Bauwerk

Kahlenberg Restaurant
Erich Boltenstern, Leopold Ponzen - Wien (A) - 1935
Kahlenberg Restaurant, Foto: Margherita Spiluttini

Kahlenberg: Ruine oder Baudenkmal?

Das Hotel am Kahlenberg ist eine Ruine. Beim daneben liegenden Restaurant gehen die Meinungen aber auseinander. Während die Söhne des Architekten Boltenstern das Gebäude retten wollen, will es der Besitzer abreißen.

26. Mai 2004 - Thomas Rottenberg
Wien - „Das ist eine blöde Situation“, meint Leopold Wieninger. Und er wisse nicht so genau, wem er nun glauben schenken soll. Schließlich, so der Großbäcker (Bäckerei Mann), der im August 2003 das Hotel am Kahlenberg samt angrenzendem Restaurant gekauft hat, gebe es „solche und solche Experten“. Die einen, seufzt Wieninger im Gespräch mit dem STANDARD, sagen ihm, dass das Restaurant eine Ruine sei, während andere „nun auftauchen und sagen, das sei schützenswert“.

Grund für des Bäckers Klage: Nachdem der Gemeinderat Anfang Mai mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und FPÖ den Abriss der Bauten am Berg genehmigte, formiert sich nun - DER STANDARD berichtete - Widerstand. Nicht gegen den Abriss des 1964 errichteten, seit Ewigkeiten leer stehenden und von der Stadt aus gut sichtbaren Hotels, sondern gegen den des daneben gele- genen Restaurants. Dieses ist im Zuge des Baus der Höhenstraße von 1934 bis 1936 von Erich Boltenstern entworfen worden - und gilt als eines der Hauptwerke des Architekten.

Doch während am desolaten Zustand des Hotels kein Zweifel besteht, sind Denkmalschützer, Architekten, Grüne und nicht zuletzt Boltensterns Söhne Erich und Sven überzeugt, dass die Substanz des Restaurants erhaltenswert ist.

„Substanz erhalten“

„Die Substanz“, erklärte Erich Boltenstern (der Sohn) vergangenen Freitag bei einer von der „Österreichischen Gesellschaft für Architektur“ (ÖGFA) und den Grünen angesetzten Besichtigung des Gebäudes, „ist erstaunlich gut erhalten.“ Das habe auch eine Begehung durch das Bundesdenkmalamt mit dem renommierten Architekten Friedrich Achleitner ergeben. Kernproblem in der öffentlichen Diskussion sei, dass „die Leute das Hotel sehen - und mit dem Restaurationsbetrieb gleichsetzen“.

Dass Letzterer heute im Inneren den Charme einer Autobahnraststätte versprüht, kann man Boltenstern nicht vorwerfen. Die Grundidee Boltensterns, erklärte ÖGFA-Guide Iris Meder, sei heute noch zu erkennen: Der Architekt hatte einen in mehrere Sektionen gegliederten Betrieb entworfen. In fünf Sälen und auf drei Terrassen - eine davon nach Heurigenmanier für Selbstversorger - sollten für bis zu 3500 Gäste aus allen Bevölkerungsschichten adäquate Bewirtungsangebote geboten werden.

Über die Jahre haben aber Formatgastronomie und Bus-und Systemtourismusphilosophien Interieur wie Ambiente einem kleinsten gemeinsamen, grausamen Nenner angepasst. „An der hohen architektonischen Qualität“, so ÖGFA-Sprecherin Judith Eiblmayr, „ändert das nichts.“

Wieningers Pläne (Architekt: Heinz Neumann) - ein Appartementhotel, ein Restaurant und eine Tourismusfachschule - seien überdies „formal nicht viel anders“ als das Original, erklärte Wiens Landeskonservatorin Barbara Neubauer schon Anfang Mai im STANDARD. Ihrer Ansicht nach könne der Boltenstern-Bau „integriert werden“.

Für den Bauherrn selbst ist das nicht so klar: Er sei, erklärt er, „für Vorschläge offen“, betone aber, dass „ich kein Mäzen bin. Großgastronomie wie in den 30er-Jahren ist heute nicht kostendeckend.“ Überdies sei das Restaurant seinen Experten zufolge „de facto eine Ruine“.

Solange er keine amtlichen Unterlagen habe, die das Gegenteil dokumentieren, werde er an seinem Projekt festhalten. „Im schlimmsten Fall passiert gar nichts - dann schaut es dort oben weiter aus wie bisher. Und das wäre die allerschlechteste Lösung.“

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