Bauwerk
Badehaus Neuwaldegg
Georg Marterer - Wien (A) - 1996
14. September 2003 - Az W
Die Architektur - das gebaute Haus - wird oft als dritte Haut bezeichnet. Alle drei Häute, die biologische und die beiden künstlich geschaffenen, erfüllen Schutzfunktionen. Der Mensch an sich ist nicht gern unverhüllt. Er sucht Schutz vor Witterungseinflüssen, Schutz vor Intimsphäre und Schutz vor Angriffen durch Feinde. Die Wertigkeiten der Schutzbedürfnisse verändern sich ständig und sind der gesellschaftlichen und Individuellen Entwicklung unterworfen. Die Reduktion der Schutzfunktionen in der Architektur auf das Wesentliche ist an Gebäuden festzumachen, die nur eben diese Funktion erfüllen.
In der Kleingartensiedlung in Wien Neuwaldegg, abseits der Großstadt und fern jeder infrastrukturellen Erschließung, ist auf einer 928 M2 großen, langgestreckten Parzelle ein solches Gebäude entstanden. Die Bauordnung bestimmte Größe und Ausstattung und gibt den jeweiligen Namen „Badehütte“ vor. Denn in Wald und Wiesengürtel um die Stadt Wien herum ist lediglich die Errichtung solcher Badehütten erlaubt, obwohl es weit und breit keine Gewässer zum Baden gibt. Der Gesetzgeber dachte wohl eher an Sonnenbaden.
Der Architekt Georg Marterer baute für die Familie Kretschy so eine Badehütte in einem flexiblen Modulsystem: Quadratischer Raster in Grund und Aufriß ( 2,20mx2,20 m), jederzeit und in jede Richtung beliebig erweiterbar. Im jetzigen Zustand mißt sie etwa 22 m². Dass der Architekt hier „baute“ ist wörtlich zu verstehen, denn Georg Marterer setzte die Hütte eigenhändig zusammen. Die Pfosten-Riegel-Konstruktion aus Holz wird mit Tauen unprätentiös ausgefacht. Einfache Details zeigen konsequent und offen die Abtragung der Lasten und lassen keinen Zweifel an der Möglichkeit einer jederzeitigen Demontage. Das ungehobelte Holz wird im Laufe der Jahre eine silbergraue Patina ansetzten und das Gehäuse mit der Natur eins werden lassen. Die Wände aus horizontal paralell verlaufenden Latten bieten den notwendigen Schutz vor Wind und Regen, aber auch - und vor allem - vor unliebsamen Einblicken. Das Aluminium-Wellblechdach gibt den nötigen Schutz gegen den freien Himmel.
Die Badehütte steht quer zum langgestreckten Grundstück. Eigentlich steht sie nicht, vielmehr schwebt sie. Die Pfosten sind über Stahlstifte in ine kleine Fundamentplatte eingelassen, der Boden aus sägerauen Dielen ist abgesetzt vom Rasen und ermöglicht ausreichende Belüftung. Der quergestellte Riegel trennt das Grundstück in einen halböffentlichen „Vorgarten“ und einen abgeschiedenen, ganz privaten Bereich. Ein Kiesweg, in seinen Abmessungen dem Modulsystem angeglichen, führt unter der Badehütte hindurch. An seine Schnittstelle mit der Hütte ist das Gebäude völlig offen belassen und bildet auf diese Weise erst das Eingangsportal zum Garten. Wie ein Bild rahmt die Konstruktion das Grün im Hintergrund. Die beiden mittleren Module sind zum Erschließungsweg komplett, zum Garten hin brüstungshoch geschlossen. Hier befindet sich der eigentliche Aufenthaltsbereich, geschützt gegen die Öffentlichkeit jedoch offen für die Natur. Das vierte Modul ist komplett mit Latten geschlossen und innen zusätzlich verglast. Der würfelförmige Raum bietet Platz zum Unterstellen von Gerätschaften und Möbeln.
Die extrem niedrigen Baukosten von 30000 Schilling und die erwähnte Flexibilität könnten die problemlos montierbare Badehütte zu einem Prototyp werden lassen. Die im besten Sinne einfach Form reduziert die Funktion auf ein Minimum und erreicht in deren Erfüllung ein Maximum. Die hohe ästhetische Qualität läßt hoffen, daß die Beauftragung von Architekten mit derart minimalen Bauaufgaben Schule macht. Das Engagement der Bauherrn in Sachen Architektur ist in Kleingartensiedlungen und Wochenenddomizilen äußerst rar. Sehen doch die meisten Gebäude dieser Gattung aus wie Miniaturen von Bauernhöfen oder mediterranen Villen. Umso erfreulicher, daß unweit der Badehütte der Architekt Georg Marterer die Möglichkeit bekommen hat, ein Wochenendhaus zu bauen, das ähnlich strengen Prinzipien folgt und sich mit seiner Stahlskelettkonstruktion angenehm von den umliegenden Bauten unterscheiden wird. (Text: Jürgen Eicher)
In der Kleingartensiedlung in Wien Neuwaldegg, abseits der Großstadt und fern jeder infrastrukturellen Erschließung, ist auf einer 928 M2 großen, langgestreckten Parzelle ein solches Gebäude entstanden. Die Bauordnung bestimmte Größe und Ausstattung und gibt den jeweiligen Namen „Badehütte“ vor. Denn in Wald und Wiesengürtel um die Stadt Wien herum ist lediglich die Errichtung solcher Badehütten erlaubt, obwohl es weit und breit keine Gewässer zum Baden gibt. Der Gesetzgeber dachte wohl eher an Sonnenbaden.
Der Architekt Georg Marterer baute für die Familie Kretschy so eine Badehütte in einem flexiblen Modulsystem: Quadratischer Raster in Grund und Aufriß ( 2,20mx2,20 m), jederzeit und in jede Richtung beliebig erweiterbar. Im jetzigen Zustand mißt sie etwa 22 m². Dass der Architekt hier „baute“ ist wörtlich zu verstehen, denn Georg Marterer setzte die Hütte eigenhändig zusammen. Die Pfosten-Riegel-Konstruktion aus Holz wird mit Tauen unprätentiös ausgefacht. Einfache Details zeigen konsequent und offen die Abtragung der Lasten und lassen keinen Zweifel an der Möglichkeit einer jederzeitigen Demontage. Das ungehobelte Holz wird im Laufe der Jahre eine silbergraue Patina ansetzten und das Gehäuse mit der Natur eins werden lassen. Die Wände aus horizontal paralell verlaufenden Latten bieten den notwendigen Schutz vor Wind und Regen, aber auch - und vor allem - vor unliebsamen Einblicken. Das Aluminium-Wellblechdach gibt den nötigen Schutz gegen den freien Himmel.
Die Badehütte steht quer zum langgestreckten Grundstück. Eigentlich steht sie nicht, vielmehr schwebt sie. Die Pfosten sind über Stahlstifte in ine kleine Fundamentplatte eingelassen, der Boden aus sägerauen Dielen ist abgesetzt vom Rasen und ermöglicht ausreichende Belüftung. Der quergestellte Riegel trennt das Grundstück in einen halböffentlichen „Vorgarten“ und einen abgeschiedenen, ganz privaten Bereich. Ein Kiesweg, in seinen Abmessungen dem Modulsystem angeglichen, führt unter der Badehütte hindurch. An seine Schnittstelle mit der Hütte ist das Gebäude völlig offen belassen und bildet auf diese Weise erst das Eingangsportal zum Garten. Wie ein Bild rahmt die Konstruktion das Grün im Hintergrund. Die beiden mittleren Module sind zum Erschließungsweg komplett, zum Garten hin brüstungshoch geschlossen. Hier befindet sich der eigentliche Aufenthaltsbereich, geschützt gegen die Öffentlichkeit jedoch offen für die Natur. Das vierte Modul ist komplett mit Latten geschlossen und innen zusätzlich verglast. Der würfelförmige Raum bietet Platz zum Unterstellen von Gerätschaften und Möbeln.
Die extrem niedrigen Baukosten von 30000 Schilling und die erwähnte Flexibilität könnten die problemlos montierbare Badehütte zu einem Prototyp werden lassen. Die im besten Sinne einfach Form reduziert die Funktion auf ein Minimum und erreicht in deren Erfüllung ein Maximum. Die hohe ästhetische Qualität läßt hoffen, daß die Beauftragung von Architekten mit derart minimalen Bauaufgaben Schule macht. Das Engagement der Bauherrn in Sachen Architektur ist in Kleingartensiedlungen und Wochenenddomizilen äußerst rar. Sehen doch die meisten Gebäude dieser Gattung aus wie Miniaturen von Bauernhöfen oder mediterranen Villen. Umso erfreulicher, daß unweit der Badehütte der Architekt Georg Marterer die Möglichkeit bekommen hat, ein Wochenendhaus zu bauen, das ähnlich strengen Prinzipien folgt und sich mit seiner Stahlskelettkonstruktion angenehm von den umliegenden Bauten unterscheiden wird. (Text: Jürgen Eicher)
Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien
Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzig
Akteure
ArchitekturBauherrschaft
Elisabeth Kretschy
Tragwerksplanung