Bauwerk

Haus im Apfelbaum
DREER2 - Kritzendorf (A) - 2002
Haus im Apfelbaum, Foto: Bruno Klomfar
Haus im Apfelbaum, Foto: Bruno Klomfar

Ins Grüne gebettet

Ein bescheidenes Häuschen aus den Dreißigerjahren vollzog die Metamorphose zu einem attraktiven Lebensraum in idyllischer Lage.

24. Juni 2003 - Franziska Leeb
Ein Passus im Niederösterreichischen Raumordnungsgesetz gestattet die Erweiterung von „erhaltenswerten Bauten im Grünland“ auf eine Wohnnutzfläche von 130 Quadratmeter. Die etwas irreführende Bezeichnung „erhaltenswert“ bedeutet nicht unbedingt, dass das Gebäude besonderen Denkmalwert hat. Es reicht, dass es baubewilligt ist und das Landschaftsbild nicht wesentlich beeinträchtigt.

Andreas und Michaela Dreer vom Architekturbüro Dreer2 kam diese Regelung bei der Errichtung ihres neuen Wohnhauses auf einem Südhang bei Klosterneuburg entgegen. Das hier bestehende Häuschen Baujahr 1931 mit asymmetrischem Satteldach und Südbalkon wirkte zwar recht idyllisch, war für heutige Bedürfnisse aber in jeder Hinsicht unzureichend.

Die Behörde genehmigte die Modernisierung und Erweiterung unter der Auflage, die Kubatur des Altbestandes zu erhalten. Abzulesen ist diese nach erfolgtem Umbau an den mit sägerau belassenem Lärchenholz verschalten Fassaden.
Doch außer der Implikation des bestehenden Volumens blieb fast nichts beim Alten. Das Haus wurde um aluminiumverkleidete Boxen räumlich erweitert. Eine davon bildet einen schützenden Querriegel im Norden, der den an der Ostfassade liegenden Eingangsbereich überdeckt. Die andere kragt aus dem Obergeschoß nach Süden aus und spendet über der geräumigen Terrasse Schatten. Mindestens sieben Monate im Jahr kann die Freifläche damit als luftiger Zusatzraum genützt werden. Die Äste eines alten Apfelbaums geben nach Osten Flankenschutz.

Im Inneren herrscht nicht nur in den neuen Bauvolumina Großzügigkeit. Auch der Altbestand wurde entkernt und bietet jetzt im Obergeschoß bis zum Giebel erreichende Räume, die über Dachflächenfenster belichtet werden. Der Industrieparkettboden aus Nussholz ist nicht nur familientauglich robust, sondern bringt auch einen warmen Ton in die sehr groß wirkenden Räume.

Als Basismöblierung für jegliche Art von Stauraum dient ein Industrieregalsystem, das dank einfacher Steckverbindungen leicht zu verändern ist. Nach außen sichtbare Ablageflächen wurden mit Nussholzplatten veredelt. Kleiderschränke, Garderobe und sogar der Waschtisch wurden daraus gefertigt.

Veränderungspotenziale spielen überhaupt eine große Rolle beim „Haus im Apfelbaum“, wie Dreer 2 ihr Refugium nennen. Im Kinderzimmer sind alle Anschlüsse vorhanden, um irgendwann ein eigenes Badezimmer für den Nachwuchs abzutrennen. Und an der Fassade ist der Offenheitsgrad durch Schiebeelemente aus Lochblech, die Schatten und Sichtschutz spenden, regulierbar.

Die sehr großen Mauerdurchbrüche im Obergeschoß werden noch mit Schiebetüren versehen, um privatere Segmente zu schaffen. Aber auch dann wird das Raumkontinuum zwischen altem und neuem Volumen noch als zusammenhängende Wohn- und Spielfläche erhalten sein.


Schmaler Pfad

Der Zugang zum mitten im Grundstück liegenden Haus erfolgt über einen schmalen, 40 Meter langen Pfad, der sich durch das recht steile Gelände schlängelt. Von der Straße aus sind die neuen Ausmaße aufgrund dieser Situierung kaum erkennbar. Nur die Aluminiumverkleidung des Zubaus blitzt noch grell aus dem Obstgarten heraus. Mit der Zeit wird der Glanz weichen und auch das Lärchenholz vergrauen. Dann wird die Einbettung in die Landschaft so richtig vollzogen sein.

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Akteure

Architektur

Bauherrschaft
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Andreas Dreer

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