Bauwerk
„Les jardins de l'imaginaire“
Kathryn Gustafson - Terrasson-la-Villedieu (F) - 1996
Fragmente der Gartengeschichte
Vor fünf Jahren wurde das französische Städtchen Terrasson-la-Villedieu im Périgord, malerisch im Tal der Vézère gelegen, mit einer neuen Attraktion ins Licht des touristischen Interesses gerückt. «Les jardins de l'imaginaire», entworfen von Kathryn Gustafson, zählen laut regionalem Tourismusverband neben drei klassischen Gärten zu den «quatre jardins exceptionnels en Dordogne».
1. März 2001 - Udo Weilacher
Die amerikanische Landschaftsarchitektin bediente sich bei der Konzeption des sechs Hektaren grossen Parks aus dem reichen Gartenrepertoire früherer Jahrhunderte, und das hat seinen Grund: Als Terrasson zu Beginn der neunziger Jahre den Wettbewerb für einen Landschaftspark in Hanglage oberhalb der Stadt auslobte, hatten die Initiatoren einen Garten vor Augen, der die Finesse berühmter italienischer Renaissancegärten mit der Grandezza legendärer französischer Barockanlagen und der zeitlosen Eleganz japanischer Meditationsgärten verbinden sollte.
Bereits im Wettbewerbsplan mit seinen eleganten, wie im textilen Faltenwurf fliessenden Grundformen wurde deutlich, dass Gustafson nicht historische Einzelmotive seriell aneinanderreihen wollte. Sie entwarf vielmehr eine Art Gesamtkunstwerk, das sie in die teilweise skulptural modellierte Topographie einbettete. Den Steilhang liess sie mit sanft gewellten Terrassen überziehen und diese monochrom mit Stauden und Gräsern bepflanzen. Von weitem erinnert das Relief an die Spuren eines Pfluges und somit an die ehemalige landwirtschaftliche Nutzung des Terrains.
Wie ein erzählerischer Faden zieht sich der Hauptweg durch einen Eichenwald und offene Wiesenflächen den Hang hinauf. Ein Potpourri designerischer Accessoires, vom goldenen Ariadnefaden «Fil d'or» in den Bäumen bis zu grossen Windspielen entlang der «Axe des vents» oder Glöckchen in den Eichen des «Bois sacré», soll die Bedeutung der Garten- und Bildsequenzen unterstreichen.
Wasser - das Lebenselixier eines jeden Gartens - spielt im gesamten Park eine tragende Rolle und erzählt Geschichten aus allen Epochen der Gartenkunst. Mal füllt es eine scheinbar endlose, barock anmutende Wasserachse, dann wieder - am südlichsten Punkt des Parks - belebt es einen Wassergarten, der an die klassischen Renaissancegärten erinnert, in denen der Wasserlauf als Sinnbild des Lebens im Mittelpunkt stand.
Während im historischen Vorbild das lebenspendende Element bevorzugt in einer geheimnisvollen Quellgrotte entsprang, beginnt der Fluss in den Jardins de l'imaginaire irgendwo am Waldrand und fliesst über eine architektonisch gestaltete Wassertreppe zwischen blauen Duft- und Blütensträuchern hinunter in den «Fôret des jets». Hier schiesst aus einem gepflasterten Tableau ein ganzer Wald aus Wasserfontänen in die Höhe; ein zauberhaftes Motiv, das vor allem in den manieristischen Gärten der Renaissance meisterhaft in Szene gesetzt wurde.
In den berühmten Gärten des 16. und 17. Jahrhunderts fand der Lauf des Wassers sein Ende meist in einem prachtvollen Wasserparterre oder in einem grossen ruhigen Wasserspiegel, der das Meer und zugleich das Ende des Lebensweges versinnbildlichte. In Gustafsons Garten endet der Lauf unvermittelt in einem Rückhaltebecken aus Beton auf der untersten Gartenterrasse. Nur wenige Schritte weiter gelangt man zur stählernen Pergola der «Roseraie», einem von Rosen umrankten Raum auf etwa tausend Quadratmetern Grundfläche. Auch diese Struktur ist der Topographie angepasst und wirkt von weitem wie ein fliegender Blütenteppich, unter dem die Besucher den duftenden Schatten geniessen können.
Noch einmal taucht das Motiv des Flusslaufes auf, diesmal jedoch auch für jene lesbar, die in der Gartenkunstgeschichte weniger bewandert sind. Den fünf grossen Strömen der Erde, Euphrat, Nil, Ganges, Mississippi und Amazonas, widmet die Landschaftsarchitektin je einen kleinen Brunnen, aufgereiht entlang des Weges durch den «Bois sacré». In fünf Steinplatten wurde jeweils das Delta eines Flusses eingraviert. Ein wenig Wasser rinnt auch hier durch die Gravuren und belebt die verästelte Grafik.
Verblüfft erkennt man am Hang des Parks schon von weitem einen zu Eis erstarrten, halbmondförmigen Stausee. Tatsächlich handelt es sich dabei aber um das weitgespannte Glasdach des Wintergartens, der vom Architekten Ian Ritchie stammt. Würden nicht Wasserkanal und Geländer vom Betreten des Daches abhalten, wäre die Illusion perfekt. Die massiven Wände des Bauwerks wurden aus Gabionen errichtet, die einerseits an das traditionelle Trockenmauerwerk in terrassierten Rebhängen erinnern und den Bau zugleich wie einen gewaltigen Findling wirken lassen.
Sein massiges Äusseres steht in reizvollem Kontrast zum lichtdurchfluteten Inneren der Orangerie, in der Zitrusgewächse ihren Duft verströmen. Zugleich soll das Gebäude einen Buchladen, ein Café und einen Ausstellungsraum integrieren. Die Form des Dachs spiegelt sich oberhalb des Gebäudes im «Théâtre de verdure», dem Freilichttheater, das als halbmondförmige Lichtung in den Hang modelliert und mit einfachen, elegant geschwungenen Bänken aus schwarz lackiertem Stahl möbliert wurde.
«Die Gärten der Welt lassen sich nicht kaufen. Aber erklären können wir sie», sagt Kathryn Gustafson über ihren ehrgeizigen Entwurf. Doch am Ende erklären die Jardins de l'Imaginaire nur sich selbst. Der Rest bleibt Imagination, und das ist gut so.
Bereits im Wettbewerbsplan mit seinen eleganten, wie im textilen Faltenwurf fliessenden Grundformen wurde deutlich, dass Gustafson nicht historische Einzelmotive seriell aneinanderreihen wollte. Sie entwarf vielmehr eine Art Gesamtkunstwerk, das sie in die teilweise skulptural modellierte Topographie einbettete. Den Steilhang liess sie mit sanft gewellten Terrassen überziehen und diese monochrom mit Stauden und Gräsern bepflanzen. Von weitem erinnert das Relief an die Spuren eines Pfluges und somit an die ehemalige landwirtschaftliche Nutzung des Terrains.
Wie ein erzählerischer Faden zieht sich der Hauptweg durch einen Eichenwald und offene Wiesenflächen den Hang hinauf. Ein Potpourri designerischer Accessoires, vom goldenen Ariadnefaden «Fil d'or» in den Bäumen bis zu grossen Windspielen entlang der «Axe des vents» oder Glöckchen in den Eichen des «Bois sacré», soll die Bedeutung der Garten- und Bildsequenzen unterstreichen.
Wasser - das Lebenselixier eines jeden Gartens - spielt im gesamten Park eine tragende Rolle und erzählt Geschichten aus allen Epochen der Gartenkunst. Mal füllt es eine scheinbar endlose, barock anmutende Wasserachse, dann wieder - am südlichsten Punkt des Parks - belebt es einen Wassergarten, der an die klassischen Renaissancegärten erinnert, in denen der Wasserlauf als Sinnbild des Lebens im Mittelpunkt stand.
Während im historischen Vorbild das lebenspendende Element bevorzugt in einer geheimnisvollen Quellgrotte entsprang, beginnt der Fluss in den Jardins de l'imaginaire irgendwo am Waldrand und fliesst über eine architektonisch gestaltete Wassertreppe zwischen blauen Duft- und Blütensträuchern hinunter in den «Fôret des jets». Hier schiesst aus einem gepflasterten Tableau ein ganzer Wald aus Wasserfontänen in die Höhe; ein zauberhaftes Motiv, das vor allem in den manieristischen Gärten der Renaissance meisterhaft in Szene gesetzt wurde.
In den berühmten Gärten des 16. und 17. Jahrhunderts fand der Lauf des Wassers sein Ende meist in einem prachtvollen Wasserparterre oder in einem grossen ruhigen Wasserspiegel, der das Meer und zugleich das Ende des Lebensweges versinnbildlichte. In Gustafsons Garten endet der Lauf unvermittelt in einem Rückhaltebecken aus Beton auf der untersten Gartenterrasse. Nur wenige Schritte weiter gelangt man zur stählernen Pergola der «Roseraie», einem von Rosen umrankten Raum auf etwa tausend Quadratmetern Grundfläche. Auch diese Struktur ist der Topographie angepasst und wirkt von weitem wie ein fliegender Blütenteppich, unter dem die Besucher den duftenden Schatten geniessen können.
Noch einmal taucht das Motiv des Flusslaufes auf, diesmal jedoch auch für jene lesbar, die in der Gartenkunstgeschichte weniger bewandert sind. Den fünf grossen Strömen der Erde, Euphrat, Nil, Ganges, Mississippi und Amazonas, widmet die Landschaftsarchitektin je einen kleinen Brunnen, aufgereiht entlang des Weges durch den «Bois sacré». In fünf Steinplatten wurde jeweils das Delta eines Flusses eingraviert. Ein wenig Wasser rinnt auch hier durch die Gravuren und belebt die verästelte Grafik.
Verblüfft erkennt man am Hang des Parks schon von weitem einen zu Eis erstarrten, halbmondförmigen Stausee. Tatsächlich handelt es sich dabei aber um das weitgespannte Glasdach des Wintergartens, der vom Architekten Ian Ritchie stammt. Würden nicht Wasserkanal und Geländer vom Betreten des Daches abhalten, wäre die Illusion perfekt. Die massiven Wände des Bauwerks wurden aus Gabionen errichtet, die einerseits an das traditionelle Trockenmauerwerk in terrassierten Rebhängen erinnern und den Bau zugleich wie einen gewaltigen Findling wirken lassen.
Sein massiges Äusseres steht in reizvollem Kontrast zum lichtdurchfluteten Inneren der Orangerie, in der Zitrusgewächse ihren Duft verströmen. Zugleich soll das Gebäude einen Buchladen, ein Café und einen Ausstellungsraum integrieren. Die Form des Dachs spiegelt sich oberhalb des Gebäudes im «Théâtre de verdure», dem Freilichttheater, das als halbmondförmige Lichtung in den Hang modelliert und mit einfachen, elegant geschwungenen Bänken aus schwarz lackiertem Stahl möbliert wurde.
«Die Gärten der Welt lassen sich nicht kaufen. Aber erklären können wir sie», sagt Kathryn Gustafson über ihren ehrgeizigen Entwurf. Doch am Ende erklären die Jardins de l'Imaginaire nur sich selbst. Der Rest bleibt Imagination, und das ist gut so.
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