Bauwerk

EFH Egelsee
Architekt Katzberger - Krems an der Donau (A) - 1998
EFH Egelsee, Foto: Rupert Steiner
EFH Egelsee, Foto: Rupert Steiner

Ein ganz normales Haus

Ein ganz anderes als die anderen, aber dennoch ländliches Haus, gelang Paul Katzberger und Karin Bily in einem Dorf bei Krems.

12. Dezember 1998 - Franziska Leeb
Die Verstädterung der Dörfer im Zuge gesellschaftlicher und ökonomischer Veränderung brachte mit sich, daß städtischen Lebensformen gewaltsam Mutationen ländlicher Bauformen übergestülpt werden. Mächtige ausgebaute Krüppelwalmdächer haben die Landschaften optisch in Beschlag genommen. Raumplanerische Probleme wurden verdrängt, Fassadenromantik hingegen gefördert.

So ist auch der Ort Egelsee bei Krems durch rege Bautätigkeit geprägt. Angefangen von süßlich pastellfarbenen Fassaden mit weißen Faschen über Erker und Giebelchen - alle Klischees von Rustikalität sind verbreitet. Dies um zu erklären, wie es kommen konnte, daß das heute vorgestellte Haus in seiner Entstehungsphase wegen seines Andersseins heftig angefeindet wurde. Dabei hatten die Architekten nichts anderes als ein möglichst einfaches Haus für eine ortsansässige Familie im Sinn.

Es liegt auf einer leichten Anhöhe in einem der neuen Siedlungsgebiete mit freistehenden Einfamilienhäusern. Die an der Nordseite vorbeiführende Straße ist ins Gelände eingeschnitten, das dadurch abrupt abfällt. Die Architekten nutzten diese Lage, um das Untergeschoß, das nur an der straßenseitigen Schmalseite sichtbar ist, zu versenken.

Der Beruf des Bauherren, er ist Bauingenieur und war an der gemeinschaftlichen Planung beteiligt, sollte nach Meinung von Katzberger/Bily im Gebäude Ausdruck finden. Sie entwarfen also ein Haus, an dem Konstruktion und Material (Beton) als Handwerkszeichen des Statikers auftreten.

Leben auf dem Land bedeutet Leben mit dem Auto. Der Abstellplatz wurde also straßenseitig unter dem weit auskragenden flachen Dach in das Haus integriert. Das Kellergeschoß birgt mit Diele, Garderobe und Nebenräumen das „Hinterland“ zur Parkzone.

Auf Gartenniveau tritt das Haus mit dem oberirdischen Wohngeschoß nur noch eingeschoßig in Erscheinung. An die Sichtbetonscheibe im Norden schließen die Längswände an, die in einen in stumpfem Rot gehalten und von weißgerahmten Fensterelementen durchbrochen sind. Darüber liegen auf einem Stahlbetonrost Oberlichtfenster, die weniger der Wand- als der Dachzone zugehörig erscheinen. Ein regelmäßiger Raster zarter Stahlstützen und die klare Unterscheidung der tektonischen Elemente fügen sich zu einer leicht lesbaren, geordneten Tragstruktur.

Zur Straße hin ist das Wohngeschoß hermetisch abgeschlossen, die Eingangstür im Kellergeschoß aber als offene Geste verglast. Im Inneren blieben die Betonoberflächen der Roste zwischen den Wandscheiben und den Oberlichten sowie teilweise auch die der Decken sichtbar. Wohldosiert ist die Transparenz der Gebäudehülle. Während der große Wohnraum, der fast die Hälfte des Geschosses einnimmt, jeweils über Eck großzügig verglast ist, verfügen die beiden Zimmer nur über schmale Fenstertüren. Über die Decken streicht durch die Oberlichten tief in die Räume einfallendes Tageslicht. Da dieses Geschoß ausschließlich Wohnzwecken dient kann durch das Lichtband und die wandhohen Fenster stets der Stand der Sonne miterlebt werden.

Vielleicht haben die einstigen Kritiker erkannt, daß es sich hier in seinem Bezug zum Großraum, seiner Selbstverständlichkeit und seiner Funktionalität doch um ein ländliches Haus handelt, auch wenn es den eingeprägten Bildern nicht entspricht.

Mag.arch. Paul Katzberger und
DI Karin Bily,
Paulanerg. 13, 1040 Wien,
Tel. 01/587-75-55

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