Bauwerk
Mehrzweckgebäude MQ-West
Carl Pruscha - Wien (A) - 2004
20. Februar 2006 - Az W
Bauherr und Architekt hatten es anfänglich mit mehreren „Unmöglichkeiten“ zu tun: einem unmöglichen Grundstück aus drei Teilen mit drei Eigentümern, einer unmöglichen Lage mit Fundamenten auf den alten Glacis-Mauern sowie unmöglichen wirtschaftlichen und heterogenen funktionalen Vorgaben. Zur Vorgeschichte: Die Baulücke zwischen Museumsquartier und Breitegasse gehörte jahrelang zu den vertrauten und „eingewachsenen“ Leerstellen der Stadt. Ein Wettbewerb zu deren Bespielung, den die MQ Errichtungsgesellschaft 2001 ausgeschrieben hatte und im Zuge dessen the next enterprise eine luftige Aussichtsplattform konzipierte, war an den Kosten gescheitert. Eine sinnvolle Verwertung des kleinen Baugrunds schien wieder in weite Ferne gerückt. Ausgehend vom Wunsch des Museumsquartiers nach einem neuen Westeingang und der in einem Gebäude neben der Baulücke ansässigen Österreichischen Bibelgesellschaft nach einem neuen Lokal entstanden auf Initiative von Carl Pruscha daraufhin erste Überlegungen für ein liegenschaftsübergreifendes Projekt. KALLCO kaufte zunächst die mittige Lücke, dann auch die beiden angrenzenden Häuser und war bereit, gemeinsam mit dem Architekten ein Gesamtkonzept zu entwickeln.
Es dürfte keine leichte Aufgabe gewesen sein, die unterschiedlichen Interessen (von den unmittelbaren Nutzern, über die Bezirksvertretungen bis zu den verschiedensten Bürgergruppen) zu harmonisieren und unter ein gemeinsames Dach zu bringen. Dass dies gelang, ist wohl wesentlich dem Umstand zu verdanken, dass Bauherr (Winfried Kallinger) und Architekt Carl Pruscha von Anfang an einen sehr transparenten und gemeinsamen Planungsweg beschritten, der die unterschiedlichen Nutzerbedürfnisse sehr ernst nahm. Dazu der Architekt: „Erschwerend für die Realisierung war die extrem schmale Tiefe der Grundstücke von nicht einmal 6 m, bei einer Frontlänge von knapp 50 m, die Notwendigkeit der funktionellen und baulichen Einbindung eines neuen Zugangs zum MQ und zum Glacis Beisl, die Abstimmung mit der Bibelgesellschaft für deren neues Forschungszentrum, die baurechtliche und gestalterische Lösung für die Fassade zum MQ, die baurechtlich eine Feuermauer darstellt, die Harmonisierung mit den Schutzzonen – und Denkmalschutzbestimmungen - und die extreme wirtschaftliche Schwierigkeit, den Bau innerhalb vertretbarer wirtschaftlicher Grenzen zu errichten. Dieser Summe von Schwierigkeiten wollte sich kein „normaler“ Bauherr stellen – für Kallco waren die Probleme jedoch Ansporn, an diesem sensiblen Ort ein klares Statement für die architektonische und städtebauliche Verantwortung eines Bauherrn und Bauträgers abzugeben.“
Um die spezielle Grundstückskonfiguration zu bewältigen und die Sockelzone als Durchgangsraum freizuspielen, wurde ein mehrgeschossiger Balken (ein quasi selbsttragendes Brückenbauwerk aus Stahlbeton) über die Baulücke gespannt. Da die Fassade zum Museumsquartier baurechtliche eine Feuermauer ist, mussten Fensteröffnungen so knapp wie möglich bemessen werden. Pruscha entwickelte auf dieser Grundlagen die Idee der dynamischen „Fensterschlitze“, die in zwei Ebenen – eine in Sitzhöhe und eine in Stehhöhe – die Mauer in Längsrichtung scharf durchschneiden. Die Fassade an der Breitegasse ist im Gegenzug dazu in konventionellerer Form durch Fensterbänder geöffnet. Der „rostende“ Corten-Stahl als Außenhaut vermittelt zwischen den Steinfassaden der Museumsgebäude des MQ und den Putzfassaden des Bestandes und verleiht dem Gebäude eine selbstgewisse Eigenidentität. Das Projekt wurde mit dem ZV-Bauherrenpreis 2005 ausgezeichnet. (Text: Gabriele Kaiser)
Es dürfte keine leichte Aufgabe gewesen sein, die unterschiedlichen Interessen (von den unmittelbaren Nutzern, über die Bezirksvertretungen bis zu den verschiedensten Bürgergruppen) zu harmonisieren und unter ein gemeinsames Dach zu bringen. Dass dies gelang, ist wohl wesentlich dem Umstand zu verdanken, dass Bauherr (Winfried Kallinger) und Architekt Carl Pruscha von Anfang an einen sehr transparenten und gemeinsamen Planungsweg beschritten, der die unterschiedlichen Nutzerbedürfnisse sehr ernst nahm. Dazu der Architekt: „Erschwerend für die Realisierung war die extrem schmale Tiefe der Grundstücke von nicht einmal 6 m, bei einer Frontlänge von knapp 50 m, die Notwendigkeit der funktionellen und baulichen Einbindung eines neuen Zugangs zum MQ und zum Glacis Beisl, die Abstimmung mit der Bibelgesellschaft für deren neues Forschungszentrum, die baurechtliche und gestalterische Lösung für die Fassade zum MQ, die baurechtlich eine Feuermauer darstellt, die Harmonisierung mit den Schutzzonen – und Denkmalschutzbestimmungen - und die extreme wirtschaftliche Schwierigkeit, den Bau innerhalb vertretbarer wirtschaftlicher Grenzen zu errichten. Dieser Summe von Schwierigkeiten wollte sich kein „normaler“ Bauherr stellen – für Kallco waren die Probleme jedoch Ansporn, an diesem sensiblen Ort ein klares Statement für die architektonische und städtebauliche Verantwortung eines Bauherrn und Bauträgers abzugeben.“
Um die spezielle Grundstückskonfiguration zu bewältigen und die Sockelzone als Durchgangsraum freizuspielen, wurde ein mehrgeschossiger Balken (ein quasi selbsttragendes Brückenbauwerk aus Stahlbeton) über die Baulücke gespannt. Da die Fassade zum Museumsquartier baurechtliche eine Feuermauer ist, mussten Fensteröffnungen so knapp wie möglich bemessen werden. Pruscha entwickelte auf dieser Grundlagen die Idee der dynamischen „Fensterschlitze“, die in zwei Ebenen – eine in Sitzhöhe und eine in Stehhöhe – die Mauer in Längsrichtung scharf durchschneiden. Die Fassade an der Breitegasse ist im Gegenzug dazu in konventionellerer Form durch Fensterbänder geöffnet. Der „rostende“ Corten-Stahl als Außenhaut vermittelt zwischen den Steinfassaden der Museumsgebäude des MQ und den Putzfassaden des Bestandes und verleiht dem Gebäude eine selbstgewisse Eigenidentität. Das Projekt wurde mit dem ZV-Bauherrenpreis 2005 ausgezeichnet. (Text: Gabriele Kaiser)
Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien
Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzig
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