Bauwerk

Thermensiedlung Oberlaa - Bauteil Delugan-Meissl
DMAA - Wien (A) - 1998

Im engen Rahmen des Möglichen

Ein Wohnbau von Elke Meissl und Roman Delugan zeigt Qualität und Grenzen

Das alte Vorurteil, daß Architekten teuer bauen und in der Abwicklung zeitraubend seien, wurde mit dem geförderten Wohnbau vom Büro Meissl-Delugan an der Gundäckerstraße nahe dem Kurzentrum Oberlaa widerlegt.

9. Juni 1999 - Gert Walden
Als wirtschaftliches Ergebnis nach einem Bauträgerwettbewerb im Jahr 1995 resultierten Baukosten von 10.780 S (783,4EURO) pro Quadratmeter. Die Bruttomieten für die insgesamt 9.495 Quadratmeter Nutzfläche, vom Bauträger Domizil errichtet, kamen auf jeweils 60 S. Viel mehr an Sparmaßnahmen ist bei dem hohen Standard, bedingt durch die österreichischen Baubestimmungen, nicht mehr erreichbar.

Auch die Architekten trieben ihre Kunst der Reduktion auf die Spitze. Minimiert wurde die Detailausführung, die Architektur auf das Elementare eingeschränkt. Am Beispiel Gundäckerstraße ist zu sehen, daß eine solche Vorgangsweise funktionieren kann. Denn die Planer haben die städtebaulichen Vorgaben zum Guten verändert und mit einer sinnvollen Wohnungsorganisation im engen Rahmen des Möglichen kombiniert. Architektur wird bei einem solchen Sparefroh-Unternehmen auf einen harten Prüfstand gestellt.

Die Gefahr einer weiteren Schematisierung lauert quasi am Computer des Architekten, wenn die Kosten zum alleinigen Prinzip des Wohnens erhoben werden und dann das Minimale ins Banale rutscht. In der Gundäckerstraße haben Delugan-Meissl also die Kunst des Möglichen realisiert. Die Anlage ist eine intelligente Neuinterpretation des abgedroschenen Wiener Wohnhof-Prinzips, dessen funktionale Schwächen mit zunehmend dichterer Bebauung sich noch deutlicher zeigen.

Die beiden Architekten haben nämlich die Blockrandbebauung in einzelne Zeilen und Solitäre aufgelöst, sodaß die optimale Belichtung gewährleistet wird und die Wegführung innerhalb der Anlage kaum besser sein könnte. Es ist gerade diese Durchlässigkeit, die über das Funktionale hinaus der Anlage eine besondere Charakteristik verleiht. Der Wanderer zwischen den Zeilen wird zum Flaneur, auch ein bißchen zum Voyeur, der den Rhythmus der Wegführung genießen kann. Ein solches Erlebnis zählt im Wiener Wohnbau der Gegenwart zu den ganz besonders seltenen. Den Bewohnern sind im Low-Budget-Wohnbau alle elementaren Werte gesichert. Die Einheiten erstrecken sich jeweils über die gesamte Tiefe des Baukörpers. Loggien garantieren windgeschützte Privatheit im Freien. Die „falschen Maisonetten“, die vom Laubengang über einen innenliegende Treppe erreicht werden, bieten zusätzlichen Platz für den meist dringend notwendigen Stauraum.

Prinzipiell sind in den B-und C-Wohnungen mit 65 und 80 Quadratmetern Fläche die Funktionen Wohnen-Kochen und Schlafen streng axial getrennt. Die 60 Zentimeter tiefen Versteifungen aus Beton für die Fertigteilelemente können sinnvoll als Bücherregale der Ablagen verwendet werden, während im Luftraum der „falschen Maisonetten“ ein Balkon zusätzlich montierbar ist. Bereits beweglich installiert sind die kunstharzgebunden Sonnenschutzblenden. Diese und die Loggienbrüstung aus dem selben braunen Material bilden vor dem Bau ein Filter von Transparenz und Geschlossenheit, das eine Ahnung vom Geschehen hinter der Verkleidung transportieren.

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