Bauwerk

Wohnpark Schloss Eybesfeld
Architekturbüro Plottegg - Lebring (A) - 2003
Wohnpark Schloss Eybesfeld, Foto: Architekturbüro Plottegg
Wohnpark Schloss Eybesfeld, Foto: Jörg Kindermann
19. Oktober 2005 - HDA
Es dürfte mit dem Typus von Schlössern selbst zu tun haben, dass man sowohl konkret an einem Ort ist, in diesem Fall eben Schloss Eybesfeld in Jöss bei Lebring, als auch „irgendwo“ anders; und es ist der spezifische Zugang von Plottegg zum Thema Raum, der hier seinen konkreten Ausdruck findet, um gleichzeitig überall anders sein zu können; vielleicht auch überall „wo“-anders ist.

Die „umfassenden Sanierungen (2000-03)“ tragen die revitalisierende Handschrift von Plottegg: der Ausbau des Dachgeschosses der ehemaligen Stallungen zu Wohnungen und ein Wohnhausneubau an Stelle eines ehemaligen Wirtschaftsgebäudes. Ergänzend wird 2005 ein Bürogebäude errichtet, das mit der bereits fertiggestellten, südlich angrenzenden Wohnanlage Irgang das Ensemble zusammenfasst.

Wie schon in der Wohnanlage Seiersberg stellt Plottegg einmal mehr die Gültigkeit der heideggerschen Anforderung an den Wohnbau, „Zufriedenheit durch Einfriedung zu erzeugen“, in Frage.
Die radikale Verwandlung unseres Raumbegriffs stellt, wie Plottegg immer wieder zeigt, andere Anforderungen: Kategorien von drinnen und draußen, von nah und entfernt, von öffentlich und privat lösen sich auf. Die Verbindung von Wohnen im existentiellen Sinn und dem realen Raum erweitert sich so um den „bewohnbaren“ Raum „außerhalb“ des gebauten, der virtuelle Raum wird zum „wesentlichen“ Bezugsraum des Wohnens.

Plottegg „stülpt“ das Ensemble um. Der Innenraum wird zum Außenraum und vereinigt innen und außen in sich und umgekehrt. Selbst die Anforderung des Denkmalschutzes, die alten Dachflächen in ihrem Erscheinungsbild hofseitig beizubehalten, scheinen diesem sich ändernden Raumbegriff zu folgen. So wie sich die Wohnungen des Dachausbaus nach „außen“ hin orientieren, so scheint auch der Wohnbau nach außen orientiert, obwohl die Grundrisse durchgebunden sind. Die „Gitterkörbe“ der Fenster scheinen diese Auffassung zu bestätigen.
Der Bezug zum „virtuellen“ Raum bildet sich auch in der Durchlässigkeit der Wohnungsgrundrisse ab, die gleich räumlichen „Endlosschleifen“ eine Großzügigkeit aufweisen, die sowohl räumlich als auch funktional ist.

Auf die Anforderung der Gebäudetiefe der Dachausbauten reagiert Plottegg mit zurückspringenden Terrassen und der Ausbildung eines durchgehenden Fensterbandes in der Dachschräge, die das Licht weit ins Gebäudeinnere dringen lässt. Die Anwendung von 2 überlagerten, zueinander leicht verdrehten Achssystemen, die Plottegg schon früh formulierte (Seiersberg, Leoben und im interiour design) wird hier in Form einer großen „Türe“ weitergeführt, die nicht nur die Räume größer erscheinen lässt, sondern Raum-Funktionszuordnungen und -Überlagerungen ermöglicht, die ein Sowohl-Als-Auch abbilden.
Die Grundrisse im Neubau sind so modifiziert, dass der offene Grundriss, von Außenwand zu Außenwand reichend, durch Boxen, die Abstellkammer oder Kasten sind, und durch raumhohe Türelemente ein Raumkontinuum bildet, das zusätzlich durch seine Drehung aus der Achse Spannung und Großzügigkeit schafft. Dieses Prinzip der internen Umläufe nennt Plottegg auch den „diskreten Grundriss“.

„Der Rest ist normal“, wie Plottegg sagt. Möglichst große Terrassen, die mit den außen angebrachten Jalousien den Wohnraum öffnen und eine privatisierte Außenraumschicht bilden; die Erschließung geht durch sie hindurch und hebt „vorne“ und „hinten“ auf, vernetzt privaten und öffentlichen Kommunikationsraum; möglichst große Öffnungen, sowohl Fenster als auch Türen, verleihen visuelle Durchlässigkeit.
(Text: Jörg Kindermann)

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: HDA

Ansprechpartner:in für diese Seite: Karin Wallmüllerbaudatenbank[at]hda-graz.at

Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Bertran Conrad Eybesfeld

Tragwerksplanung