Zeitschrift
tec21 2006|51-52
Campus
Campus oder Stadt?
Die Universität Basel, die in über 100 verschiedenen Liegenschaften in der Innenstadt untergebracht ist, hat bereits 2003 eine Studie in Auftrag gegeben, die Universitätsgebäude um einen Campus in der Stadt zu konzentrieren. Die ETH Hönggerberg, die tatsächlich ein Campus auf der grünen Wiese ist, soll hingegen zur «Science City» ausgebaut werden. Offensichtlich gibt es zwei Modellvorstellungen von der künftigen Entwicklung einer Hochschule, und es scheint fast, als fänden die Hochschulen jeweils jenes Modell attraktiver, von dem sie weiter entfernt sind.
Campus, lat. Feld, bezeichnet in den USA das Gelände einer Hochschule. Der Begriff wurde in Europa in der Nachkriegszeit übernommen. Die angelsächsische Bildungstradition sieht zur Erlangung höherer Bildung einige Lebensjahre im Internat vor. Entsprechend finden sich auf einem amerikanischen Campus neben Lehr- und Forschungseinrichtungen auch Wohnräume für Lehrende und Studierende sowie Infrastruktur zur Versorgung und Unterhaltung samt Theatern, Stadien und Parks. Ein amerikanischer Campus braucht keine Stadt neben sich. Wer da ist, lernt oder trainiert, in den Semesterferien fährt man nach Hause. In Europa sind die Universitäten im Herzen der Städte entstanden. Studierende und Lehrende leben in der urbanen Umgebung und prägten auch deren Charakter. Es entstanden Studentenquartiere wie das Quartier Latin und ausgesprochene Universitätsstädte wie etwa Göttingen.
Gegenwärtig erlebt der Begriff Campus in Europa eine Renaissance. An ihn werden Hoffnungen geknüpft: Campus klingt nach Harvard, Yale und Stanford, nach modernen Lernmethoden, Leistung und Elite. Eine Studie, die Entwicklungsstrategien für deutsche Universitäten untersuchte, kam allerdings 2005 zum Schluss, das US-Modell tauge nicht für hiesige Hochschulen.1 Der amerikanische Campus sei nicht wegen pädagogischer Vorteile entstanden, sondern als Ergebnis von Siedlungsstrukturen – also aus Mangel an Städten. In Euopa lehnten Studierende und Lehrende das Internatsleben ab und schätzten das städtische Umfeld. Die Hochschule sei hier Arbeits-, nicht Lebensort. Die Institute funktionierten unabhängiger von ihren Hochschulen und schätzten eine gewisse räumliche Distanz. Ein «Campus» im deutschen (oder kontinentaleuropäischen) Sinn müsse deshalb durch eine städtebauliche Vernetzung von universitären Einrichtungen und städtischer Kultur entstehen, nicht durch Abschottung und Konzentration.
Tatsächlich versuchen die beiden Schweizer Hochschulen, die effektiv ein Campus sind, ihre räumliche und soziale Isolation zu durchbrechen und mehr urbanes Leben anzulocken. In Lausanne soll das «Learning Center» des japanischen Architekturbüros SANAA, eine Hügellandschaft aus Beton und Glas, der EPFL als neuer Eingang und als Zentrum des universitären Lebens dienen und kommunikativere Lernmethoden und mehr Austausch mit Besuchern ermöglichen. Ähnliche Ideen sind mit «Science City» auf dem Hönggerberg verbunden. Neue Institute, Publikumsräume, Läden und Wohnungen für Studierende sollen die beschauliche Anlage «im Feld draussen» rund um die Uhr mit Leben füllen. Ob das je gelingen wird? Der kleine, junge «Campus» der Tessiner Universität dagegen hat dieses Problem nicht. Er liegt, mit Gewinn für beide Seiten, mitten in Lugano. Ruedi Weidmann
ETH Zürich Science City - Mehr Campus als City
Katja Hasche
Mehr Institute, vielfältigere Nutzungen und mehr öffentliches Leben auf dem Campus sind das Ziel des Ausbaus der ETH Hönggerberg. Wird er neue Bezüge zwischen der «Aussenstation» und der Stadt schaffen?
Universität Lugano: Atmosphärisch dichte Stadt
Roman Hollenstein
Ein rationalistischer und doch offener Masterplan ermöglicht die Gruppierung von sieben neuen Gebäuden von jungen Tessiner Architekten zu einem neuen Stadtteil.
Universität Basel: Stadt in der Stadt
Lilian Pfaff
Die städtebauliche Studie von Herzog & de Meuron versucht die Uni-Institute an einem Ort und vier Verdichtungskernen zu konzentieren. Flächenkonzentration und Neubauten wären notwenig, um der Universität ein Gesicht in der Stadt zu geben.
Wettbewerbe
Periskop für die Neat / Bezug zum Park Leutschenbach / Lindenplatzareal, Baden
Magazin
Neues Vollzugsmodell im betrieblichen Umweltschutz / Ingenieure und Architekten: Löhne 2006 höher als erwartet / Tragende Plattenmodule aus Kunststoff / Kunststoffzusätze / In eigener Sache / Aufatmen in Basel Nord / Leserbriefe
Aus dem SIA
DV: Wahlgeschäfte, Budget, Normenpolitik und Projekte / Wertvolle SIA-Projekte / Honoraransätze gemäss LHO SIA 102, 103 und 108 / Eröffnungsanlass zur Swissbau 07 / Wettbewerbssieger ohne Auftrag
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Die Universität Basel, die in über 100 verschiedenen Liegenschaften in der Innenstadt untergebracht ist, hat bereits 2003 eine Studie in Auftrag gegeben, die Universitätsgebäude um einen Campus in der Stadt zu konzentrieren. Die ETH Hönggerberg, die tatsächlich ein Campus auf der grünen Wiese ist, soll hingegen zur «Science City» ausgebaut werden. Offensichtlich gibt es zwei Modellvorstellungen von der künftigen Entwicklung einer Hochschule, und es scheint fast, als fänden die Hochschulen jeweils jenes Modell attraktiver, von dem sie weiter entfernt sind.
Campus, lat. Feld, bezeichnet in den USA das Gelände einer Hochschule. Der Begriff wurde in Europa in der Nachkriegszeit übernommen. Die angelsächsische Bildungstradition sieht zur Erlangung höherer Bildung einige Lebensjahre im Internat vor. Entsprechend finden sich auf einem amerikanischen Campus neben Lehr- und Forschungseinrichtungen auch Wohnräume für Lehrende und Studierende sowie Infrastruktur zur Versorgung und Unterhaltung samt Theatern, Stadien und Parks. Ein amerikanischer Campus braucht keine Stadt neben sich. Wer da ist, lernt oder trainiert, in den Semesterferien fährt man nach Hause. In Europa sind die Universitäten im Herzen der Städte entstanden. Studierende und Lehrende leben in der urbanen Umgebung und prägten auch deren Charakter. Es entstanden Studentenquartiere wie das Quartier Latin und ausgesprochene Universitätsstädte wie etwa Göttingen.
Gegenwärtig erlebt der Begriff Campus in Europa eine Renaissance. An ihn werden Hoffnungen geknüpft: Campus klingt nach Harvard, Yale und Stanford, nach modernen Lernmethoden, Leistung und Elite. Eine Studie, die Entwicklungsstrategien für deutsche Universitäten untersuchte, kam allerdings 2005 zum Schluss, das US-Modell tauge nicht für hiesige Hochschulen.1 Der amerikanische Campus sei nicht wegen pädagogischer Vorteile entstanden, sondern als Ergebnis von Siedlungsstrukturen – also aus Mangel an Städten. In Euopa lehnten Studierende und Lehrende das Internatsleben ab und schätzten das städtische Umfeld. Die Hochschule sei hier Arbeits-, nicht Lebensort. Die Institute funktionierten unabhängiger von ihren Hochschulen und schätzten eine gewisse räumliche Distanz. Ein «Campus» im deutschen (oder kontinentaleuropäischen) Sinn müsse deshalb durch eine städtebauliche Vernetzung von universitären Einrichtungen und städtischer Kultur entstehen, nicht durch Abschottung und Konzentration.
Tatsächlich versuchen die beiden Schweizer Hochschulen, die effektiv ein Campus sind, ihre räumliche und soziale Isolation zu durchbrechen und mehr urbanes Leben anzulocken. In Lausanne soll das «Learning Center» des japanischen Architekturbüros SANAA, eine Hügellandschaft aus Beton und Glas, der EPFL als neuer Eingang und als Zentrum des universitären Lebens dienen und kommunikativere Lernmethoden und mehr Austausch mit Besuchern ermöglichen. Ähnliche Ideen sind mit «Science City» auf dem Hönggerberg verbunden. Neue Institute, Publikumsräume, Läden und Wohnungen für Studierende sollen die beschauliche Anlage «im Feld draussen» rund um die Uhr mit Leben füllen. Ob das je gelingen wird? Der kleine, junge «Campus» der Tessiner Universität dagegen hat dieses Problem nicht. Er liegt, mit Gewinn für beide Seiten, mitten in Lugano. Ruedi Weidmann
ETH Zürich Science City - Mehr Campus als City
Katja Hasche
Mehr Institute, vielfältigere Nutzungen und mehr öffentliches Leben auf dem Campus sind das Ziel des Ausbaus der ETH Hönggerberg. Wird er neue Bezüge zwischen der «Aussenstation» und der Stadt schaffen?
Universität Lugano: Atmosphärisch dichte Stadt
Roman Hollenstein
Ein rationalistischer und doch offener Masterplan ermöglicht die Gruppierung von sieben neuen Gebäuden von jungen Tessiner Architekten zu einem neuen Stadtteil.
Universität Basel: Stadt in der Stadt
Lilian Pfaff
Die städtebauliche Studie von Herzog & de Meuron versucht die Uni-Institute an einem Ort und vier Verdichtungskernen zu konzentieren. Flächenkonzentration und Neubauten wären notwenig, um der Universität ein Gesicht in der Stadt zu geben.
Wettbewerbe
Periskop für die Neat / Bezug zum Park Leutschenbach / Lindenplatzareal, Baden
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Neues Vollzugsmodell im betrieblichen Umweltschutz / Ingenieure und Architekten: Löhne 2006 höher als erwartet / Tragende Plattenmodule aus Kunststoff / Kunststoffzusätze / In eigener Sache / Aufatmen in Basel Nord / Leserbriefe
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