Bauwerk
Fachhochschule Wels
TREUSCH architecture - Wels (A) - 2005
Der coole Campus
Zeitgemäß, nicht zeitgeistig, für die Dauer, nicht für die Stunde: Andreas Treuschs Fachhochschule in Wels. Elegant, urban und bis ins Detail überzeugend.
25. Februar 2006 - Liesbeth Waechter-Böhm
Bei der Präsentation des neuen Gebäudekomplexes von Andreas Treusch in Wels tut man sich als Schreiber schwer: Es handelt sich dabei um eine Art Fachhochschule mit Studiengängen technisch/wirtschaftlicher Orientierung. Kurioserweise darf man sie aber „niemals“ (Zitat aus einer schriftlichen Mitteilung an den Architekten) Fachhochschule nennen, nur „FH OÖ Campus Wels“. „FH“ - wofür das wohl steht? Fachhochschule kann es - siehe oben - nicht sein. Ein Fall für versierte Rätselrater.
Tatsache ist, Andreas Treusch hat seinerzeit einen EU-weit ausgeschriebenen Wettbewerb unter 46 Teilnehmern eindeutig für sich entschieden. Es ging dabei um „eine Art Fachhochschule“ - einigen wir uns auf diesen Terminus -, die auf dem letzten Ausstattungsstand sein sollte, um ein entsprechendes Ausbildungsniveau - immerhin 1.200 Studienplätze - anbieten zu können.
Treusch fand ein L-förmiges Grundstück vor, dessen kurzer Schenkel an der Straße liegt, während sich der lange 100 Meter in die Tiefe erstreckt. Der Standort ist nahe am Zentrum von Wels, eine Handelsakademie, das Berufsförderungsinstitut bilden die unmittelbare Nachbarschaft, dazu Stadtvillen und ein Wohngebiet. Städtebaulich war auf dieses Umfeld Rücksicht zu nehmen, vor allem hinsichtlich der Gebäudehöhe. Es hagelte trotzdem Einsprüche von den Anrainern.
Dabei stellt die Treusch-Architektur eine regelrechte Aufwertung für das Umfeld dar. Aber das sieht man natürlich erst jetzt. Sie präsentiert sich als ausgesprochen elegantes, urbanes Statement in diesem heterogenen Umfeld. Sie fuchtelt nicht formalistisch herum, aber sie hebt sich souverän von der banalen Nachbarschaft ab: mit einer ruhigen, zweischaligen Glasfassade und der deutlich, durch einen Gebäudeeinschnitt auch als Vorplatz artikulierten Eingangszone, die quasi vom „untergeschobenen“ Baukörper eines repräsentativen Mehrzwecksaales flankiert wird.
Treusch hatte - bezogen auf die Grundstücksgröße - mit einem sehr umfangreichen Raumprogramm zu kämpfen. Um das überhaupt unterzubringen, musste er auch ins Untergeschoß gehen - nicht nur mit der Tiefgarage und irgendwelchen Haustechnikeinrichtungen, sondern auch mit tagesbelichteten, voll nutzbaren Seminarräumen und einem Labor. Im Übrigen konnte er an der (kurzen) Straßenseite vier Obergeschoße errichten, beim (langen) Hoftrakt aber nur drei.
Auf Anhieb besticht das Gebäude durch sein überaus klares Konzept. Man tritt ein und sieht linkerhand in die Mensa. Aber die große räumliche Attraktion erstreckt sich in die Grundstückstiefe: Es ist die Erschließungshalle des langen Hoftraktes mit ihrer Kaskadentreppe, glasüberdacht, also von oben belichtet, ein Luftraum an die 19 Meter hoch. Diese Höhe des Raumes ermöglichte es übrigens auch, dass ein Foucaultsches Pendel aufgehängt werden konnte (das gibt es in Österreich sonst nur noch im Technischen Museum in Wien).
Die große Halle vermittelt ein ziemlich spannendes Raumerlebnis. Sie ist auf den ersten Blick - um auf die Sprache der Kids zurückzugreifen - unheimlich „cool“. Es gibt vor allem helle, aber gebrochene Farben, vom Natursteinboden bis zu den transluzenten Glasbrüstungen der Treppen und umlaufenden Erschließungsgänge, und es gibt die Sichtbetonkerne - nicht ganz ideal realisiert, weil der Architekt den Ehrgeiz hatte, eine ankerlose Schalung zu versuchen -, die vor allem Haustechnik und Nebenräume beinhalten, aber natürlich auch der Gebäudeaussteifung dienen.
Funktionell ist das Haus überraschend übersichtlich: Zu ebener Erde sind Mensa, Mehrzwecksaal, Auditorien und Hörsäle angeordnet; darüber Hörsäle, Chemietrakt und Seminarräume; wieder darüber Labors und Verwaltung, schließlich die Bibliothek, Labors, Büros und an der Straße im vierten Obergeschoß ebenfalls Büros für das wissenschaftliche Personal. Eine Sondereinheit stellt wohl das zweigeschoßige CIM-Labor (Computer Integrated Manufacturing) dar, das über eine Rampe auch über einen Anlieferungsbereich im Untergeschoß verfügt.
Geradezu verblüffend ist die Dachlandschaft: Sie ist sozusagen begeh- und befahrbar. Hier gibt es Einrichtungen für technische Prüfungen. Von hier sieht man aber auch, dass die Glasüberdachung der Erschließungshalle als Sheddach ausgebildet wurde. Von drinnen spürt man das überhaupt nicht. Da hat man wirklich den Eindruck einer flächigen Verglasung, der allerdings außen eine Schicht flexibler Beschattungslamellen vorgelagert ist. Jetzt, bei Schnee, stehen die Lamellen senkrecht. In der warmen Jahreszeit reagieren sie hingegen auf die Sonneneinstrahlung.
Was die technischen Finessen betrifft, leistet dieses Haus überhaupt einiges. Es verfügt über Erdkollektoren und Quelllüftung - das Gebäude ist als Niedrigenergiehaus eingestuft -, und die äußere Fassadenschicht aus überlappenden Glasscheiben sorgt für einen angenehmen Luftstrom und gleichzeitig für Schallschutz.
Treusch demonstriert im gesamten Gebäude eine Architekturhaltung, die sich als zeitgemäß, aber nicht zeitgeistig beschreiben lässt. Seinem Haus ist kein Entstehungsdatum eingeschrieben. Es ist auf Dauer, auf langfristige Haltbarkeit in jeder Hinsicht angelegt. Er hatte offensichtlich in seinem Bauherrn einen kongenialen Partner, der auf seine architektonische Zielrichtung voll eingestiegen ist. Deswegen ist das Haus auch bis ins Detail so überzeugend gelungen: Sogar die Möblierung ist viel besser als an vergleichbaren Ausbildungsstätten. Die Zusammenarbeit geht daher auch weiter: Schräg gegenüber steht ein Gebäude, das demnächst generalsaniert und durch eine Brücke mit der „FH OÖ Campus Wels“ verbunden werden soll. Eine bessere Bestätigung kann sich ein Architekt eigentlich nicht wünschen.
Tatsache ist, Andreas Treusch hat seinerzeit einen EU-weit ausgeschriebenen Wettbewerb unter 46 Teilnehmern eindeutig für sich entschieden. Es ging dabei um „eine Art Fachhochschule“ - einigen wir uns auf diesen Terminus -, die auf dem letzten Ausstattungsstand sein sollte, um ein entsprechendes Ausbildungsniveau - immerhin 1.200 Studienplätze - anbieten zu können.
Treusch fand ein L-förmiges Grundstück vor, dessen kurzer Schenkel an der Straße liegt, während sich der lange 100 Meter in die Tiefe erstreckt. Der Standort ist nahe am Zentrum von Wels, eine Handelsakademie, das Berufsförderungsinstitut bilden die unmittelbare Nachbarschaft, dazu Stadtvillen und ein Wohngebiet. Städtebaulich war auf dieses Umfeld Rücksicht zu nehmen, vor allem hinsichtlich der Gebäudehöhe. Es hagelte trotzdem Einsprüche von den Anrainern.
Dabei stellt die Treusch-Architektur eine regelrechte Aufwertung für das Umfeld dar. Aber das sieht man natürlich erst jetzt. Sie präsentiert sich als ausgesprochen elegantes, urbanes Statement in diesem heterogenen Umfeld. Sie fuchtelt nicht formalistisch herum, aber sie hebt sich souverän von der banalen Nachbarschaft ab: mit einer ruhigen, zweischaligen Glasfassade und der deutlich, durch einen Gebäudeeinschnitt auch als Vorplatz artikulierten Eingangszone, die quasi vom „untergeschobenen“ Baukörper eines repräsentativen Mehrzwecksaales flankiert wird.
Treusch hatte - bezogen auf die Grundstücksgröße - mit einem sehr umfangreichen Raumprogramm zu kämpfen. Um das überhaupt unterzubringen, musste er auch ins Untergeschoß gehen - nicht nur mit der Tiefgarage und irgendwelchen Haustechnikeinrichtungen, sondern auch mit tagesbelichteten, voll nutzbaren Seminarräumen und einem Labor. Im Übrigen konnte er an der (kurzen) Straßenseite vier Obergeschoße errichten, beim (langen) Hoftrakt aber nur drei.
Auf Anhieb besticht das Gebäude durch sein überaus klares Konzept. Man tritt ein und sieht linkerhand in die Mensa. Aber die große räumliche Attraktion erstreckt sich in die Grundstückstiefe: Es ist die Erschließungshalle des langen Hoftraktes mit ihrer Kaskadentreppe, glasüberdacht, also von oben belichtet, ein Luftraum an die 19 Meter hoch. Diese Höhe des Raumes ermöglichte es übrigens auch, dass ein Foucaultsches Pendel aufgehängt werden konnte (das gibt es in Österreich sonst nur noch im Technischen Museum in Wien).
Die große Halle vermittelt ein ziemlich spannendes Raumerlebnis. Sie ist auf den ersten Blick - um auf die Sprache der Kids zurückzugreifen - unheimlich „cool“. Es gibt vor allem helle, aber gebrochene Farben, vom Natursteinboden bis zu den transluzenten Glasbrüstungen der Treppen und umlaufenden Erschließungsgänge, und es gibt die Sichtbetonkerne - nicht ganz ideal realisiert, weil der Architekt den Ehrgeiz hatte, eine ankerlose Schalung zu versuchen -, die vor allem Haustechnik und Nebenräume beinhalten, aber natürlich auch der Gebäudeaussteifung dienen.
Funktionell ist das Haus überraschend übersichtlich: Zu ebener Erde sind Mensa, Mehrzwecksaal, Auditorien und Hörsäle angeordnet; darüber Hörsäle, Chemietrakt und Seminarräume; wieder darüber Labors und Verwaltung, schließlich die Bibliothek, Labors, Büros und an der Straße im vierten Obergeschoß ebenfalls Büros für das wissenschaftliche Personal. Eine Sondereinheit stellt wohl das zweigeschoßige CIM-Labor (Computer Integrated Manufacturing) dar, das über eine Rampe auch über einen Anlieferungsbereich im Untergeschoß verfügt.
Geradezu verblüffend ist die Dachlandschaft: Sie ist sozusagen begeh- und befahrbar. Hier gibt es Einrichtungen für technische Prüfungen. Von hier sieht man aber auch, dass die Glasüberdachung der Erschließungshalle als Sheddach ausgebildet wurde. Von drinnen spürt man das überhaupt nicht. Da hat man wirklich den Eindruck einer flächigen Verglasung, der allerdings außen eine Schicht flexibler Beschattungslamellen vorgelagert ist. Jetzt, bei Schnee, stehen die Lamellen senkrecht. In der warmen Jahreszeit reagieren sie hingegen auf die Sonneneinstrahlung.
Was die technischen Finessen betrifft, leistet dieses Haus überhaupt einiges. Es verfügt über Erdkollektoren und Quelllüftung - das Gebäude ist als Niedrigenergiehaus eingestuft -, und die äußere Fassadenschicht aus überlappenden Glasscheiben sorgt für einen angenehmen Luftstrom und gleichzeitig für Schallschutz.
Treusch demonstriert im gesamten Gebäude eine Architekturhaltung, die sich als zeitgemäß, aber nicht zeitgeistig beschreiben lässt. Seinem Haus ist kein Entstehungsdatum eingeschrieben. Es ist auf Dauer, auf langfristige Haltbarkeit in jeder Hinsicht angelegt. Er hatte offensichtlich in seinem Bauherrn einen kongenialen Partner, der auf seine architektonische Zielrichtung voll eingestiegen ist. Deswegen ist das Haus auch bis ins Detail so überzeugend gelungen: Sogar die Möblierung ist viel besser als an vergleichbaren Ausbildungsstätten. Die Zusammenarbeit geht daher auch weiter: Schräg gegenüber steht ein Gebäude, das demnächst generalsaniert und durch eine Brücke mit der „FH OÖ Campus Wels“ verbunden werden soll. Eine bessere Bestätigung kann sich ein Architekt eigentlich nicht wünschen.
Für den Beitrag verantwortlich: Spectrum
Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroom
Akteure
ArchitekturBauherrschaft
FH OÖ Immobilien GMBH
Tragwerksplanung
Fotografie