Bauwerk
Sportanlage
Dominique Perrault, Rolf Reichert - Berlin (D) - 1999
Berliner Seenplatte
1. Juni 2000 - Roman Hollenstein
Seit der Wende hat sich Berlin verändert. Vorab im Bezirk Mitte hinterliessen Baukünstler aus aller Welt Duftmarken, welche die Sinne jedoch kaum betören. Gleichwohl glitzern im fragmentierten Stadtgefüge immer wieder Bauwerke wie Kleinodien - eines bei Sonnenschein so stark, dass man es schon beim Landeanflug wahrnimmt. Was aus der Luft an zwei geometrische Wasserflächen erinnert, entpuppt sich schliesslich als Sportanlage. Dies allerdings nicht gleich. Denn nähert man sich dem Baukomplex mit der Strassenbahn vom Alexanderplatz her, sieht man zunächst nur Brachen, Plattenbauten und eine lange Treppe, die auf ein baumbestandenes Plateau führt. Hier zeigt sich der modische Prenzlauer Berg noch fast so grau wie in DDR-Zeiten.
Doch schreitet man die Stufen hoch, so findet man sich unverhofft unter Apfelbäumen wieder. Die Sportbauten nimmt man erst später wahr. Wie Seen aus Blei liegen ihre Dächer plötzlich da: das eine rechteckig, das andere kreisrund; und dann bemerkt man, dass die Baukörper in steilen Kratern stehen, als wären sie aus der Weite des Alls auf dieses fast ländliche Idyll gestürzt. Für ihre extraterrestrische Herkunft sprächen auch die Aussenhüllen aus anthrazitfarbenen Metallgeweben, die auf jede Bewegung des Betrachters wie kinetische Kunstwerke reagieren. Beim Abstieg in den Krater entfalten sich die beiden Baukörper fast wie in einem Film. Zuunterst erst gewähren Fensterbänder Einblicke in das Innere der Gebäude, die sich nun als Schwimmhalle und als Velodrom zu erkennen geben.
Errichtet wurde die über 500 Millionen Mark teure Anlage in diesem Niemandsland, weil sich gleich daneben der S-Bahnhof Landsberger Alleebefindet. Ein Traum aber war Anlass für den Bau, bewarb sich Berlin doch 1992 für die Olympischen Sommerspiele 2000. Den damals ausgeschriebenen Wettbewerb für ein Velodrom mit Schwimmhalle konnte der Pariser Architekt Dominique Perrault für sich entscheiden. Sein an eine minimalistische Skulptur erinnernder Entwurf ging von der Idee einer Grünanlage aus, in der die Sportbauten wie Wasserflächen ruhen.
Der strenge Formalismus dieser aus Frankreichs rationaler Gartenkunst hergeleiteten Komposition wird aufgelockert durch Blumenwiesen und die frei gepflanzten Apfelbäume. Hier verschwindet - anders als bei den himmelstürmenden Türmen von Perraults Bibliothèque nationale de France - die Architektur. Denn Perrault verzichtete in seinem Siegerprojekt auf jedes Imponiergehabe: Die Grünfläche, in die die Sportpaläste versenkt sind, sollte als «Central Park» von grossen Wohn- und Geschäftshäusern gefasst werden und zur grünen Lunge eines neu zu schaffenden Quartiers werden. Doch wurden die urbanistischen Visionen auf ein realistisches Ziel hin gestutzt und die Neubauprojekte auf Eis gelegt, nachdem Berlin Sydney unterlegen war.
Obwohl es zunächst überraschen mag, steht keine andere Arbeit des heute 47jährigen Perrault der Pariser Bibliothek so nah wie das Berliner Sportzentrum. Beide Entwürfe basieren auf primären geometrischen Formen, und beide sind über eine erhöhte Plattform erreichbar. Andere Aspekte verhalten sich hingegen genau antithetisch zueinander. So umschliesst in Berlin der Park die tieferliegenden Bauten, während in Paris ein Sunken Garden den Hof der Bibliothek bildet. Dafür dominieren an der Seine die Türme die Umgebung. Hier aber verbergen sich die riesigen Volumen.
Nachdem das Velodrom bereits vor drei Jahren mit dem Sechstagerennen eingeweiht worden war, konnte Ende 1999 auch die Schwimmhalle eröffnet werden. Diese erreicht man von der S-Bahn aus auf einer tief unter dem Park liegenden, über Treppen und Lifte zugänglichen Erschliessungsstrasse. Quer durch eine lichte Halle gelangt man zum abgesenkten olympischen Becken und zur monumentalen, an Raumraster von Sol LeWitt erinnernden Sprunganlage.
Zurück auf dem Eingangsniveau, nimmt man durch Fensterwände ein weiteres 50-Meter-Becken wahr, an das eine Dreifachturnhalle anschliesst. Diese beiden Nebenhallen befinden sich im unterirdischen, die beiden Hauptkörper verbindenden Bauglied, das durch eine über 300 Meter lange Glasfassade von der Erschliessungsstrasse her Tageslicht empfängt. Hier ist auch der Haupteingang zum Velodrom, durch dessen sichelförmige Lobby man bereits die gigantische Deckenkonstruktion erblickt, die drohend wie ein Raumschiff aus «Independence Day» über der Radsporthalle zu schwebten scheint. Dieses expressive Stahlgebilde von 140 Metern Durchmesser wird am Rand von 16 Pfeilern in die Höhe
gehalten, so dass unter ihm durch ein Fensterband Licht in die Halle fluten kann. Von hier oben wird der Übergang vom Rund des Daches zur ovalen Fahrbahn zu einem Formenspektakel, das den Sportanlässen leicht die Schau stehlen könnte.
Doch schreitet man die Stufen hoch, so findet man sich unverhofft unter Apfelbäumen wieder. Die Sportbauten nimmt man erst später wahr. Wie Seen aus Blei liegen ihre Dächer plötzlich da: das eine rechteckig, das andere kreisrund; und dann bemerkt man, dass die Baukörper in steilen Kratern stehen, als wären sie aus der Weite des Alls auf dieses fast ländliche Idyll gestürzt. Für ihre extraterrestrische Herkunft sprächen auch die Aussenhüllen aus anthrazitfarbenen Metallgeweben, die auf jede Bewegung des Betrachters wie kinetische Kunstwerke reagieren. Beim Abstieg in den Krater entfalten sich die beiden Baukörper fast wie in einem Film. Zuunterst erst gewähren Fensterbänder Einblicke in das Innere der Gebäude, die sich nun als Schwimmhalle und als Velodrom zu erkennen geben.
Errichtet wurde die über 500 Millionen Mark teure Anlage in diesem Niemandsland, weil sich gleich daneben der S-Bahnhof Landsberger Alleebefindet. Ein Traum aber war Anlass für den Bau, bewarb sich Berlin doch 1992 für die Olympischen Sommerspiele 2000. Den damals ausgeschriebenen Wettbewerb für ein Velodrom mit Schwimmhalle konnte der Pariser Architekt Dominique Perrault für sich entscheiden. Sein an eine minimalistische Skulptur erinnernder Entwurf ging von der Idee einer Grünanlage aus, in der die Sportbauten wie Wasserflächen ruhen.
Der strenge Formalismus dieser aus Frankreichs rationaler Gartenkunst hergeleiteten Komposition wird aufgelockert durch Blumenwiesen und die frei gepflanzten Apfelbäume. Hier verschwindet - anders als bei den himmelstürmenden Türmen von Perraults Bibliothèque nationale de France - die Architektur. Denn Perrault verzichtete in seinem Siegerprojekt auf jedes Imponiergehabe: Die Grünfläche, in die die Sportpaläste versenkt sind, sollte als «Central Park» von grossen Wohn- und Geschäftshäusern gefasst werden und zur grünen Lunge eines neu zu schaffenden Quartiers werden. Doch wurden die urbanistischen Visionen auf ein realistisches Ziel hin gestutzt und die Neubauprojekte auf Eis gelegt, nachdem Berlin Sydney unterlegen war.
Obwohl es zunächst überraschen mag, steht keine andere Arbeit des heute 47jährigen Perrault der Pariser Bibliothek so nah wie das Berliner Sportzentrum. Beide Entwürfe basieren auf primären geometrischen Formen, und beide sind über eine erhöhte Plattform erreichbar. Andere Aspekte verhalten sich hingegen genau antithetisch zueinander. So umschliesst in Berlin der Park die tieferliegenden Bauten, während in Paris ein Sunken Garden den Hof der Bibliothek bildet. Dafür dominieren an der Seine die Türme die Umgebung. Hier aber verbergen sich die riesigen Volumen.
Nachdem das Velodrom bereits vor drei Jahren mit dem Sechstagerennen eingeweiht worden war, konnte Ende 1999 auch die Schwimmhalle eröffnet werden. Diese erreicht man von der S-Bahn aus auf einer tief unter dem Park liegenden, über Treppen und Lifte zugänglichen Erschliessungsstrasse. Quer durch eine lichte Halle gelangt man zum abgesenkten olympischen Becken und zur monumentalen, an Raumraster von Sol LeWitt erinnernden Sprunganlage.
Zurück auf dem Eingangsniveau, nimmt man durch Fensterwände ein weiteres 50-Meter-Becken wahr, an das eine Dreifachturnhalle anschliesst. Diese beiden Nebenhallen befinden sich im unterirdischen, die beiden Hauptkörper verbindenden Bauglied, das durch eine über 300 Meter lange Glasfassade von der Erschliessungsstrasse her Tageslicht empfängt. Hier ist auch der Haupteingang zum Velodrom, durch dessen sichelförmige Lobby man bereits die gigantische Deckenkonstruktion erblickt, die drohend wie ein Raumschiff aus «Independence Day» über der Radsporthalle zu schwebten scheint. Dieses expressive Stahlgebilde von 140 Metern Durchmesser wird am Rand von 16 Pfeilern in die Höhe
gehalten, so dass unter ihm durch ein Fensterband Licht in die Halle fluten kann. Von hier oben wird der Übergang vom Rund des Daches zur ovalen Fahrbahn zu einem Formenspektakel, das den Sportanlässen leicht die Schau stehlen könnte.
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