Akteur
Gustav Ammann
* 1885 Zürich † 1955 Zürich
Architekt mit grünem Daumen
Neue Publikation über den Zürcher Pionier der Garten- und Landschaftsarchitektur Gustav Ammann
2. Oktober 2008 - Urs Steiner
Ende 2006 widmete sich die ETH mit einer Ausstellung dem Werk des Zürcher Garten- und Landschaftsarchitekten Gustav Ammann (1885 bis 1955). Jetzt ist im gta-Verlag der ETH-Architekturabteilung das Buch hinter der Ausstellung erschienen: Johannes Stoffler würdigt darin den Gartenpionier, der sich mit der Gestaltung von so wichtigen Überbauungen wie der Werkbundsiedlung Neubühl (1933) oder der Planung des Freibades Allenmoos in Zürich (1935–1939) zusammen mit Werner Max Moser und Max Ernst Haefeli einen Namen machte. Ein erster Höhepunkt von Ammanns Karriere war die Berufung zum Gartenarchitekten der schweizerischen Landesausstellung von 1939 durch deren Direktor Armin Meili.
Aus heutiger Optik ist Ammanns Leistung nicht ganz einfach zu verstehen. Sein Werk ist so bruchlos und selbstverständlich in der zeitgenössischen Gartengestaltung aufgegangen, dass der Schöpfer dahinter praktisch verschwindet. Die Gartenanlagen in Freibädern wie dem Allenmoos oder auch dem von Max Frisch entworfenen Letzibad erscheinen natürlich fliessend wie gewachsene Landschaften. Genau dies aber war Ammanns Absicht: Er modellierte die grüne Wiese im Einklang mit der Architektur zu einer künstlichen, nur scheinbar «natürlichen» Landschaft, die wie zufällig arkadische Züge trägt. Neckische Brücken schlagen einen Bogen über schilfgesäumte Froschteiche, Inseln von Chinaschilf und japanischem Ahorn unterbrechen die Monotonie grosser Rasenflächen, kräuterbestandene Trockenmauern terrassieren das Gelände.
Was dieses Konzept der «natürlich» erscheinenden Landschaftsgestaltung so revolutionär machte, versteht man erst, wenn man sich die Gartenmode des 19. Jahrhunderts vor Augen führt. Damals orientierten sich die Landschaftsgestalter an künstlichen Formen und Figuren, wie sie uns heute noch aus barocken Gartenanlagen in Schlössern überliefert sind: rechtwinklig gezogene Hecken, zu architektonischen Körpern zurechtgestutzt, axial aufgebaute Rosenspaliere und symmetrisch angelegte Wegsysteme. Zum Neuen Bauen der Moderne wollte diese geschlossene Form nicht mehr passen – weder ästhetisch noch philosophisch. Gustav Ammann, der in seinem frühen Werk noch solche strengen Ambiente geschaffen hatte, entwickelte im Jahr 1927 einen neuen Gartentypus – es war wohl nicht zufällig das Jahr der Weissenhof-Ausstellung, an der Architekten wie Gropius, Mies van der Rohe oder Le Corbusier die neue Art des Bauens propagierten.
An der Landesausstellung 1939 bewies Ammann, dass Gärten auch politische Statements sein können. Sowohl sein Rosen- als auch sein Farbengarten am linken unteren Zürichseebecken basierten auf biomorphen, «organischen» Grundrissen und setzten so einen freien Kontrapunkt zur faschistischen Gartengestaltung des politischen Gegners. «Wir wollen keine monumentale, kalte Axialität, sondern eine malerische Auflockerung – eine Symphonie von Blumen, Wind, Licht und Wasser», soll Armin Meili dekretiert haben.
Letztlich aber war Gustav Ammann vielleicht doch vor allem ein Romantiker mit «grünem Daumen». Er begriff Gartengestaltung als kontinuierliche Weiterentwicklung auf der Basis des Vorhandenen. Auch den schönsten Garten muss man jahrelang wachsen lassen. Und gelegentlich beherzt mit Hacke und Schere nachhelfen.
[ Johannes Stoffler: Gustav Ammann. Landschaften der Moderne in der Schweiz. gta-Verlag, Zürich 2008. 223 S. 228 Abb., Fr. 69.–. ]
Aus heutiger Optik ist Ammanns Leistung nicht ganz einfach zu verstehen. Sein Werk ist so bruchlos und selbstverständlich in der zeitgenössischen Gartengestaltung aufgegangen, dass der Schöpfer dahinter praktisch verschwindet. Die Gartenanlagen in Freibädern wie dem Allenmoos oder auch dem von Max Frisch entworfenen Letzibad erscheinen natürlich fliessend wie gewachsene Landschaften. Genau dies aber war Ammanns Absicht: Er modellierte die grüne Wiese im Einklang mit der Architektur zu einer künstlichen, nur scheinbar «natürlichen» Landschaft, die wie zufällig arkadische Züge trägt. Neckische Brücken schlagen einen Bogen über schilfgesäumte Froschteiche, Inseln von Chinaschilf und japanischem Ahorn unterbrechen die Monotonie grosser Rasenflächen, kräuterbestandene Trockenmauern terrassieren das Gelände.
Was dieses Konzept der «natürlich» erscheinenden Landschaftsgestaltung so revolutionär machte, versteht man erst, wenn man sich die Gartenmode des 19. Jahrhunderts vor Augen führt. Damals orientierten sich die Landschaftsgestalter an künstlichen Formen und Figuren, wie sie uns heute noch aus barocken Gartenanlagen in Schlössern überliefert sind: rechtwinklig gezogene Hecken, zu architektonischen Körpern zurechtgestutzt, axial aufgebaute Rosenspaliere und symmetrisch angelegte Wegsysteme. Zum Neuen Bauen der Moderne wollte diese geschlossene Form nicht mehr passen – weder ästhetisch noch philosophisch. Gustav Ammann, der in seinem frühen Werk noch solche strengen Ambiente geschaffen hatte, entwickelte im Jahr 1927 einen neuen Gartentypus – es war wohl nicht zufällig das Jahr der Weissenhof-Ausstellung, an der Architekten wie Gropius, Mies van der Rohe oder Le Corbusier die neue Art des Bauens propagierten.
An der Landesausstellung 1939 bewies Ammann, dass Gärten auch politische Statements sein können. Sowohl sein Rosen- als auch sein Farbengarten am linken unteren Zürichseebecken basierten auf biomorphen, «organischen» Grundrissen und setzten so einen freien Kontrapunkt zur faschistischen Gartengestaltung des politischen Gegners. «Wir wollen keine monumentale, kalte Axialität, sondern eine malerische Auflockerung – eine Symphonie von Blumen, Wind, Licht und Wasser», soll Armin Meili dekretiert haben.
Letztlich aber war Gustav Ammann vielleicht doch vor allem ein Romantiker mit «grünem Daumen». Er begriff Gartengestaltung als kontinuierliche Weiterentwicklung auf der Basis des Vorhandenen. Auch den schönsten Garten muss man jahrelang wachsen lassen. Und gelegentlich beherzt mit Hacke und Schere nachhelfen.
[ Johannes Stoffler: Gustav Ammann. Landschaften der Moderne in der Schweiz. gta-Verlag, Zürich 2008. 223 S. 228 Abb., Fr. 69.–. ]
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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