Bauwerk
Uefa-Gebäude
Patrick Berger - Nyon (CH) - 1999
Ein Rahmen für den Genfersee
1. April 2000 - Roman Hollenstein
Die Landschaften am Lac Léman zählen seit Jean-Jacques Rousseaus «Nouvelle Héloïse» zu den meistgerühmten Europas. Davon zeugen nicht zuletzt die ungezählten Villen, die mit ihren Gärten die Ufer säumen. Hier zu bauen müsste der Traum jedes Architekten sein. Doch ist nach Jean Tschumis Nestlé-Haus in Vevey und Max Bills Théâtre de Vidy in Lausanne fast 40 Jahre lang direkt am See kein Bau von internationaler Ausstrahlung mehr entstanden. Nun aber liess die 1954 in Basel gegründete und bis zum vergangenen Oktober in Bern ansässige Europäische Fussballunion (Uefa) auf dem ihr von der Stadt Nyon angebotenen Seegrundstück «La Colline» einen Neubau errichten. Entworfen wurde der ebenso elegante wie repräsentative Uefa-Sitz von dem seit acht Jahren an der ETH Lausanne lehrenden Architekten Patrick Berger.
Der 53jährige Pariser zählt zu jenen französischen Baukünstlern, die mit suggestiven Bildern die Essenz eines Ortes zu visualisieren suchen. So präsentiert sich denn das durch alte Bäume verschleierte Gebäude - einer Metapher der Moderne folgend - mit seinen 80 Meter langen «Decks» zum See hin wie ein Ozeanriese. Dennoch empfindet man den sich klar von den Nachbarvillen abhebenden Bau weniger als Fremdkörper denn als Akzent, der auf Grund der gegeneinander verschobenen Fassadenschichten aus grossen Glasflächen und mattschimmernden Aluminiumbändern beinahe schwerelos wirkt.
Ein anderes Bild bietet sich von der Strasse her: Hier öffnet sich der dichte Grünvorhang der Villengärten kurz, um den Blick auf die bei klarem Wetter vom Mont Blanc dominierte Uferlandschaft freizugeben. Gerahmt wird diese Sicht vom Dach des sich ganz bescheiden in die Landschaft duckenden Gebäudes und von den beiden aufgesetzten Pavillons. Das klassizistische Thema von Laugiers Urhütte variierend, beziehen sich diese gläsernen Aufsätze auf Bergers tempelartige Gewächshäuser im Pariser Parc Citroën von 1992. Und sie beschwören - dank dem Repoussoir einer mächtigen Libanonzeder - eine dem Tempelhain von Paestum verwandte arkadische Stimmung, die der rationalistischen Architektur gezielt entgegenspielt.
Die leere Landschaftsbühne zwischen den Pavillons verweist zudem auf ein urbanes Vorbild: die vom Palais de Chaillot gefasste Inszenierung von Eiffelturm und Seine. Weiter verrät die strenge Komposition der Anlage Bergers Interesse an der auf Symmetrien und Blickachsen basierenden Beaux-Arts-Tradition. Das daraus entwickelte Raster wird allerdings im Untergeschoss gestört, denn der in den Hang getriebene Gebäudeteil weitet sich zu einem Auditorium und einem Court Room, während die seeseitigen Räume der vorgegebenen Ordnung folgen.
Doch das eigentliche Thema des Hauses ist die Transparenz. Kaum hat man den Eingang an der Nordfassade durchschritten, weitet sich das Blickfeld Richtung See. Dass sich die Fensterfronten wie endlose Membranen zwischen den Geschossplatten dehnen, ist einer ausgeklügelten Baustatik zu verdanken. Gleichwohl setzte Berger alles daran, dass der Bau kein «Opfer des technischen Fortschritts» wurde: Er verbarg die Kräfte, die das Haus zusammenhalten, so raffiniert hinter Eichentäfer, Glas und Kalkstein, dass man sich in der zentralen zweigeschossigen Halle wundert, wie diese sich mit einem 70 Meter langen und 3 Meter breiten Oberlicht zum Himmel öffnen kann, ohne dass das Gebäude auseinanderklappt.
Von der Halle geht es hinunter ins Empfangsfoyer, ins Restaurant, ins Auditorium und in den Garten - oder über eine der vier Treppen hinauf in die obere Büroetage, die durch gläserne Laubengänge erschlossen wird. Seitlich angeordnete Stiegenhäuser gewähren Zugang zu den Glaspavillons auf dem Flachdach. Dieses Belvedere, von dem ein atemberaubender Panoramablick auf Alpen, See und Jura geht, verkörpert zusammen mit dem von hier aus über zwei zierliche Brücken erreichbaren Zedernparterre eine höchst zeitgemässe, von allen Schlacken der Geschichte gereinigte Neuinterpretation der klassischen französischen Gartenarchitektur.
Berger hat am Villenufer von Nyon ein transparentes Haus von lateinischem Esprit geschaffen, das sich ganz entschieden gegen die Banalität anderer Glaspaläste wendet. Mit Rücksicht auf die einzigartige landschaftliche Situation will dieses Gebäude kein modisch eitler «Spiegel heutiger Realitäten» sein, sondern seine Präsenz nur diskret markieren. Dabei werden Themen wie Symmetrie, Dualität und Schichtung, die Berger schon beim Parc Citroën oder bei der Maison de l'Université in Dijon wichtig waren, zu neuer Gültigkeit erhoben. Darüber hinaus verkörpert der Uefa-Sitz die Quintessenz der am See allgegenwärtigen Prachtbauten internationaler Organisationen vom Genfer Uno-Gebäude bis zum Musée Olympique in Lausanne.
Der 53jährige Pariser zählt zu jenen französischen Baukünstlern, die mit suggestiven Bildern die Essenz eines Ortes zu visualisieren suchen. So präsentiert sich denn das durch alte Bäume verschleierte Gebäude - einer Metapher der Moderne folgend - mit seinen 80 Meter langen «Decks» zum See hin wie ein Ozeanriese. Dennoch empfindet man den sich klar von den Nachbarvillen abhebenden Bau weniger als Fremdkörper denn als Akzent, der auf Grund der gegeneinander verschobenen Fassadenschichten aus grossen Glasflächen und mattschimmernden Aluminiumbändern beinahe schwerelos wirkt.
Ein anderes Bild bietet sich von der Strasse her: Hier öffnet sich der dichte Grünvorhang der Villengärten kurz, um den Blick auf die bei klarem Wetter vom Mont Blanc dominierte Uferlandschaft freizugeben. Gerahmt wird diese Sicht vom Dach des sich ganz bescheiden in die Landschaft duckenden Gebäudes und von den beiden aufgesetzten Pavillons. Das klassizistische Thema von Laugiers Urhütte variierend, beziehen sich diese gläsernen Aufsätze auf Bergers tempelartige Gewächshäuser im Pariser Parc Citroën von 1992. Und sie beschwören - dank dem Repoussoir einer mächtigen Libanonzeder - eine dem Tempelhain von Paestum verwandte arkadische Stimmung, die der rationalistischen Architektur gezielt entgegenspielt.
Die leere Landschaftsbühne zwischen den Pavillons verweist zudem auf ein urbanes Vorbild: die vom Palais de Chaillot gefasste Inszenierung von Eiffelturm und Seine. Weiter verrät die strenge Komposition der Anlage Bergers Interesse an der auf Symmetrien und Blickachsen basierenden Beaux-Arts-Tradition. Das daraus entwickelte Raster wird allerdings im Untergeschoss gestört, denn der in den Hang getriebene Gebäudeteil weitet sich zu einem Auditorium und einem Court Room, während die seeseitigen Räume der vorgegebenen Ordnung folgen.
Doch das eigentliche Thema des Hauses ist die Transparenz. Kaum hat man den Eingang an der Nordfassade durchschritten, weitet sich das Blickfeld Richtung See. Dass sich die Fensterfronten wie endlose Membranen zwischen den Geschossplatten dehnen, ist einer ausgeklügelten Baustatik zu verdanken. Gleichwohl setzte Berger alles daran, dass der Bau kein «Opfer des technischen Fortschritts» wurde: Er verbarg die Kräfte, die das Haus zusammenhalten, so raffiniert hinter Eichentäfer, Glas und Kalkstein, dass man sich in der zentralen zweigeschossigen Halle wundert, wie diese sich mit einem 70 Meter langen und 3 Meter breiten Oberlicht zum Himmel öffnen kann, ohne dass das Gebäude auseinanderklappt.
Von der Halle geht es hinunter ins Empfangsfoyer, ins Restaurant, ins Auditorium und in den Garten - oder über eine der vier Treppen hinauf in die obere Büroetage, die durch gläserne Laubengänge erschlossen wird. Seitlich angeordnete Stiegenhäuser gewähren Zugang zu den Glaspavillons auf dem Flachdach. Dieses Belvedere, von dem ein atemberaubender Panoramablick auf Alpen, See und Jura geht, verkörpert zusammen mit dem von hier aus über zwei zierliche Brücken erreichbaren Zedernparterre eine höchst zeitgemässe, von allen Schlacken der Geschichte gereinigte Neuinterpretation der klassischen französischen Gartenarchitektur.
Berger hat am Villenufer von Nyon ein transparentes Haus von lateinischem Esprit geschaffen, das sich ganz entschieden gegen die Banalität anderer Glaspaläste wendet. Mit Rücksicht auf die einzigartige landschaftliche Situation will dieses Gebäude kein modisch eitler «Spiegel heutiger Realitäten» sein, sondern seine Präsenz nur diskret markieren. Dabei werden Themen wie Symmetrie, Dualität und Schichtung, die Berger schon beim Parc Citroën oder bei der Maison de l'Université in Dijon wichtig waren, zu neuer Gültigkeit erhoben. Darüber hinaus verkörpert der Uefa-Sitz die Quintessenz der am See allgegenwärtigen Prachtbauten internationaler Organisationen vom Genfer Uno-Gebäude bis zum Musée Olympique in Lausanne.
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