Bauwerk

Wohnbau Tokiostraße
Ablinger, Vedral & Partner - Wien (A) - 2004
Wohnbau Tokiostraße, Foto: Manfred Seidl
Wohnbau Tokiostraße, Foto: Manfred Seidl

Differenziert gegliederte Dichte

In Kagran gelang den Architekten Ablinger, Vedral & Partner ein locker wirkender Wohnbau der GSG mit hoher Dichte. Eine gehsteigüberragende Arkadenzone, luftige Laubengangbrücken, verglaste Stiegenhäuser und ein niederer, zarter Südtrakt gliedern die Baumassen. Dachterrasse, Ecklokal, Kinderspielraum und das begrünte Garagendach im Hof sorgen für Gemeinschaftsleben, Loggien und Balkone für privaten Freiraum.

2. April 2005 - Isabella Marboe
Seit die U1 die Donau überbrückt und so den jenseitigen Bezirk näher zur City brachte, ist Kagran deklariertes Stadterweiterungsgebiet, der dortige Mall-Magnet Donauzentrum verzeichnet derzeit 18 Millionen Besucher pro Jahr. Längst wichen viele alte Gärtnereien neuen sozialen Wohn- und Infrastrukturbauten in attraktiver Alte-Donau-Nähe.

Ein junges Kagraner Baufeld liegt haarscharf an der Bezirksgrenze Dückeg. zwischen Donaufelderstr. und Prandaug. Am Südende steht der Kindergarten von Martin Kohlbauer, wo die Nippongasse einmündet, wächst ein 250-Betten-Geriatriezentrum von Gustav Peichl & Partner empor. Hier verkaufte der Wohnfonds Wien (WBSF) Bodenreserven an Sozialbauträger. Fördergelder sind an einen Grundkostenanteil von maximal 220 Euro pro Quadradmeter Wohnfläche gebunden, was dazu zwingt, Parzellen optimal auszunutzen. Sehr hohe Dichte war beim neuen GSG-Wohnbau gefordert. 108 Wohnungen von über 20 Typen, fast alle mit Balkon oder Loggia, planten Ablinger, Vedral & Partner in drei Bauteilen. Konstruktiv bestehen sie aus Stahlbetonscheiben, Orientierung nach der Sonne, Vollwärmeschutz und Isolierglas bringen Niedrigenergiestandard.

Ein achtstöckiger, 16 Meter tiefer, 65 Meter langer Riegel mit Arkaden säumt die westliche Nippongasse, flankierend fassen ein ebenso hoher und tiefer Nordbauteil und ein mit acht Meter Tiefe viel zarterer, lichtmäßig privilegierter Südtrakt den Innenhof ein. Um die Sonne nicht zu sehr abzuschirmen ist er zwei Stöcke niederer. Ein offener, hofquerender Nord-Süd-Durchgang und luftig schwebende Laubengangbrücken ab dem dritten Obergeschoss leiten filigran zum Riegel über. Abgehängte Pflanzentröge führen das Hofgrün zur Dachterrasse für alle weiter. Oben sitzt man windgeschützt an der gewölbten Sichtbetonwand bei Südsonne mit Donau-Panorama plus Millenniumstower.

Eisiger Wind bläst über die Gasse, die bis vor kurzem Tokiostraße hieß. Exotik im Namen und Wind blieben, lindernd ragen die Arkaden übers Trottoir. Horizontale, schmale Anthrazitpaneele zwischen Holzleisten gliedern elegant den 4,5 Meter hohen, gedeckten Sockel, durch auflockernd verschieden hohes Glas lugt man in den Kinderspielraum. Hier blicken auch Knirpse durch, über der Miniküche ist innen eine Galerie, die Hofverglasung bringt Licht und Blick zu Kids, die am begrünten Garagendach spielen. Ebenso transparent ist das Lokal am Arkadensüdeck, dunkelrotes Glas setzt feine Akzente, ein Cafetier wird soziales Leben in die neue Straße bringen.

In Riegelmitte sind durchgesteckte Maisonetten mit hofseitigen Laubengängen an Eingangsflur und zweizeiliger Küche. Ihr Fensterband hat Ostsonne, keine Tür trennt vom großen Wohnraum mit Westloggia. Viel Höhe bietet ein Luftraum an der einläufigen Treppe in die obere Schlafebene mit Sanitärblock in der dunklen Mitte. Sowohl der große Raum im Westen als auch die zwei kleinen im Osten haben Balkon. Wie Passepartouts rahmen weiße Mauerbänder zartwandig getrennte Loggien an der Straße. Glas, Lochblech-Anthrazitbrüstungen und das Wechselspiel aus Balkon und Loggia geben der Fassade Plastizität. Die lichtmäßig schwierige 16-Meter-Tiefe wird zum Mehr an Privatfreiraum, der Ost-und Westsonne hereinlockt. An den Riegelenden liegt je ein Dreispänner ums verglaste Stiegenhaus, das gelenksartig die Seitentrakte anbindet. Wie eine Brücke schwebt ein schmaler Appendix im Norden über die Straße, dockt als gedeckte Arkadenverlängerung an Elsa Prochazkas Nachbarbau an. Die Garage führt im Erdgeschoss zum Sondertyp: Man wohnt im ersten Stock mit Südterrasse zum Hof, das Galerienordlicht erhellt das hohe Entree. Das variierte Motiv des Mauerrahmens um Glas- Anthrazit-und Metallbänder eint die differenziert gegliederte Anlage.

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