch in der Fotostiftung Winterthur ausgestellt) und eine Recherche
zu Architekten, die das Ferienidyll Cadaqués ver­zaubert haben.

Junge Architektur Schweiz
Balissat Kaçani, Baden
Der Umbau des Reiheneinfamilienhauses in Baden zeigt die Prägung der beiden jungen Architekten. Sie entfernen alle nicht tragenden Elemente und reduzieren den Bestand auf seine Essenz: ein Raumerlebnis im offenen Raumkontinuum.

Portrait Islam?
Muzharul Islam – Eine Schlüsselfigur der klima­sensiblen Architektur
Niklaus Graber (Text und Bilder)
Der Architekt Muzharul Islam ist eine Schlüssel­ figur der bengalischen Architekturszene. An seinem Werdegang und seinen Bauten zeigt un­ser Südostasienspezialist Niklaus Graber in einem exklusiven Portrait, welchen Einflüssen die Architekturentwicklung von Bangladesch unter­lag, aber auch, was wir heute vom klimasensiblen Bauen in diesem Teil der Erde lernen können.

werk-material: Alterswohnungen Brütten, Roider Giovanoli
Daniel Kasel, Geraldine Recker (Bilder)
werk-material: Wohnen Im Bethlehem, Immensee, Lüscher Bucher Theiler
Clea Gross, Daniela Burkart (Bilder)

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