Bauwerk

Wohnanlage ´Nüziders´
Baumschlager Eberle Architekten - Nüziders (A) - 1996
Wohnanlage ´Nüziders´, Foto: Eduard Hueber
Wohnanlage ´Nüziders´, Foto: Eduard Hueber
14. September 2003 - Az W
Carlo Baumschlager und Dietmar Eberle befassen sich schon seit langem speziell mit Wohnbau: und zwar vor allem mit der Optimierung des Preis-Leistungs-Verhältnisses, gerade auch im Hinblick auf Umweltverträglichkeit, auf Raumverbrauch und Energiekosten. Was im Lauf der Jahre dabei entstanden und vielfach erprobt worden ist, das sind äußerst komprimierte, kompakter ökonomisch ausgereizte Vierspännertypen, die einfach sehr sehr viel können. Und kostengünstiger Wohnbau der zählt ja auch heute noch zur architektonischen Pflicht.
Aber es gibt etwas, das dieser Baukörpertypus nur bedingt zu leisten vermag: Die maßgeschneiderte Komposition für den besonderen Ort, die differenzierte Bezugnahme zum Außenraum, die will damit nur teilweise gelingen, Baumschlager und Eberle verstehen sich zwar darauf, diesen Wohnbauten auch formal reizvolle Karosserien anzumessen aber städtebauliche und architektonische Haute Couture der Sonderklasse resultiert üblicherweise nicht daraus.
Das ist beim Geschoßwohnungsbau in Nüziders anders. Und es ist anders, weil die Rahmenbedingungen andere sind. Denn diese beiden Wohnhäuser stehen nicht einfach auf der grünen Wiese einer städtischen Peripherie, sie stehen in einer Einfamilienhaus-Gegend, die aber landschaftlich höchst spektakuläre Aussichtsqualitäten bietet. Und genau dieser Lagevorteil ist jetzt auch das Thema der Architektur. Die Baukörper selbst sind dabei einfach, klar, elegant, zu ihrer zweifelhaften Umgebung gehen sie sichtlich auf Distanz.
Das in diesem Umfeld ungewohnte Flachdach betont den kubischen Charakter der Architektur vor allem an der Straßenseite. Beim größeren, langgestreckten und signifikant abgetreppten Bauvolumen treten an der Rückseite die Wintergärten als plastische Elemente hervor, im kleineren Haus sorgt für solche Plastizität das eingeschobene Element einer Loggia. Baumschlager und Eberle haben eine gerade im Zusammenhang mit kubischer Architektur sehr ungewöhnliche Fassadenlösung gewählt: Sie haben ihre Baukörper mit Lärchenholzschindeln „bekleidet“.
Das ist in der Region zwar ein traditionelles und unter den klimatischen Bedingungen dieser Höhenlage vielfach bewährtes, auch langfristig haltbares Material im Vokabular der zeitgenössischen Architektur kommt es bislang aber nur ausnahmsweise vor - bei einem sehr schönen Einfamilienhaus zum Beispiel, das die Architekten in Bregenz gebaut haben. Auch dort hatten sie ja schon vorgeführt, dass Schindeln nicht zwangsläufig zu bodenständiger Rustikalität, zu regionalistischem Kitsch führen.
Man muss hinzufügen, dass es auch sehr daneben gehen hätte können, in dieser maßstäblich sicher nicht städtischen Umgebung Geschoßwohnungsbau zu realisieren. Da war die Gliederung in zwei Baukörper schon eine wichtige und richtige Entscheidung, und die Fassadenlösung ist es offensichtlich auch. Sie verharmlost die Häuser aber nicht, sie liefert einfach eine wirklich schöne und für diesen Ort passende Oberfläche. (Text: Liesbeth Waechter-Böhm, 07.05.2001)

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

Akteure

Architektur

Bauherrschaft
MARTIN Treuhand

Tragwerksplanung

Fotografie

KOOPERATIONEN