Bauwerk

Maria Biljan-Bilger-Ausstellungshalle und Privathaus
Friedrich Kurrent - Sommerein (A) - 2004
Maria Biljan-Bilger-Ausstellungshalle und Privathaus, Foto: Friedrich Kurrent
Maria Biljan-Bilger-Ausstellungshalle und Privathaus, Foto: Friedrich Kurrent
24. Mai 2004 - Az W
An der Ausstellungshalle Maria Biljan-Bilger hat der Architekt fast zehn Jahre lang gebaut. Aus der Budgetknappheit (die Halle wurde zum Teil von privaten Spenden finanziert) ließ sich der Luxus Langsamkeit lukrieren, konnte Zeit gewonnen werden, die dem Bau zugute kam. Die in ihrem Zeitreichtum zeitlose Halle folgt dem Verlauf eines ehemaligen Steinbruchrandes und schließt an das bestehende Wohnhaus direkt an, dessen Kern die einstige Nutzung als Kapelle noch anzumerken ist und in dem die Künstlerin M.B.B. (1912-1997) und Friedrich Kurrent seit Beginn der 1960er Jahre einen Teil des Jahres verbrachten. Als Honorar für die Gestaltung der Glasfenster der Sommereiner Kirche hatte M.B.B. einst dieses Grundstück zwischen Weinkellern und Steinbruch erhalten, das nun den Arbeiten der Keramikkünstlerin gewidmet ist.

Kurrent wollte bei diesem puren Unterstand (den Bau als Museum zu bezeichnen wäre nicht im Sinne des Verfassers) sämtliche Materialien in ihrer Ursprünglichkeit sprechen lassen. „Es war mein Bestreben, nichts zu verputzen, nichts zu verkleiden, nichts zu vertuschen. Dieses Konzept Rohbau soll sich mit dem Inhalt zu einem Schatzhaus verbinden.“ Das Bruchsteinmauerwerk aus Leitha-Kalksandstein wurde von türkischen Maurern errichtet, die dieses Handwerk noch beherrschen, die Sinuskurve der Ziegeldecke (Mann-an-Mann verlegte Wienerberger Ziegelbalken) schwingt sich zur welligen Dachlandschaft auf, die unendlich weitergedacht in weiter Ferne zur Geraden verebbt. Der Boden ist aus Beton, die Türflügel und Fensterlamellen sind aus rohem Stahl. „In etwa 500 Jahren werden die Stahltafeln durchgerostet sein“, so Kurrent bei seiner Eröffnungsrede am 1. Mai 2004, bis dahin könne man sich unbesorgt der Lebendigkeit des Materials erfreuen.

Für die in der Halle präsentierten Arbeiten aus Stein, Ton und Textil wäre kein passenderer Rahmen denkbar. Kunstwerke, Gebäude und Topographie scheinen in unausgesprochener Komplizenschaft räumlich ineinander zu greifen und - direkter Appell an das Auge - keiner museumspädagogischen Vermittlung zu bedürfen. Viele von M.B.B.s Arbeiten aus dem öffentlichen Raum hat Kurrent vor der Entsorgung bewahrt und hierher in Sicherheit gebracht, etwa das „Bellevue“-Sandstein-Relief vom Kahlenberg oder die Pflanzgefäße vom EKAZENT in Hietzing. In Sommerein haben diese Werke nun ihre zweite und eigentliche Heimstätte gefunden. (Text: Gabriele Kaiser)

Nachsatz 02.05.2009: Seit 1. Mai 2009 ziert ein türkises keramisches Schmuckband (verfertigt von Milada Zahnhausen) den Bau. Friedrich Kurrent bezeichnete es im Rahmen der Saisoneröffnungsrede als sein persönliches Statement zu „Ornament und Verbrechen“.

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at