Bauwerk

Einfamilienhaus
Rita Reisinger, Johannes Scheurecker - Taufkirchen (A) - 1999
Einfamilienhaus, Foto: Manfred Seidl
Einfamilienhaus, Foto: Manfred Seidl

Im Freien und doch zu Hause

Die Nachbarn bauen Minivillen mit Minifenstern und Riesendächern. Rita Reisinger und Johannes Scheurecker zeigen, dass es anders und besser geht.

14. Februar 2001 - Gert Walden
Schärding - „Wollen Sie da eine Garage bauen“, unkten die Anrainer eines engagierten Auftraggebers. Der Vergleich zwischen gebauter Massenware und Architekturqualität macht allerdings sicher: statt winziger Fenster im Schießschartenformat großzügige Glasflächen, statt leerer Walmdächer ein Flachdach mit einem voll ausgebauten Geschoß, statt Miniaturvillen ein Haus, das offen und sinnvoll geplant ist.

Die beiden jungen Architekten Rita Reisinger und Johannes Scheurecker haben sich nicht an die schlechten Konventionen gehalten, sondern den Bewohnern des Hauses nahe Schärding neue Wohnerlebnisse geschaffen. Das Ergebnis ist eine jener „Kisten“, wie sie zurzeit en vogue sind, und die sich dennoch in Raumkonzeption und Detail von der Architektenkonfektion abhebt. Zunächst einmal „schwebt“ - getrennt durch ein Glasband - das obere Stockwerk über dem Parterre. Fein, leicht, auskragend schiebt sich die Etage in die Landschaft hinein, während das Haus mit seiner hakenförmigen Einfassungsmauer den Anspruch der Architektur auf den Bauort erhebt.

Während das obere Stockwerk mit seinen kabinenförmig angelegten Zimmern den Privaträumen vorbehalten ist, öffnet sich das Wohnzimmer zur Natur, lediglich geschützt durch eine zarte Stahl/Glaskonstruktion, die als Filter das Raumerlebnis zwischen innen und außen verstärkt. Durchblick war das zentrale Thema beim Entwurf.

Ein geringfügiger Niveauunterschied wurde genützt, um den Essplatz wie eine Kommandobrücke zu konfigurieren: mit Sicht über das Wohnzimmer ins Freie und über die Küche und dem schmalen Fensterband wieder hinaus in die Umgebung. Das Sonnenlicht fließt wie eine sanfte Welle durch das Haus, macht die Oberflächenstruktur von Holz, Putz und Beton zum sensiblen Dreiklang der Materialwirkungen. Doch die Lichtregie ist damit noch nicht erschöpft. Als starke Vertikale bringt das offene Stiegenhaus wieder Helligkeit, akzentuiert „nur“ mithilfe der Öffnungen ein Koordinatensystem aus Länge, Breite und Höhe, um auch im Inneren ein Gefühl für den besonderen Ort zu bringen.

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Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Johannes Süss
Margit Süss Amon

Tragwerksplanung

Fotografie