Bauwerk

Haus Mayer
Roger Karré - Finkenstein (A) - 1999
Haus Mayer, Foto: Paul Petritsch
Haus Mayer, Foto: Paul Petritsch

Schnittige Skirennfahrer-Residenz

Ein ungewöhnliches Haus in Kärnten ist voll auf die Bedürfnisse und den Lifestyle eines Spitzensportlers abgestimmt.

So wie der Kärntner Skistar Christian Mayer oft auch aus der Reihe fällt, wenn er statt in der trachtigen Uniform des Nationalteams in schrillem Schlangenleder-Outfit auftaucht, so entspricht auch sein Haus nicht dem Klischee eines hübschen Heile-Welt-Häuschens. Geplant hat es der junge Architekt Roger Karré, der die schnittige Hülle für den Sportlerhaushalt maßschneiderte. Bewusst wurde der Wunsch nach einem modernen Haus formuliert, nach einem Unikat, das auf die Lebensbedingungen und Interessen der Bauherren Rücksicht nimmt.

28. Juni 2000 - Franziska Leeb
Skirennfahrer sind heute nicht mehr die Naturburschen, deren Erfolg von "zwei Brettln und g"führigem Schnee" abhängen, sondern sind Teil einer mit Spitzentechnologien ausgerüsteten Hochleistungs- und Medienmaschinerie. Die aufgeblasene Almhütte schien daher weder dem Architekten noch dem Bauherren als das adäquate Domizil. Möglichst guter Schutz der Privatheit und „kein Holz“ lauteten weitere Vorgaben. Die anderen Entwurfsgrundlagen stellte die Kärntner Hügellandschaft am Ortsrand von Finkenstein.

Zwei ineinander verschränkte Winkel bilden die Grundform des im Norden in den Hang eingeschnittenen Anwesens. Sie umschließen bergend die Wohnraume und einen großen Garten. Die Straßenfassade ist rigoros radikal: Wie eine Sprungschanze verläuft ein breites Aluminiumband dem Hang folgend über einem signalrot gestrichenen Sockel.

Diese prägnante und auch interessanteste Ansicht des Hauses drückt den beruflichen Lebensinhalt des Hausherren ebenso aus wie sie das Dahinter perfekt abschottet. Das kräftige Rot könnte für Schnelligkeit und auch für die im Spitzensport notwendige Portion an Aggressivität stehen, die präzise verarbeiteten Aluminiumplatten für technischen Perfektion und High-Tech-Ausrüstungen. Kein Fenster durchbricht die plastische Figur. Eingang und Garageneinfahrt liegen witterungsgeschützt zurückgesetzt unter der glatten, leicht wirkenden Aluhaube, die das Haus an den exponierten Seiten wie eine bergende Klammer einfasst.

Das Wohnhaus selbst ist im nördlichen Bereich zweigeschossig. Hier befinden sich im Obergeschoß die Schlafzimmer und im Erdgeschoß die Nebenräume sowie eine Einliegerwohnung. Die größte Fläche nimmt der hohe, an zwei Seiten zum Garten hin verglaste Wohn- und Essbereich ein. Er entwickelt sich in zwei Raumschichten von einer noch stärker an die Hangverbauung gebundenen Küchenzone zu einem sehr hellen, offenen Wohnraum, der stufenlos über die Terrasse in den Garten übergeht. Die hermetische Abgeschlossenheit der Fassade, die im Hof zu einem großen Teil zur Gartenmauer wird, ist hier ins Gegenteil verkehrt. Offenheit und räumliche Großzügigkeit lautet die Devise.

Auffallend und auf den ersten Blick ein wenig überdimensioniert erscheint die breite Treppe, die vom Wohnraum in das Obergeschoß führt. Doch die Ausmaße haben einen guten Grund. Sind sie doch auf Mayers riesige Reisetaschen abgestimmt, mit denen herkömmliche Wohnhaustreppen nur mit gröberen Verrenkungen zu bewältigen wären.

Roger Karré ist eine interessante Variante eines Hofhauses gelungen, das für den notwendigen Schutz der Intimsphäre gleichermaßen sorgt, wie es ein entspanntes Familienleben mit viel uneinsehbarem Freiraum zulässt.

Mag. arch. Roger Karré
Neulerchenfelder Str. 51/26
1160 Wien, Tel. 409-7909-15
E-Mail: arch@karre.at

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Christian Mayer