Bauwerk
Häuser im «Dreieck»
Albers+Cerliani, Fahrländer+Fries, arc Architekten, Bauplan, architektur+landschaft - Zürich (CH) - 2003
Der Hof
Die Häuser im «Dreieck» in Zürich wurden jahrelang nicht unterhalten, da sie dem Verkehr weichen sollten. Später wollte die Stadt das Quartier mit einem Neubaukonzept revitalisieren. Die Bewohnerinnen und Bewohner allerdings empfanden sich als durchaus vital. Sie übernahmen die Gründerzeithäuser und machten daraus ein gepflegtes Stück Stadt zum Arbeiten, Wohnen und Einkaufen.
2. Februar 2006 - Prisca Amman
Um eine seit den 1950er-Jahren geplante Kreuzung zweier Hauptverkehrsachsen verwirklichen zu können, hatte die Stadt alle Häuser des dreieckigen Blocks zwischen Anker-, Zweier- und Gartenhofstrasse aufgekauft. Als in den Achtzigerjahren deutlich wurde, dass diese Planung nie umgesetzt werden würde, arbeitete man auf ein Ersatzbaukonzept hin. Ein grosser Teil der Gründerzeithäuser sollte einem Neubau Platz machen – zwar entlang der alten Baulinien, aber grösser und höher, mit ausgeräumtem Hof und einer Tiefgarage. Durch markant höhere Mieten wäre mit der Bausubstanz auch die Bevölkerung ausgetauscht worden.
Allerdings funktionierte das nachbarschaftliche Beziehungsnetz im Block überdurchschnittlich gut. Das verträgliche Nebeneinander verschiedener Schichten und Nationen war auch für das umliegende Quartier positiv. So erhoben die Bewohnenden Widerspruch gegen den Ersatzneubau. Unterstützt wurden sie von Architektinnen und Architekten aus fünf verschiedenen Büros, die sich in der «Architekturgemeinschaft Dreieck» formierten. Zusammen mit dem Bewohnerverein entwickelten sie einen Vorschlag zur erhaltenden Erneuerung durch sanfte Renovation und ergänzenden Neubau – mit dem Ziel, günstigen Wohnraum zu bewahren, die Bewohnerschaft am Ort zu halten und die Bausubstanz nachhaltig in der städtebaulichen Struktur der bisherigen, kleinteiligen Parzellen fortzuentwickeln.
Den Ausschlag gab schliesslich die Ökonomie. Nachdem die Stadt Ersatzbauprojekt und Gegenvorschlag bis zur Stufe eines Vorprojektes hatte entwickeln lassen, wurden in einem unabhängigen Gutachten die jeweiligen Betriebskosten einschliesslich der notwendigen Abschreibungen ermittelt. Dabei wurde für Neubauten in den ersten 30 Jahren keine Abschreibung gerechnet. Es zeigte sich, dass das Ersatzbauprojekt in diesem Zeitraum nur etwa Gleichstand mit einer erhaltenden Weiterentwicklung erreichen konnte; mit Einsetzen der Abschreibung hätte sich seine Wirtschaftlichkeit weiter verschlechtert. Damit war abzusehen, dass es im Gemeinderat keine Mehrheit finden würde. 1996 konnten die Bewohnenden, nun organisiert als Genossenschaft, ihre Häuser im Baurecht übernehmen. In einem fünfjährigen Prozess wurden neun der Häuser renoviert und zwei durch Neubauten ersetzt.
Im Zentrum des Konzepts stand der Hof als gemeinschaftliches Foyer des Quartiers. Seine Vielgestaltigkeit macht ihn gross – denn die Vielzahl verschiedener Nischen erleichtert das Nebeneinander unterschiedlicher Aktivitäten. Deshalb blieben die Hofgebäude und mit ihnen die Gewerbebetriebe erhalten. Die Dächer der Hofbauten dienen als Terrassen, im Erdgeschoss liegt an zentraler Stelle der gemeinschaftliche Waschsalon.
Die Altbauten wurden nach dem Ersatzteilprinzip renoviert: wiederverwendbare Teile reparieren und schadhafte ersetzen, möglichst ohne das übergeordnete System zu stören. Neue Balkone und der Einbau von Badezimmern werteten die Wohnungen auf – keine einfache Aufgabe, denn für das Bad sollte kein Zimmer geopfert werden, und die Küche musste gross genug bleiben, um darin essen zu können.
Zwei Neubauten ergänzen den Wohnungsmix der Altbauten. Sie heben sich in ihrer Architektur vom Bestand ab, fügen sich aber volumetrisch ins Raumkonzept des Gesamtprojekts ein. Über Balkone, Laubengänge und grosse Fenster öffnen sich die Wohnungen zum Hof; grosszügige Räume, offene Grundrisse und innovative Detaillösungen prägen das Innere.
Ein effizientes Partizipationsmodell bezog alle Beteiligten mehrsprachig in Informationsfluss und Meinungsbildung ein, delegierte die Umsetzung einmal gefasster Ziele aber an eine professionell arbeitende Baukommission. Gratisarbeit, wie sie in vergleichbaren Fällen oft geleistet wird, um Kosten zu sparen, wurde im Interesse einer zuverlässigen und befriedigenden Arbeitsweise vermieden. Vielmehr schuf man sich selbst Arbeitsplätze: Die genossenschaftseigene «Bauhütte» übernahm – im Wettbewerb mit externen Firmen – möglichst viele Bauarbeiten. Die Mitarbeitenden konnten so aus der Renovation der eigenen Wohnungen einen Teil des Lebensunterhalts bestreiten. Zur Verpflegung wurde ein öffent-
licher Mittagstisch eingerichtet, der bis heute im Hof der Gartenhofstrasse 27 werktags um 12.15 Uhr ein günstiges Menü anbietet. Viel Sorgfalt verwandte die Genossenschaft auf die Vergabe frei werdender Gewerberäume. So findet man heute im Dreieck fast alles, was Leib und Seele zusammenhält – vom Lebensmittelladen über eine Bar, einen Reparaturdienst, eine Buchhandlung, eine Hebamme, einen Coiffeur und vieles mehr bis zur öffentlichen Bibliothek.
Allerdings funktionierte das nachbarschaftliche Beziehungsnetz im Block überdurchschnittlich gut. Das verträgliche Nebeneinander verschiedener Schichten und Nationen war auch für das umliegende Quartier positiv. So erhoben die Bewohnenden Widerspruch gegen den Ersatzneubau. Unterstützt wurden sie von Architektinnen und Architekten aus fünf verschiedenen Büros, die sich in der «Architekturgemeinschaft Dreieck» formierten. Zusammen mit dem Bewohnerverein entwickelten sie einen Vorschlag zur erhaltenden Erneuerung durch sanfte Renovation und ergänzenden Neubau – mit dem Ziel, günstigen Wohnraum zu bewahren, die Bewohnerschaft am Ort zu halten und die Bausubstanz nachhaltig in der städtebaulichen Struktur der bisherigen, kleinteiligen Parzellen fortzuentwickeln.
Den Ausschlag gab schliesslich die Ökonomie. Nachdem die Stadt Ersatzbauprojekt und Gegenvorschlag bis zur Stufe eines Vorprojektes hatte entwickeln lassen, wurden in einem unabhängigen Gutachten die jeweiligen Betriebskosten einschliesslich der notwendigen Abschreibungen ermittelt. Dabei wurde für Neubauten in den ersten 30 Jahren keine Abschreibung gerechnet. Es zeigte sich, dass das Ersatzbauprojekt in diesem Zeitraum nur etwa Gleichstand mit einer erhaltenden Weiterentwicklung erreichen konnte; mit Einsetzen der Abschreibung hätte sich seine Wirtschaftlichkeit weiter verschlechtert. Damit war abzusehen, dass es im Gemeinderat keine Mehrheit finden würde. 1996 konnten die Bewohnenden, nun organisiert als Genossenschaft, ihre Häuser im Baurecht übernehmen. In einem fünfjährigen Prozess wurden neun der Häuser renoviert und zwei durch Neubauten ersetzt.
Im Zentrum des Konzepts stand der Hof als gemeinschaftliches Foyer des Quartiers. Seine Vielgestaltigkeit macht ihn gross – denn die Vielzahl verschiedener Nischen erleichtert das Nebeneinander unterschiedlicher Aktivitäten. Deshalb blieben die Hofgebäude und mit ihnen die Gewerbebetriebe erhalten. Die Dächer der Hofbauten dienen als Terrassen, im Erdgeschoss liegt an zentraler Stelle der gemeinschaftliche Waschsalon.
Die Altbauten wurden nach dem Ersatzteilprinzip renoviert: wiederverwendbare Teile reparieren und schadhafte ersetzen, möglichst ohne das übergeordnete System zu stören. Neue Balkone und der Einbau von Badezimmern werteten die Wohnungen auf – keine einfache Aufgabe, denn für das Bad sollte kein Zimmer geopfert werden, und die Küche musste gross genug bleiben, um darin essen zu können.
Zwei Neubauten ergänzen den Wohnungsmix der Altbauten. Sie heben sich in ihrer Architektur vom Bestand ab, fügen sich aber volumetrisch ins Raumkonzept des Gesamtprojekts ein. Über Balkone, Laubengänge und grosse Fenster öffnen sich die Wohnungen zum Hof; grosszügige Räume, offene Grundrisse und innovative Detaillösungen prägen das Innere.
Ein effizientes Partizipationsmodell bezog alle Beteiligten mehrsprachig in Informationsfluss und Meinungsbildung ein, delegierte die Umsetzung einmal gefasster Ziele aber an eine professionell arbeitende Baukommission. Gratisarbeit, wie sie in vergleichbaren Fällen oft geleistet wird, um Kosten zu sparen, wurde im Interesse einer zuverlässigen und befriedigenden Arbeitsweise vermieden. Vielmehr schuf man sich selbst Arbeitsplätze: Die genossenschaftseigene «Bauhütte» übernahm – im Wettbewerb mit externen Firmen – möglichst viele Bauarbeiten. Die Mitarbeitenden konnten so aus der Renovation der eigenen Wohnungen einen Teil des Lebensunterhalts bestreiten. Zur Verpflegung wurde ein öffent-
licher Mittagstisch eingerichtet, der bis heute im Hof der Gartenhofstrasse 27 werktags um 12.15 Uhr ein günstiges Menü anbietet. Viel Sorgfalt verwandte die Genossenschaft auf die Vergabe frei werdender Gewerberäume. So findet man heute im Dreieck fast alles, was Leib und Seele zusammenhält – vom Lebensmittelladen über eine Bar, einen Reparaturdienst, eine Buchhandlung, eine Hebamme, einen Coiffeur und vieles mehr bis zur öffentlichen Bibliothek.
Daten:
1986: Wettbewerb mit dem Ziel weitgehenden Abbruchs
1988: Gründung des Vereins «Das Dreieck»
1991: Studie im Auftrag des Hochbauamts zur Machbarkeit der Renovation
1995: Baurechtsübernahme durch Stiftung SBW
1998: Übernahme durch Genossenschaft Dreieck
1997-2000: Renovationen
2000-03: Neubauten
Umfang:
Renovation: 9 Häuser mit zusammen 43 Whg., 7 Läden, 1 Bar sowie Hofgebäuden mit Gewerberäumen und Waschsalon
Neubauten: 2 Häuser mit zus. 12 Whg., 1 Gastzimmer, 4 Büros,
1 Laden, 1 Bibliothek, 1 Gemeinschaftsraum (Kantine)
Energie:
Neubauten im Minergiestandard, Grundwasser-Wärmepumpe
(Wärmeverbund ganzes Dreieck), Energiecontracting mit Stadt Zürich.
1986: Wettbewerb mit dem Ziel weitgehenden Abbruchs
1988: Gründung des Vereins «Das Dreieck»
1991: Studie im Auftrag des Hochbauamts zur Machbarkeit der Renovation
1995: Baurechtsübernahme durch Stiftung SBW
1998: Übernahme durch Genossenschaft Dreieck
1997-2000: Renovationen
2000-03: Neubauten
Umfang:
Renovation: 9 Häuser mit zusammen 43 Whg., 7 Läden, 1 Bar sowie Hofgebäuden mit Gewerberäumen und Waschsalon
Neubauten: 2 Häuser mit zus. 12 Whg., 1 Gastzimmer, 4 Büros,
1 Laden, 1 Bibliothek, 1 Gemeinschaftsraum (Kantine)
Energie:
Neubauten im Minergiestandard, Grundwasser-Wärmepumpe
(Wärmeverbund ganzes Dreieck), Energiecontracting mit Stadt Zürich.
Für den Beitrag verantwortlich: TEC21
Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Solt
Akteure
ArchitekturBauherrschaft
Genossenschaft Dreieck