Bauwerk
Haus am Ossiacher See / Haus Kolig
Manfred Kovatsch - Ossiachberg (A) - 1977
Vom Gerüst zum Etui
15. September 2007 - Arno Ritter
Es gibt Bauten, die bewahren ihre Persönlichkeit, obwohl sie verändert wurden und nicht mehr so sind, wie sie einst gedacht waren. Auch wenn die Oberfläche gealtert, das einst honiggelbe Holz ergraut und die konzeptionelle Stringenz, die bildliche Reinheit der ersten Stunde vom gelebten Alltag transformiert und überformt wurden, behalten sie ihre ursprüngliche Qualität und architektonische Prägnanz. Denn gestimmte und stimmige Architektur – vorausgesetzt, sie wird von den Eigentümern erkannt und belebt – entwickelt sich mit dem Leben und den Bewohnern weiter, sie verliert nicht ihre Stärke, sondern formt sich zu einem zeitlosen Charakter.
Das Haus Kolig ist so eine architektonische Persönlichkeit, die trotz ihres Alters noch immer »frech« in der Landschaft steht und gleichzeitig ganz selbstverständlich den Hang besetzt und definiert. Obwohl das Haus an die Qualität der bäuerlichen Architektur erinnert, da es unter anderem aus der Tradition des anonymen Bauens dieser Region entwickelt, jedoch in die 1970er Jahre transformiert wurde und vielleicht auch deshalb noch immer modern ist, hätte es anfänglich beinahe nicht gebaut werden dürfen, da es vor allem von der Behörde und echten Kärntnern abgelehnt wurde.
Diese Erregten trafen die architektonische Ursprünglichkeit, die typologische Archaik und die stille Modernität des Hauses so sehr ins heimelnde Herz, dass nach seiner Errichtung sogar die Gefahr bestand, dass es von gerade diesen »Verbundenen« angezündet oder umgesägt werden hätte können. Am Anfang dieser schlichten Ikone der alpinen Moderne stand die Zusammenarbeit zwischen dem Künstler Cornelius Kolig, der wenige Jahre später mit der Errichtung einer komplexen Anlage, dem fantastischen und einzigartigen Gesamtkunstwerk »Paradies« in Vorderberg begann, und dem kurz zuvor aus Kalifornien zurückgekehrten Architekten Manfred Kovatsch, der sich im Rahmen seines Forschungsaufenthaltes mit dem amerikanischen Holzbau, energieorientierten Überlegungen im Bauwesen und vor allem mit Rudolf Schindler beschäftigt hatte.
Die erste Idee von Kovatsch, ein einfaches Holzgerüst mit »darüber gestülptem Holzspalier zu bauen, das bewachsen wie eine zweite Klimahülle wirken sollte«, war der konzeptionell radikale, gleichzeitig skulpturale Ausgangspunkt eines steten Entwicklungsprozesses, dessen vorübergehendes Zwischenergebnis von 1977, das vielfach publizierte und fotografierte Haus Kolig, im Laufe der Jahre von Cornelius und Doris Kolig sukzessive erweitert, adaptiert, verändert und in gewissem Sinn zu einem maßgeschneiderten Etui weiterentwickelt wurde.
Zwar gab es für Kovatsch auch einige Eingriffe – so wurde in die Westfassade ohne Rücksprache ein großes Fenster, ein »Landschaftsbild« geschnitten –, die er in dieser Form anfänglich problematisch fand, aber letztendlich wurde das Haus bis in die jüngste Vergangenheit auf Basis des anfänglichen Konzepts zu einem funktionalen Gesamtkunstwerk komplettiert.
Ursprünglich wurde das Haus – unter anderem auch aus ökonomischen Gründen – aus massiven Fichtenhölzern mit einfachsten Mitteln und ohne wirkliche Detailplanung innerhalb von drei Tagen aufgestellt, das Dach aus mehrlagigen Lärchenbrettern gedeckt und die Räume mit einfachem, naturbelassenem Fichtensperrholz »tapeziert«.
Den Zimmerleuten wurden das Modell und ein Werkplan zur Verfügung gestellt, die wichtigsten konstruktiven Knoten und Verbindungselemente zwar vom Statiker Horst Lintl aus München gezeichnet, die wesentlichen Entscheidungen bezüglich der Ausbaudetails jedoch an Ort und Stelle mit den Handwerkern getroffen und die Bauleitung an Cornelius Kolig übertragen, der ohne große praktische Vorkenntnisse, aber in telefonischem Kontakt mit Kovatsch in München den Entstehungsprozess des ungewöhnlichen Projekts betreute.
Betritt man das Haus heute und lebt sich in seine Persönlichkeit ein, dann nimmt man die Ambivalenz zwischen Tradition und Zeitlosigkeit wahr, spürt den Dialog der beiden Autoren. Denn unter der lärchenverschalten Hülle, die sukzessive eine rurale Anmut bekam – ohne wirklich kärntnerisch zu werden –, blieb ein utopischer Kern, jener widerständige Geist der 1970er Jahre erhalten, der mehr durch weniger erreichen wollte, ohne das Wesentliche zu verlieren oder minimalistisch zu wirken. Das Haus ist räumlich vielschichtig und in der Benutzung offen, einzigartig und gleichzeitig so allgemein gedacht, dass es überall, aber nur hier stehen kann. Es irritiert in gewissem Sinne angenehm und überzeugt durch den spielerischen, aber funktionalen Ansatz in der Lösung von Details und in der ungewohnten Materialisierung von Alltäglichem. Denn letztendlich wurde es aus unterschiedlichen Erfahrungen entwickelt, aus den Tiefenschichten des kollektiven und gleichzeitig individuellen Bewusstseins, das von Erlebnissen auf Heuböden, Kindheitsträumen und Raumutopien erzählt.
Das Haus kreiert einen uneindeutigen und gerade deshalb lebenswerten Raum, der ganz aus den damaligen Lebensumständen von Kovatsch und Kolig entwickelt wurde und die Zeit seither brauchte, um so zu bleiben, wie es anfänglich gedacht war.
Das Haus Kolig ist so eine architektonische Persönlichkeit, die trotz ihres Alters noch immer »frech« in der Landschaft steht und gleichzeitig ganz selbstverständlich den Hang besetzt und definiert. Obwohl das Haus an die Qualität der bäuerlichen Architektur erinnert, da es unter anderem aus der Tradition des anonymen Bauens dieser Region entwickelt, jedoch in die 1970er Jahre transformiert wurde und vielleicht auch deshalb noch immer modern ist, hätte es anfänglich beinahe nicht gebaut werden dürfen, da es vor allem von der Behörde und echten Kärntnern abgelehnt wurde.
Diese Erregten trafen die architektonische Ursprünglichkeit, die typologische Archaik und die stille Modernität des Hauses so sehr ins heimelnde Herz, dass nach seiner Errichtung sogar die Gefahr bestand, dass es von gerade diesen »Verbundenen« angezündet oder umgesägt werden hätte können. Am Anfang dieser schlichten Ikone der alpinen Moderne stand die Zusammenarbeit zwischen dem Künstler Cornelius Kolig, der wenige Jahre später mit der Errichtung einer komplexen Anlage, dem fantastischen und einzigartigen Gesamtkunstwerk »Paradies« in Vorderberg begann, und dem kurz zuvor aus Kalifornien zurückgekehrten Architekten Manfred Kovatsch, der sich im Rahmen seines Forschungsaufenthaltes mit dem amerikanischen Holzbau, energieorientierten Überlegungen im Bauwesen und vor allem mit Rudolf Schindler beschäftigt hatte.
Die erste Idee von Kovatsch, ein einfaches Holzgerüst mit »darüber gestülptem Holzspalier zu bauen, das bewachsen wie eine zweite Klimahülle wirken sollte«, war der konzeptionell radikale, gleichzeitig skulpturale Ausgangspunkt eines steten Entwicklungsprozesses, dessen vorübergehendes Zwischenergebnis von 1977, das vielfach publizierte und fotografierte Haus Kolig, im Laufe der Jahre von Cornelius und Doris Kolig sukzessive erweitert, adaptiert, verändert und in gewissem Sinn zu einem maßgeschneiderten Etui weiterentwickelt wurde.
Zwar gab es für Kovatsch auch einige Eingriffe – so wurde in die Westfassade ohne Rücksprache ein großes Fenster, ein »Landschaftsbild« geschnitten –, die er in dieser Form anfänglich problematisch fand, aber letztendlich wurde das Haus bis in die jüngste Vergangenheit auf Basis des anfänglichen Konzepts zu einem funktionalen Gesamtkunstwerk komplettiert.
Ursprünglich wurde das Haus – unter anderem auch aus ökonomischen Gründen – aus massiven Fichtenhölzern mit einfachsten Mitteln und ohne wirkliche Detailplanung innerhalb von drei Tagen aufgestellt, das Dach aus mehrlagigen Lärchenbrettern gedeckt und die Räume mit einfachem, naturbelassenem Fichtensperrholz »tapeziert«.
Den Zimmerleuten wurden das Modell und ein Werkplan zur Verfügung gestellt, die wichtigsten konstruktiven Knoten und Verbindungselemente zwar vom Statiker Horst Lintl aus München gezeichnet, die wesentlichen Entscheidungen bezüglich der Ausbaudetails jedoch an Ort und Stelle mit den Handwerkern getroffen und die Bauleitung an Cornelius Kolig übertragen, der ohne große praktische Vorkenntnisse, aber in telefonischem Kontakt mit Kovatsch in München den Entstehungsprozess des ungewöhnlichen Projekts betreute.
Betritt man das Haus heute und lebt sich in seine Persönlichkeit ein, dann nimmt man die Ambivalenz zwischen Tradition und Zeitlosigkeit wahr, spürt den Dialog der beiden Autoren. Denn unter der lärchenverschalten Hülle, die sukzessive eine rurale Anmut bekam – ohne wirklich kärntnerisch zu werden –, blieb ein utopischer Kern, jener widerständige Geist der 1970er Jahre erhalten, der mehr durch weniger erreichen wollte, ohne das Wesentliche zu verlieren oder minimalistisch zu wirken. Das Haus ist räumlich vielschichtig und in der Benutzung offen, einzigartig und gleichzeitig so allgemein gedacht, dass es überall, aber nur hier stehen kann. Es irritiert in gewissem Sinne angenehm und überzeugt durch den spielerischen, aber funktionalen Ansatz in der Lösung von Details und in der ungewohnten Materialisierung von Alltäglichem. Denn letztendlich wurde es aus unterschiedlichen Erfahrungen entwickelt, aus den Tiefenschichten des kollektiven und gleichzeitig individuellen Bewusstseins, das von Erlebnissen auf Heuböden, Kindheitsträumen und Raumutopien erzählt.
Das Haus kreiert einen uneindeutigen und gerade deshalb lebenswerten Raum, der ganz aus den damaligen Lebensumständen von Kovatsch und Kolig entwickelt wurde und die Zeit seither brauchte, um so zu bleiben, wie es anfänglich gedacht war.
Für den Beitrag verantwortlich: zuschnitt
Ansprechpartner:in für diese Seite: Kurt Zweifel