Bauwerk

Niedrigenergiehaus
Wolfgang Hochmeister - Gänserndorf (A) - 2004

Ein Dach mit Charakter, Eckstein im Häusermeer

Zwischen zwei solitären Punkthausrelikten aus den 70ern und einem wachsenden Häusermeer aus pastellfarbenen Eigenheimen plante Architekt Wolfgang Hochmeister in Gänserndorf ein Niedrigenergiehaus mit fulminantem Luftraum, Licht, Luft und Rückgrat.

28. August 2004 - Isabella Marboe
Am Papier hatte Architekt Wolfgang Hochmeister das Traumhaus für seine Jugendfreunde schon fix und fertig geplant: ein großes, bergendes Steildach auf einem Wiesengrund in Schönkirchen. Das traute Umfeld war dann doch zu ländlich, in Radfahrdistanz vom Zentrum und Friedhofsnähe fand das Paar einen Grund in Gänserndorf, wo sie arbeiten. Architekt und Thema blieben gleich: eine eigenwillige Interpretation vom Steildachmotiv gibt dem neuen Haus Charakter.

Im Schatten der Schnellbahntrasse drehen sich Windräder über weizengelben Feldern, davor verströmen zwei sechsstöckige Punkthäuser an der Marschallstrasse den Geist der Stadtentwicklungspolitik der 70er. Das Paar kaufte das erste 520 m² Eckgrundstück gegenüber, dahinter vergrößert sich ein pastellfarbenes Häusermeer mit roten Sattel-und Walmdächern. Das Budget war knapp, man wollte ein Niedrigenergiehaus und endlich viel Luft und Raum. Im Westen die markanten Solitäre, längsseitig im Norden die Zufahrt an der Quellengasse, im Süden ein Brunnenschutzgebiet, das nicht verbaut werden darf. Die Natur ist gleich vorm Fenster, rundherum Eigenheimwildwuchs. Als Bindeglied zwischen hoher und niedriger Bebauung hat das Haus eine Sonderposition, der es mit einer Firsthöhe von 10,30 Meter gerecht wird. Südseitig schafft die ausladende Dachfläche der Wohnebene mit Gartenpanorama einen fulminanten Luftraum unter der Schräge, während die extrem verkürzte Nordneigung das Satteldachklischee bricht. Ein subtiler Kommentar zur Nachbarschaft, der das Haus nüchterne Mauerfronten mit sparsam gesetzten Fensteröffnungen zeigt. „Stockzahn von Gänserndorf“ taufte es die Mutter der Baufrau, die Raumhöhe und Grünblick im Wohnraum sehr genießt. Sie könnte bei Bedarf auf Dauer ins wohlproportionierte Gästezimmer mit Westsonne einziehen.

Der kompakte, unterkellerte Baukörper von etwa 8 x 13 Meter ist klar nord-süd-orientiert. Durisol- Mantelbetonsteine mit diffusionsoffenen Stegen, eingelegter Wärme-und zusätzlicher Außendämmung bieten viel Speichermasse. Die Kombination mit großen Südfenster, Sonnenkollektoren am Dach, kontrollierter Wohnraumbe-und Entlüftung mit Wärmetauscher, der die Erdwärme nutzt, bringt eine sensationelle Energiebilanz. Die Kosten für 150 m² Wohnnutzfläche und 784 m³ umbautem Raum entsprechen einem 60 m² Appartement im Geschosswohnbau.

Wie der kleine, gemauerte Hausbruder wirkt die Garage im Osten an der Nachbargrundgrenze, ihr vorgezogenes Flachdach deckt den Vorplatz zum Eingang. So zugeknöpft das Äußere, so großzügig und lichtgeflutet ist das Innere. Die gartenseitige Haushälfte wird zum langgestreckten Einraum mit Naturpanorama, differenzierte Höhen schaffen unterschiedliche Atmosphären. 2,20 Meter hoch ist die Küche, im Kontrast dazu weitet sich der 9,3 Meter hohe Luftraum überm Essplatz, der von einem hochliegenden Südfenster zusätzlich erhellt wird. Im Wohnbereich dahinter schafft die niedere Holzdecke einen intimeren Raum, der sich zur blickdicht eingemauerten Frühstücksterrasse im Westen öffnet.

Als tragendes Rückgrat ragt die Mittelmauer zum First, trennt klar die geselligen Zonen von den dienenden im Norden. Beim zentralen Essplatz erlebt man sie in ganzer Höhe, im großen Wanddurchbruch setzt die einläufige Treppe nach oben an. Hier folgt der Bauherr von seiner Arbeitsgalerie dem Sonnenstand und das Darunter wie von einem Cockpit überblicken. Elegante Zehnder- Heizkörper dienen als Geländer, schmale Horizontalfenster belichten die Toilette, zwei große Fenster das offene Bad am Westende. Der Schlafraum unter der Südschräge bietet noch Raumreservoir für ein schönes Extrazimmer: eine Zwischenwand genügt.

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