Bauwerk
Franz-Schwackhöfer-Haus - Umbau und Erweiterung
Schwalm-Theiss & Gressenbauer, Herbert Bohrn - Wien (A) - 2004
Warm und sauber
Ein „Meilenstein der zeitgenössischen Architekturentwicklung“: das ehemalige Laborgebäude der Universität für Bodenkultur. Die Sanierung erhält Teile der Substanz, aber nur wenig von der Idee.
18. Dezember 2004 - Christian Kühn
Vielleicht ist es ja nichts anderes als Sentimentalität. Aber das große, rostige Haus geht mir ab. Es stand versteckt hinter den historischen Gebäuden der Universität für Bodenkultur an der Peter-Jordan-Straße, ein eigentümlicher Bau mit vorgehängten Stahlrahmen und Schrägverglasungen. Zur Zeit seiner Errichtung, 1974, galt er als Zeichen der Modernisierung der Universität, ein „Experimentalbau“ mit 17,5 Meter weit spannenden Trägern auf schlanken Stützen. 1976 erhielten der Architekt Anton Schweighofer und der Tragwerksplaner Wolfdietrich Ziesel dafür den europäischen Stahlbaupreis. Konzipiert war das Gebäude als Ausschnitt eines modularen Rasters, der das gesamte Gelände der Universität überzog und Erweiterungsfähigkeit in alle Richtungen garantieren sollte. Die großen Spannweiten erlaubten es, auch im Erdgeschoß Nutzungen wie den Hörsaal unterzubringen, der an die „anatomischen Theater“ alter Universitäten erinnerte. Das rostige Äußere war kein Bauschaden, sondern Absicht: Sowohl die Verkleidung als auch die tragende Konstruktion bestanden aus einer speziellen Stahlsorte, die als korrosionsfest galt, da sie zwar oberflächlich rosten, sich durch diese Rostschicht aber selbst vor weiterer Korrosion schützen sollte.
Ich habe es natürlich leicht, dem Gebäude nachzutrauern: Ich war weder Benutzer noch Betreiber, habe nie heiße Sommer darin verbracht und musste nie darüber nachdenken, wie man eine rostende Fassade daran hindert, sich aufzulösen. Der verwendete Stahl erwies sich nämlich als keineswegs rostfest, sondern korrodierte weiter, was vor allem die filigranen vorgehängten Teile an der Fassade in Mitleidenschaft zog. Zu einem weiteren Problem wurde der Asbest, der hier wie bei vielen Stahlbauten aus dieser Zeit zum Brandschutz eingesetzt wurde. Niemand lebt gerne mit dem Risiko, dass Spuren dieses Krebs erregenden Materials in die Atemluft gelangen. So wurde das Gebäude schrittweise abgesiedelt und stand schließlich Mitte der 1990er-Jahre, nur 20 Jahre nach seiner Eröffnung, leer.
Die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) als Besitzer war sich bewusst, dass es hier nicht um eine simple Asbestsanierung ging, sondern - wie es in einer BIG-Broschüre zum Projekt heißt - einen „Meilenstein der zeitgenössischen Architekturentwicklung“. Obwohl die Geschoßhöhe von 4,5 Metern, die sich aus den großen Spannweiten und der Installationszone für die Labors ergeben hatte, für eine reine Büronutzung mehr als großzügig bemessen war und man in einem Neubau bei gleicher Gesamthöhe mehr Geschoße untergebracht hätte, entschied man sich für die Sanierung. Die BIG beauftragte Schweighofer zusammen mit den Architekten Schwalm-Theiss, Gressenbauer und Bohrn, die für die Umsetzung zuständig sein sollten, mit einem Sanierungs- und Erweiterungsprojekt. Schweighofer plante zuerst, das gesamte Gebäude mit einer Glashaut auf hölzerner Unterkonstruktion einzukleiden. Dahinter sollten nur jene Fassadenteile erneuert werden, die völlig korrodiert waren. In einem zweiten Konzept, das auf gestiegene Flächenanforderungen reagierte, entwarf Schweighofer ein Glashaus mit schrägen Wänden, das sich über den Bestand stülpte. Die ursprünglich nach allen Richtungen offene Struktur sollte damit in einen gerichteten Körper eingehaust werden, eine Art „Arche Noah“ aus Glas, in der zwischen rostigem Bestand und neuer Haut eine Klimahülle mit Bepflanzung hätte entstehen sollen. Unter dem First war eine über alle Geschoße reichende Innenzone mit Brücken und Arbeitsgalerien vorgesehen.
Angesichts solcher Ideen bekamen es die zukünftigen Nutzer mit der Angst zu tun. Nach Jahren in der „Rostlaube“ nun im Glashaus sitzen zu müssen erschien ihnen als eine Zumutung, für deren Charme sie auch durch bauphysikalische Berechnungen nicht zu gewinnen waren. BIG und Universitätsleitung, die unter dem Druck standen, die in Baracken untergebrachten Nutzer rasch mit neuen Räumen zu versorgen, wollten keinen mühsamen Planungsprozess riskieren. Schwalm-Theiss, Gressenbauer und Bohrn hatten inzwischen ein Alternativprojekt entwickelt, das die Stahlkonstruktion im Inneren weitgehend erhält und mit flankierenden Anbauten aus Stahlbeton ergänzt. Im Inneren sollte durch Entfernung der Geschoßdecken im mittleren Rasterband eine Passage mit Kaskadentreppe, zwei Liften und Brücken entstehen.
Diese Lösung erwies sich als konsensfähig und kann seit kurzem im Ergebnis besichtigt werden. Im Inneren ist der Umbau durchaus geglückt. Er lebt dabei primär von den großen, für einen Bürobau geradezu imperialen Raumhöhen von 4,5 Metern. Die Stahlkonstruktion ist sichtbar und in der großen Halle besonders freigespielt, indem die Oberlichtbänder einen respektvollen Schwenk hinter die Trägerachse machen. Die Kaskadentreppe knickt etwas unsicher durch den Raum, bietet aber einen schönen Ein- und Durchblick in die verglasten Seminarräume zu beiden Seiten der Halle. Die Arbeitsplätze sind großzügig, das Lüftungssystem mit Low-Tech-Maßnahmen gut zu regulieren.
In der Außenansicht ist vom Vorgängerbau aber nichts mehr zu sehen. Das Ziel, den „architekturhistorischen Wert zu sichern“, wie es die BIG formuliert, hat man verfehlt und stattdessen ein paar Stahlträger erhalten. Schweighofers Sanierungskonzept hätte den Altbau und dessen zeittypische Schwächen - etwa das mangelnde ökologische Bewusstsein - kommentiert und aus dem Dialog eine inhaltliche Aussage gemacht. Das jetzt realisierte Projekt schweigt oder sagt bestenfalls, dass wir es alle gern warm und sauber haben. Das ist in Ordnung, aber Architektur ist es noch lange nicht. Vielleicht gelingt es dem Denkmalamt, das auch in diesem Fall den bestehenden Denkmalschutz aufhob, zumindest bei Schweighofers Stadt des Kindes in Wien Penzing, der ein ähnliches Schicksal droht, eine angemessenere Sanierung durchzusetzen.
Ich habe es natürlich leicht, dem Gebäude nachzutrauern: Ich war weder Benutzer noch Betreiber, habe nie heiße Sommer darin verbracht und musste nie darüber nachdenken, wie man eine rostende Fassade daran hindert, sich aufzulösen. Der verwendete Stahl erwies sich nämlich als keineswegs rostfest, sondern korrodierte weiter, was vor allem die filigranen vorgehängten Teile an der Fassade in Mitleidenschaft zog. Zu einem weiteren Problem wurde der Asbest, der hier wie bei vielen Stahlbauten aus dieser Zeit zum Brandschutz eingesetzt wurde. Niemand lebt gerne mit dem Risiko, dass Spuren dieses Krebs erregenden Materials in die Atemluft gelangen. So wurde das Gebäude schrittweise abgesiedelt und stand schließlich Mitte der 1990er-Jahre, nur 20 Jahre nach seiner Eröffnung, leer.
Die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) als Besitzer war sich bewusst, dass es hier nicht um eine simple Asbestsanierung ging, sondern - wie es in einer BIG-Broschüre zum Projekt heißt - einen „Meilenstein der zeitgenössischen Architekturentwicklung“. Obwohl die Geschoßhöhe von 4,5 Metern, die sich aus den großen Spannweiten und der Installationszone für die Labors ergeben hatte, für eine reine Büronutzung mehr als großzügig bemessen war und man in einem Neubau bei gleicher Gesamthöhe mehr Geschoße untergebracht hätte, entschied man sich für die Sanierung. Die BIG beauftragte Schweighofer zusammen mit den Architekten Schwalm-Theiss, Gressenbauer und Bohrn, die für die Umsetzung zuständig sein sollten, mit einem Sanierungs- und Erweiterungsprojekt. Schweighofer plante zuerst, das gesamte Gebäude mit einer Glashaut auf hölzerner Unterkonstruktion einzukleiden. Dahinter sollten nur jene Fassadenteile erneuert werden, die völlig korrodiert waren. In einem zweiten Konzept, das auf gestiegene Flächenanforderungen reagierte, entwarf Schweighofer ein Glashaus mit schrägen Wänden, das sich über den Bestand stülpte. Die ursprünglich nach allen Richtungen offene Struktur sollte damit in einen gerichteten Körper eingehaust werden, eine Art „Arche Noah“ aus Glas, in der zwischen rostigem Bestand und neuer Haut eine Klimahülle mit Bepflanzung hätte entstehen sollen. Unter dem First war eine über alle Geschoße reichende Innenzone mit Brücken und Arbeitsgalerien vorgesehen.
Angesichts solcher Ideen bekamen es die zukünftigen Nutzer mit der Angst zu tun. Nach Jahren in der „Rostlaube“ nun im Glashaus sitzen zu müssen erschien ihnen als eine Zumutung, für deren Charme sie auch durch bauphysikalische Berechnungen nicht zu gewinnen waren. BIG und Universitätsleitung, die unter dem Druck standen, die in Baracken untergebrachten Nutzer rasch mit neuen Räumen zu versorgen, wollten keinen mühsamen Planungsprozess riskieren. Schwalm-Theiss, Gressenbauer und Bohrn hatten inzwischen ein Alternativprojekt entwickelt, das die Stahlkonstruktion im Inneren weitgehend erhält und mit flankierenden Anbauten aus Stahlbeton ergänzt. Im Inneren sollte durch Entfernung der Geschoßdecken im mittleren Rasterband eine Passage mit Kaskadentreppe, zwei Liften und Brücken entstehen.
Diese Lösung erwies sich als konsensfähig und kann seit kurzem im Ergebnis besichtigt werden. Im Inneren ist der Umbau durchaus geglückt. Er lebt dabei primär von den großen, für einen Bürobau geradezu imperialen Raumhöhen von 4,5 Metern. Die Stahlkonstruktion ist sichtbar und in der großen Halle besonders freigespielt, indem die Oberlichtbänder einen respektvollen Schwenk hinter die Trägerachse machen. Die Kaskadentreppe knickt etwas unsicher durch den Raum, bietet aber einen schönen Ein- und Durchblick in die verglasten Seminarräume zu beiden Seiten der Halle. Die Arbeitsplätze sind großzügig, das Lüftungssystem mit Low-Tech-Maßnahmen gut zu regulieren.
In der Außenansicht ist vom Vorgängerbau aber nichts mehr zu sehen. Das Ziel, den „architekturhistorischen Wert zu sichern“, wie es die BIG formuliert, hat man verfehlt und stattdessen ein paar Stahlträger erhalten. Schweighofers Sanierungskonzept hätte den Altbau und dessen zeittypische Schwächen - etwa das mangelnde ökologische Bewusstsein - kommentiert und aus dem Dialog eine inhaltliche Aussage gemacht. Das jetzt realisierte Projekt schweigt oder sagt bestenfalls, dass wir es alle gern warm und sauber haben. Das ist in Ordnung, aber Architektur ist es noch lange nicht. Vielleicht gelingt es dem Denkmalamt, das auch in diesem Fall den bestehenden Denkmalschutz aufhob, zumindest bei Schweighofers Stadt des Kindes in Wien Penzing, der ein ähnliches Schicksal droht, eine angemessenere Sanierung durchzusetzen.
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