Bauwerk
Theater und Esslingen-Haus
Chyutin Architects - Givatayim (IL)
Eine Assemblage moderner Formen
Ein Spiel von Licht, Farben und Formen: Bracha und Michael Chyutins Theater und Esslingen-Haus in Givatayim.
15. Mai 1997 - Roman Hollenstein
Als weltweit grösstes Ensemble klassisch-moderner Baukunst gilt heute die Mittelmeermetropole Tel Aviv. Doch eine stürmische Entwicklung bedroht nun dieses Erbe. Denn was in der weissen Stadt seit einigen Jahren gebaut wird, ist meist nur Mittelmass. Vermehrt wehren sich dagegen aber selbstbewusste Architekten wie etwa Bracha und Michael Chyutin, die sich in ihrem Schaffen zurückbesinnen auf die moderne, vom Bauhaus und von Le Corbusiers Ideen geprägte Tradition des Landes. Davon zeugt nicht zuletzt ihr neustes Werk in der unmittelbar mit Tel Aviv zusammengewachsenen Nachbarstadt Givatayim. Es handelt sich um ein Kulturzentrum mit Gästehaus, das Ende 1996 fertiggestellt und jüngst als bester Bau der vergangenen Jahre in Israel mit dem Ze'ev-Rechter-Preis geehrt wurde.
Die 49jährige Bracha Chyutin und ihr um acht Jahre älterer Partner - beide Absolventen des Technions in Haifa - zählen zu einer neuen Generation von Architekten, die, anders als viele ihrer einst dem Betonbrutalismus verpflichteten älteren Kollegen, sensibel auf den urbanen Kontext reagieren. So sahen sie sich in Givatayim vorab mit zwei Fragen konfrontiert: Wie soll man auf die von modernen Bauten, postmodernen Blocks und Bürohäusern geprägte Stadtlandschaft antworten und wie ein Gästehaus mit einem Kulturzentrum kombinieren? Die Lösung des Problems fanden die Chyutins im Prinzip der Collage. Auf dieser Basis konzipierten sie ein entfernt an ein mediterranes Dorf erinnerndes Konglomerat von Bauten.
Entstanden ist eine Architekturplastik, die sich in einem kleinen Park ausbreitet; sie besteht aus mehreren dynamisch ineinander verschränkten Teilen, die bald auf Kurt Schwitters Assemblagen, bald auf Le Corbusiers skulpturales Werk anspielen. Jeder Funktion entspricht dabei ein durch Material und Farbe charakterisierter Körper. So wird das Gebäude - im Sinne einer neomodernistischen Interpretation des Prinzips «form follows function» - auf den ersten Blick lesbar. Die einzelnen Bauten ordnen sich dabei einem Grundriss unter, dessen beide orthogonalen, um 30 Grad gegeneinander gedrehten Systeme ganz präzis die Lage von Theater und Gästehaus definieren.
Gibt sich die Verschränkung der schwungvoll gekurvten Eingangshalle mit dem schräg in den Boden abgesenkten sandgelben Theatermonolithen leicht dekonstruktivistisch, so erinnert das über pilotis schwebende kalkgraue Gästehaus mit Rampe und Bandfenster an die Villa Savoye von Le Corbusier. Der hinter dem Eingang sich erhebende rosafarbene Liftturm schliesslich evoziert surrealistische Assoziationen, gemahnt aber auch an Dani Karavans frühes Meisterwerk: das Negev-Denkmal in Beerscheba.
Die im wechselnden Licht immer wieder neu wirkenden Formen verleihen mit ihrer gezielten Farbigkeit, die man als Antwort auf den Ort lesen möchte, dem klassisch-modernen Vokabular einen höchst zeitgemässen Touch. Die Vielzahl von Bildern, mit denen sich dieses expressive Gebäude dem Betrachter zu erklären weiss, ist charakteristisch für das Œuvre der seit 1981 zusammenarbeitenden Architekten: Ging es ihnen in Givatayim um eine Neuinterpretation der Moderne, so suchten sie bei der 1988 vollendeten Genia-Schreiber-Galerie der Universität von Tel Aviv die Auseinandersetzung mit Aalto, aber auch mit Richard Meier. Die ausdrucksstarken Fassaden ihres im Bau befindlichen Senatsgebäudes der Ben-Gurion-Universität in Beerscheba hingegen atmen mitunter Alvaro Sizas Geist. Zwar erinnert dieser aufgebrochene Monolith, der, anders als ihre früheren Bauten, kaum Aufschluss gibt über die Funktion des Gebäudes, an den Theaterkubus in Givatayim. Doch letztlich fallen Erscheinungsbild und Form der Häuser der Chyutins auf Grund unterschiedlicher Aufgabenstellungen und Orte jedesmal anders aus. Gleichwohl sind allen ihren Architekturen die vielfältigen Bezüge von Innen und Aussen, die internen Durchblicke, die raffinierte promenade architecturale sowie eine überlegte Lichtregie gemein.
Wie eine Freilichtbühne wirkt in Givatayim der Aalto verpflichtete Treppenaufgang mit dem dreiseitig gefassten Eingangshof. Im Innern des verglasten Foyers klingt die bühnenhafte Konzeption subtil weiter, so dass man von jedem Ort aus Einblick in andere Gebäudeteile hat. Rechts vom Eingang, wo noch eine Cafeteria eingerichtet werden soll, kann man über ein privates Treppenhaus den aufgeständerten Gästetrakt erreichen, zu dem auch ein separater Eingang führt. Links öffnet sich der mit 400 blauen Sesseln möblierte, mit rötlichem Holz ausgekleidete Theatersaal. Geradeaus hingegen gelangt man von der zu einem Balkon sich wandelnden Eingangshalle über eine Wendeltreppe hinunter ins Ausstellungsfoyer und von dort in das 180 Zuschauer fassende Kino: Ähnlich wie die äussere Erscheinung des Gebäudes lebt auch der architektonische Rundgang vom Spiel mit Licht und mit Volumen. Aus diesem resultiert ein Raumgefühl, das zu Recht als «breathtaking» bezeichnet wurde.
Die 49jährige Bracha Chyutin und ihr um acht Jahre älterer Partner - beide Absolventen des Technions in Haifa - zählen zu einer neuen Generation von Architekten, die, anders als viele ihrer einst dem Betonbrutalismus verpflichteten älteren Kollegen, sensibel auf den urbanen Kontext reagieren. So sahen sie sich in Givatayim vorab mit zwei Fragen konfrontiert: Wie soll man auf die von modernen Bauten, postmodernen Blocks und Bürohäusern geprägte Stadtlandschaft antworten und wie ein Gästehaus mit einem Kulturzentrum kombinieren? Die Lösung des Problems fanden die Chyutins im Prinzip der Collage. Auf dieser Basis konzipierten sie ein entfernt an ein mediterranes Dorf erinnerndes Konglomerat von Bauten.
Entstanden ist eine Architekturplastik, die sich in einem kleinen Park ausbreitet; sie besteht aus mehreren dynamisch ineinander verschränkten Teilen, die bald auf Kurt Schwitters Assemblagen, bald auf Le Corbusiers skulpturales Werk anspielen. Jeder Funktion entspricht dabei ein durch Material und Farbe charakterisierter Körper. So wird das Gebäude - im Sinne einer neomodernistischen Interpretation des Prinzips «form follows function» - auf den ersten Blick lesbar. Die einzelnen Bauten ordnen sich dabei einem Grundriss unter, dessen beide orthogonalen, um 30 Grad gegeneinander gedrehten Systeme ganz präzis die Lage von Theater und Gästehaus definieren.
Gibt sich die Verschränkung der schwungvoll gekurvten Eingangshalle mit dem schräg in den Boden abgesenkten sandgelben Theatermonolithen leicht dekonstruktivistisch, so erinnert das über pilotis schwebende kalkgraue Gästehaus mit Rampe und Bandfenster an die Villa Savoye von Le Corbusier. Der hinter dem Eingang sich erhebende rosafarbene Liftturm schliesslich evoziert surrealistische Assoziationen, gemahnt aber auch an Dani Karavans frühes Meisterwerk: das Negev-Denkmal in Beerscheba.
Die im wechselnden Licht immer wieder neu wirkenden Formen verleihen mit ihrer gezielten Farbigkeit, die man als Antwort auf den Ort lesen möchte, dem klassisch-modernen Vokabular einen höchst zeitgemässen Touch. Die Vielzahl von Bildern, mit denen sich dieses expressive Gebäude dem Betrachter zu erklären weiss, ist charakteristisch für das Œuvre der seit 1981 zusammenarbeitenden Architekten: Ging es ihnen in Givatayim um eine Neuinterpretation der Moderne, so suchten sie bei der 1988 vollendeten Genia-Schreiber-Galerie der Universität von Tel Aviv die Auseinandersetzung mit Aalto, aber auch mit Richard Meier. Die ausdrucksstarken Fassaden ihres im Bau befindlichen Senatsgebäudes der Ben-Gurion-Universität in Beerscheba hingegen atmen mitunter Alvaro Sizas Geist. Zwar erinnert dieser aufgebrochene Monolith, der, anders als ihre früheren Bauten, kaum Aufschluss gibt über die Funktion des Gebäudes, an den Theaterkubus in Givatayim. Doch letztlich fallen Erscheinungsbild und Form der Häuser der Chyutins auf Grund unterschiedlicher Aufgabenstellungen und Orte jedesmal anders aus. Gleichwohl sind allen ihren Architekturen die vielfältigen Bezüge von Innen und Aussen, die internen Durchblicke, die raffinierte promenade architecturale sowie eine überlegte Lichtregie gemein.
Wie eine Freilichtbühne wirkt in Givatayim der Aalto verpflichtete Treppenaufgang mit dem dreiseitig gefassten Eingangshof. Im Innern des verglasten Foyers klingt die bühnenhafte Konzeption subtil weiter, so dass man von jedem Ort aus Einblick in andere Gebäudeteile hat. Rechts vom Eingang, wo noch eine Cafeteria eingerichtet werden soll, kann man über ein privates Treppenhaus den aufgeständerten Gästetrakt erreichen, zu dem auch ein separater Eingang führt. Links öffnet sich der mit 400 blauen Sesseln möblierte, mit rötlichem Holz ausgekleidete Theatersaal. Geradeaus hingegen gelangt man von der zu einem Balkon sich wandelnden Eingangshalle über eine Wendeltreppe hinunter ins Ausstellungsfoyer und von dort in das 180 Zuschauer fassende Kino: Ähnlich wie die äussere Erscheinung des Gebäudes lebt auch der architektonische Rundgang vom Spiel mit Licht und mit Volumen. Aus diesem resultiert ein Raumgefühl, das zu Recht als «breathtaking» bezeichnet wurde.
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