Bauwerk
Pfarrkirche Gallspach
Ernst Beneder, Anja Fischer - Gallspach (A) - 2005
Oval, sakral, konkav
Kirchenbau: eine Herausforderung für ambitionierte zeitgemässe Architektur? Durchaus. Die Kirche im oberösterreichischen Gallspach von Ernst Beneder und Anja Fischer.
28. Januar 2006 - Judith Eiblmayr
Wen kümmert Kirchenbau über haupt noch, um ihn zum Gegenstand der Betrachtung zu machen", steht in der Broschüre zum Bauherrenpreis 2005 für Oberösterreich und Salzburg. Eine rhetorische Frage, hat doch die Architektenkammer selbst diesen Preis im vergangenen September an die Diözese Linz vergeben, um deren engagierte Rolle als Auftraggeber zahlreicher Bauaufgaben an Architekten zu würdigen. Die katholische (Landes-)Kirche hat es sich zur Aufgabe gemacht, bei Um- und Zubauten von Kirchen oder Pfarrhäusern geladene Wettbewerbe durchzuführen. Die Beauftragung des Siegers ist dabei laut dem Baureferenten, Architekt Wolfgang Schaffer, „obligatorisch, um eine Nachhaltigkeit in der baulichen Qualität zu erreichen“.
Geprägt durch einen der wichtigsten Kirchenbauten der Moderne in Österreich, die Linzer Theresienkirche von Rudolf Schwarz von 1961, kümmerte die Diözese Linz der Kirchenbau sogar so sehr, dass sie im Jahr 2004 eine Publikation mit dem Titel „Sakralraum im Umbruch“ herausbrachte. Und sie ist auch gegenüber dem Neubau und der damit einhergehenden zeitgemäßen Interpretation von Gotteshäusern sehr aufgeschlossen: Das vorerst letzte Werk im Bauprogramm, die neue Kirche im westlich von Wels gelegenen Kurort Gallspach, wurde am 11. Dezember geweiht und der Öffentlichkeit übergeben.
Die Wiener Architekten Ernst Beneder und Anja Fischer (in Kooperation mit dem Zivilingenieurbüro Pörner & Partner), die über viel Erfahrung beim Bauen in und mit historischer Bausubstanz verfügen, gewannen den Wettbewerb mit einem Konzept, das nicht nur die Kirche als zentrale Örtlichkeit der Pfarrgemeinde neu definieren, sondern gleichzeitig der Ortschaft Galls- pach städtebaulich ein neues Zentrum bringen sollte. Die (zu) kleine Pfarrkirche „zur heiligen Katharina“ war zwar mitten im Ort situiert, jedoch an einer steilen Gasse von der vorbeiführenden Hauptstraße abgerückt. Die auf spätgotischen Grundmauern stehende, mehrmals umgebaute Bausubstanz durfte laut Denkmalamt teilweise abgerissen werden - der Kirchturm und die Apsis mussten erhalten werden -, um den seit 20 Jahren von den Gallspachern gewünschten Neubau zu ermöglichen und die Kirche bequemer zugänglich zu machen.
Beneder und Fischer brachten all die Wünsche der Bauherrschaft nicht nur metaphorisch gesprochen unter einen - wenn auch ovalen - Hut.
Sie entwarfen einen im Grundriss elliptischen reifförmigen Baukörper, wo sich über einer massiven Sockelzone eine Holzrahmenkonstruktion erhebt, die, wie aufgefaltet wirkend, unterschiedliche Raumqualitäten entwickelt: Geschlossen und verglast einerseits, bildet sie den eigentlichen Kirchenraum unten an der Straße, als überdachter, aber offener Umgang andererseits schafft sie gleichzeitig die Anbindung an die historische Bausubstanz am oberen Niveau und schließt diese schwungvoll mit ein.
Die Dachfläche dieser „Reifarchitektur“ weist die annähernd gleiche Neigung wie der Hang auf, wodurch die dynamische Höhenentwicklung am Baukörper sehr gut ablesbar wird. An der tiefsten Stelle am nordseitigen Hauptscheitel der Ellipse weicht die geschwungene Außenhaut konkav zurück, um einem Baumriesen genügend Platz zu lassen. Gleich daneben liegt der überdachte Zugang zum ovalen Kirchenareal, und nun hat der Besucher die Wahl, ob er rechts über die gedeckte Treppenanlage bergan zum Innenhof beziehungsweise zur „alten Kirche“ schreiten möchte, die, teilweise erhalten, jetzt als Aufbahrungshalle für den nahen Ortsfriedhof dient oder links den eigentlichen Kirchenraum betritt.
Der gerundeten Form des mit Sonnenlicht durchfluteten Kirchenschiffes folgend, stehen die Sitzbankreihen, die auf den mittig liegenden Altar ausgerichtet sind. Die Mauern im Sockelbereich sind mit Platten aus offenporigem Konglomeratgestein verkleidet, darüber erheben sich die schlanken, glatten Holz-Leimbinder. Zwischen den einzelnen Rahmen ist vollflächig verglast, wodurch es zu einer hellen, freundlichen Atmosphäre in der Halle kommt.
Hinter dem Altar befindet sich die Werktagskapelle, die durch Schiebeelemente aus Satinatoglas abgetrennt ist und bei Bedarf dem großen Raum zugeschaltet werden kann. Über der Kapelle und dem Altar erhebt sich ein zylindrischer Turm, der das Zentrum der ganzen Anlage markiert und durch Fensteröffnungen in diesen innersten Teil der Kirche, auf Altar und Ambo (das Lesepult) Sonnenlicht bringt. Der Turm hat zwar keine Kuppel, und die Laterne sitzt nicht mittig, sondern findet in einem schräg eingeschnittenen Teil des Daches seine Entsprechung, die Architekten Beneder und Fischer haben es jedoch bei dieser Kirche geschafft, in gewisser Weise den Zentralkirchenbau der Renaissance zu zitieren.
Die zeitgemäße Interpretation besteht nun - abgesehen von einer weniger strengen Grundrisskonzeption und einer Baudauer von nur acht Monaten und eingehaltener Baukosten - darin, dass die Gläubigen sich nicht mehr unter einer enorm hohen Kuppel ducken müssen, sondern das Dach der Kirche betreten dürfen.
Dies ist nämlich die Ebene jenes Hofes, der neben dem Turm-Zylinder das erwähnte städtebauliche Zentrum bildet: Ein halböffentlicher Außenraum mit Baumbestand und steinernen Sitzbänken, der von dem hölzernen Reif umschlossen in besonders geschützter Atmosphäre zum Verweilen einlädt, sei es als Treffpunkt für die Ortsbewohner oder für eine Messe im Freien. Erschlossen wird er von der gedeckten Treppenanlage, die somit nicht nur zum elliptischen Kreuzgang wird, sondern selbst auch noch als Kreuzweg angelegt ist. Am Fuße der Treppe beginnend, führen die letzten Stationen wieder in den Kirchenraum hinein, ein „oberer“ Eingang vom Innenhof aus ermöglicht, dass sich der Kreis des Leidensweges versöhnlich schließt.
Dieser Fortschritt in der räumlichen Erschließung, die einer Raumbühne gleichkommt, ermöglicht das Fortschreiten der Gläubigen, die Prozession innerhalb des Gotteshauses, aber auch Inszenierungen der Liturgie, denen die katholische Kirche ja nicht abgeneigt ist. Die neue Kirche von Gallspach von Beneder und Fischer ist somit nicht nur Gegenstand der Betrachtung, sondern Gegenstand der Programmatik selbst.
Geprägt durch einen der wichtigsten Kirchenbauten der Moderne in Österreich, die Linzer Theresienkirche von Rudolf Schwarz von 1961, kümmerte die Diözese Linz der Kirchenbau sogar so sehr, dass sie im Jahr 2004 eine Publikation mit dem Titel „Sakralraum im Umbruch“ herausbrachte. Und sie ist auch gegenüber dem Neubau und der damit einhergehenden zeitgemäßen Interpretation von Gotteshäusern sehr aufgeschlossen: Das vorerst letzte Werk im Bauprogramm, die neue Kirche im westlich von Wels gelegenen Kurort Gallspach, wurde am 11. Dezember geweiht und der Öffentlichkeit übergeben.
Die Wiener Architekten Ernst Beneder und Anja Fischer (in Kooperation mit dem Zivilingenieurbüro Pörner & Partner), die über viel Erfahrung beim Bauen in und mit historischer Bausubstanz verfügen, gewannen den Wettbewerb mit einem Konzept, das nicht nur die Kirche als zentrale Örtlichkeit der Pfarrgemeinde neu definieren, sondern gleichzeitig der Ortschaft Galls- pach städtebaulich ein neues Zentrum bringen sollte. Die (zu) kleine Pfarrkirche „zur heiligen Katharina“ war zwar mitten im Ort situiert, jedoch an einer steilen Gasse von der vorbeiführenden Hauptstraße abgerückt. Die auf spätgotischen Grundmauern stehende, mehrmals umgebaute Bausubstanz durfte laut Denkmalamt teilweise abgerissen werden - der Kirchturm und die Apsis mussten erhalten werden -, um den seit 20 Jahren von den Gallspachern gewünschten Neubau zu ermöglichen und die Kirche bequemer zugänglich zu machen.
Beneder und Fischer brachten all die Wünsche der Bauherrschaft nicht nur metaphorisch gesprochen unter einen - wenn auch ovalen - Hut.
Sie entwarfen einen im Grundriss elliptischen reifförmigen Baukörper, wo sich über einer massiven Sockelzone eine Holzrahmenkonstruktion erhebt, die, wie aufgefaltet wirkend, unterschiedliche Raumqualitäten entwickelt: Geschlossen und verglast einerseits, bildet sie den eigentlichen Kirchenraum unten an der Straße, als überdachter, aber offener Umgang andererseits schafft sie gleichzeitig die Anbindung an die historische Bausubstanz am oberen Niveau und schließt diese schwungvoll mit ein.
Die Dachfläche dieser „Reifarchitektur“ weist die annähernd gleiche Neigung wie der Hang auf, wodurch die dynamische Höhenentwicklung am Baukörper sehr gut ablesbar wird. An der tiefsten Stelle am nordseitigen Hauptscheitel der Ellipse weicht die geschwungene Außenhaut konkav zurück, um einem Baumriesen genügend Platz zu lassen. Gleich daneben liegt der überdachte Zugang zum ovalen Kirchenareal, und nun hat der Besucher die Wahl, ob er rechts über die gedeckte Treppenanlage bergan zum Innenhof beziehungsweise zur „alten Kirche“ schreiten möchte, die, teilweise erhalten, jetzt als Aufbahrungshalle für den nahen Ortsfriedhof dient oder links den eigentlichen Kirchenraum betritt.
Der gerundeten Form des mit Sonnenlicht durchfluteten Kirchenschiffes folgend, stehen die Sitzbankreihen, die auf den mittig liegenden Altar ausgerichtet sind. Die Mauern im Sockelbereich sind mit Platten aus offenporigem Konglomeratgestein verkleidet, darüber erheben sich die schlanken, glatten Holz-Leimbinder. Zwischen den einzelnen Rahmen ist vollflächig verglast, wodurch es zu einer hellen, freundlichen Atmosphäre in der Halle kommt.
Hinter dem Altar befindet sich die Werktagskapelle, die durch Schiebeelemente aus Satinatoglas abgetrennt ist und bei Bedarf dem großen Raum zugeschaltet werden kann. Über der Kapelle und dem Altar erhebt sich ein zylindrischer Turm, der das Zentrum der ganzen Anlage markiert und durch Fensteröffnungen in diesen innersten Teil der Kirche, auf Altar und Ambo (das Lesepult) Sonnenlicht bringt. Der Turm hat zwar keine Kuppel, und die Laterne sitzt nicht mittig, sondern findet in einem schräg eingeschnittenen Teil des Daches seine Entsprechung, die Architekten Beneder und Fischer haben es jedoch bei dieser Kirche geschafft, in gewisser Weise den Zentralkirchenbau der Renaissance zu zitieren.
Die zeitgemäße Interpretation besteht nun - abgesehen von einer weniger strengen Grundrisskonzeption und einer Baudauer von nur acht Monaten und eingehaltener Baukosten - darin, dass die Gläubigen sich nicht mehr unter einer enorm hohen Kuppel ducken müssen, sondern das Dach der Kirche betreten dürfen.
Dies ist nämlich die Ebene jenes Hofes, der neben dem Turm-Zylinder das erwähnte städtebauliche Zentrum bildet: Ein halböffentlicher Außenraum mit Baumbestand und steinernen Sitzbänken, der von dem hölzernen Reif umschlossen in besonders geschützter Atmosphäre zum Verweilen einlädt, sei es als Treffpunkt für die Ortsbewohner oder für eine Messe im Freien. Erschlossen wird er von der gedeckten Treppenanlage, die somit nicht nur zum elliptischen Kreuzgang wird, sondern selbst auch noch als Kreuzweg angelegt ist. Am Fuße der Treppe beginnend, führen die letzten Stationen wieder in den Kirchenraum hinein, ein „oberer“ Eingang vom Innenhof aus ermöglicht, dass sich der Kreis des Leidensweges versöhnlich schließt.
Dieser Fortschritt in der räumlichen Erschließung, die einer Raumbühne gleichkommt, ermöglicht das Fortschreiten der Gläubigen, die Prozession innerhalb des Gotteshauses, aber auch Inszenierungen der Liturgie, denen die katholische Kirche ja nicht abgeneigt ist. Die neue Kirche von Gallspach von Beneder und Fischer ist somit nicht nur Gegenstand der Betrachtung, sondern Gegenstand der Programmatik selbst.
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