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werk, bauen + wohnen 10-24
Kühle Räume
werk, bauen + wohnen 10-24
zur Zeitschrift: werk, bauen + wohnen
Es ist Mitte August und der fünfte Tag in Folge über 30 Grad. Der Ventilator surrt bereits seit dem Morgen, eine willkommene Brise streicht über die Haut. Ein verregnetes Jahr war es bisher, doch darf dies nicht täuschen – der Klimawandel ist in vollem Gange. Mit den hohen Temperaturen werden Erinnerungen daran wach, als in den letzten Sommern die Hitzerekorde purzelten, mobile Klimageräte zogen in Wohnungen und Büros ein. Oft ist Querlüften nicht möglich, die Sonne brennt erbarmungslos durch die grossen Fenster. Der Kopf kann keinen klaren Gedanken mehr fassen, der Körper fährt runter und findet in den Tropennächten doch keine Erholung.

Tags zuvor war in den News zu lesen: Die Zahl der Hitzetoten nehme nicht proportional mit dem Temperaturanstieg zu. Der Mensch passt sich an, er konditioniert sich, doch tun das auch unsere Häuser? Bauen wir für unser Wohlbefinden in den immer extremeren Hitzephasen – und das, ohne mit stromfressenden Klimaanlagen noch mehr CO₂ in die Atmosphäre zu befördern? In der passiven Klimatisierung liegt ein Schlüssel für klimaverträgliches Kühlen. Lowtech-Lösungen warten auf ihre (Wieder-)Anwendung und Weiterentwicklung. So einfach es klingt, es geht darum, die Erhitzung in Wohn- und Arbeitsräumen zu vermeiden oder zu verzögern und in der Nacht das Zuviel an Wärme wieder abzugeben. Meist reicht für den sommerlichen Wärmeschutz nicht eine Methode. Erst die kluge Kombination der Massnahmen und ein architektonisches Arbeiten mit Masse, Schatten, Pflanzen und bewegter Luft erzielt den erwünschten Effekt. Die Simulationen der Bauklimatik unterstützen, um passive Strategien zu optimieren.

In dieser Ausgabe schauen wir auch in den Süden Europas, wo die Hitze seit jeher Teil des Lebens und der Kultur ist. Seien es Erfahrungen aus der Hitzemetropole Sevilla oder das Entwerfen mit dem Bioklima im Wohnungsbau Barcelonas – man pflegt dort längst einen Umgang mit dem, was auch in der Schweiz Realität wird: mehr heisse Tage, mehr Tropennächte, längere Trockenperioden – und wenn es regnet, dann in Strömen; wie vergangene Nacht, als Gewitter der Gluthitze ein Ende setzten. Eine kurze Abkühlung, ein leichtes Aufatmen – doch wie lange werden die Hundstage noch dauern? Und wer weiss, vielleicht beginnen sie im nächsten Jahr bereits im Mai?

Unter sengender Sonne
Wie man im Alltag von Sevilla der Hitze trotzt
Anette Spiro

Hitzekultur weiterdenken
Passiv kühlen im Wohnungsbau in Barcelona
Lucia Gratz, Marc Díaz, Adrià Goula (Bilder)

Schattenbauweise
Die Wiederentdeckung der Brise-Soleil
Annika Seifert

Kühlen wie Palladio
Atelierhaus in München und Wohnhaus in Bad Aibling von Florian Nagler Architekten
Florian Nagler und Thomas Auer im Gespräch mit Roland Züger, Pk. Odessa Co, Schels, Lanz (Bilder)

Zudem:
werknotiz: Dem 87-jährigen Hermann Czech wird für sein künstlerisches Lebenswerk der Grosse Österreichische Staatspreis verliehen. Und Andri Gerber übernimmt die Präsidentschaft des Vereins Archijeunes für baukulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen.


Debatte: Für den Architekten und Stadtbaumeister Lorenz I. Zumstein braucht es für die Lösung des Wohnraumproblems neben mehr Wohnungen auch weniger Flächenverbrauch pro Kopf. Diesen erreicht man über Wohnmobilität. Wie die funktionieren kann, zeigt er an Beispielen aus Basel.

Wettbewerb: Der Wettbewerb zur Umwandlung einer Klosteranlage in ein Naturhistorisches Museum ist nur eines von mehreren Projekten, die in nächster Zeit Locarnos Stadtraum neu gestalten werden. Matteo Inches warf einen Blick auf das Geschehen in der Stadt des Pardo.

Ausstellungen: Der Schweizer Daniel A. Walser kuratierte dieses Jahr, gemeinsam mit Anhelina Starkova und Jaan Kuusemets, die Architekturbiennale in Tallinn. Redaktorin Jasmin Kunst befragte ihn zu den Themen und Zielen der Schau in der estnischen Hauptstadt.

Bücher: Eine Publikation sticht für Alois Diethelm aus der Flut an Büchern zum klimaschonenden Bauen heraus. Im Architektur Klima Atlas werden Haustechnik und Bauphysik nicht als Sonderdisziplinen, sondern als immanenter Teil der Architektur verstanden und vermittelt.

Junge Architektur Schweiz: Squadra: Squadra ist in Basel, Zürich, Bellinzona und Barcelona multilokal verortet. Verbindend ist für das Kollektiv das Interesse am Schulterschluss zwischen Entwurf und Handwerk. Bei ihrem Umbau einer Enoteca im Tessin legten sie folgerichtig selbst Hand an.

Widerstand gegen Abriss lohnt sich: In Antwerpen ist es gelungen, dank Protesten die «Fierensblokken» vor dem Abbruch zu bewahren. Stattdessen renovierten Happel Cornelisse Verhoeven und Molenaar & Co Architecten den Wohnblock aus den Zwischenkriegsjahren. Sie begriffen das Potenzial der alten Substanz.

Stadtdestillat oder Bühnenbild?: Im Bülacher Glasi-Areal setzten Duplex Architekten und Studio Vulkan ein dichtes Stück Stadt in die Agglomeration. Das Ergebnis wird heiss diskutiert. Martin Tschanz und Roland Züger trafen sich für einen Spaziergang vor Ort.

werk-material: Revierstützpunkt in Winterthur ZH von Walser Zumbrunn Wäckerli Architektur

werk-material: Werkhof in Opfikon ZH von idArchitekt.innen und Aetal

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