Bauwerk
Wohnungsumbau
EXIKON - Wien (A) - 2005
Gründerzeit reloaded
Trotz kleinen Budgets sorgten die exikon-Architekten beim Um- und Ausbau einer Gründerzeitwohnung in Wien für klare, neue Verhältnisse in der alten Substanz.
17. Juni 2006 - Isabella Marboe
Wien hat viele Gründerzeithäuser: Stilzitatreich schmücken sie gutbürgerliche Bezirke mit dem Glanz alter Zeiten, ihre spekulative Kehrseite zeigt sich stadtauswärts an den kargen Zinshäusern für die soziale Unterschicht. Hier Raumfluchten und Freitreppen, dort Zimmer, Küche, Kabinett mit Abort am Gang.
Die exikon-Architekten sahen die Gründerzeit ambivalent: Einerseits spiegelt die Hierarchie aus repräsentativer Schau- und dunkler Rückseite damalige Gesellschaftsverhältnisse, andererseits bieten die soliden Häuser mit den hohen Räumen eine starke Struktur. Die Baumasse wird zur Matrix, die sich beliebig neu beschreiben, beleben, anzapfen, umnutzen, aushöhlen und updaten lässt.
Ein Objekt zur bauherrenbedarfsgerechten Umsetzung dieser Idee fand sich in der Liebhartsgasse 32, die von der hier noch sehr geschäftsbelebten Thaliastraße ins graue Ottakringer Hinterland vorstößt. Kfz-Werkstätten, Garagen und Kleinbetriebe prägen die Sockelzonen der Gründerzeithäuser, die sich bis auf wenige Baulückenfüllungen geschlossen zur Gasse reihen.
Der Bestand ist ein typisches, 1886 gebautes Vorstadthaus: eine fast schmucklose Lochfassade zur Straße, hinter den größeren Seitenfenstern sind zwei durchgesteckte Außenwandwohnungen, in der Mitte zwei Zimmer-Kabinett-Typen mit Klo am Gang. Im obersten Stock wurden zwei Einheiten frei, die sich zusammenlegen und die Option auf Erweiterung und Dachausbau offen ließen.
Freie Architektenhand
Der Bauherr schlug zu, die exikon-Architekten hatten wenig Budget, volles Vertrauen und freie Hand, um zeitgemäßen Komfort, Schlaf-Schrank-Raum und Wohnküche mit amerikanischem Kühlschrank zum genussvollen Privatleben zu zweit und mit Freunden in die Substanz zu bringen. Um eine neutrale Hülle zu schaffen, wurden alle Boden-, Tapeten- und Putzschichten diverser Vormieter entfernt, Wände weiß gestrichen und eine leichte Rigipsdecke mit Lichtspots eingezogen.
Ein neuer Estrich mit Fußbodenheizung bildet den bereinigten Baugrund der Substanz, dessen fensterreiche Sonnenseite an der Straße liegt. Hier schafft die Entfernung einer Zwischenwand den Sonnenseiten des Wohnens doppelten Raum zum Kochen, Essen, Feiern.
Schwebendes Parkett
Zwei wandflankierende, dimmbare Lichtstreifen im Boden tauchen die Mauern in einen immateriellen Schleier von Helligkeit, lassen das Merbau-Parkett schwebend wirken und zeigen, wo die alte Hülle endet und der fliegende Teppich des Lebens beginnt. Auf der Rückseite der Kaminmittelwand, gleichsam am Verkehrsweg des Hauses, zeigen zwei Mattglasscheiben in der Wand die Umschreibung der Matrix an. Bereichert um ein gläsern hell verspiegeltes, geräumiges Bad mit wellnesstauglicher Wanne und schrägem Mobiliar, wanderte das Klo vom Gang hinein hinter die sechsteilige Schiebefaltwand auf Rollen. Als weiße Fläche begrenzt sie den Vorraum, birgt aber Garderobe, Kasten, WC, Waschmaschine und den Durchgang zum Bad am begehbaren Schlafzimmerschrank in sich. Jedes Wandelement ist auch Tür und wegfaltbar, die Schienenkonstruktion von der Decke abgehängt, so bleibt die Raumhöhe immer spürbar.
Im Hof, in dem früher eine Lackfabrik war, steht nun zwischen nachbarlichen Grünoasen ein glasgedeckter Zubau für Räder und Grillfeste. Nur das letzte Zimmer an der Außenwand, einst eine Küche, hat ein Fenster zum Hof: eine bis dato nutzungsfreie Raumverheißung für alle möglichen Zwecke, vom Büro bis zum Aufstieg aufs Dach.
Die exikon-Architekten sahen die Gründerzeit ambivalent: Einerseits spiegelt die Hierarchie aus repräsentativer Schau- und dunkler Rückseite damalige Gesellschaftsverhältnisse, andererseits bieten die soliden Häuser mit den hohen Räumen eine starke Struktur. Die Baumasse wird zur Matrix, die sich beliebig neu beschreiben, beleben, anzapfen, umnutzen, aushöhlen und updaten lässt.
Ein Objekt zur bauherrenbedarfsgerechten Umsetzung dieser Idee fand sich in der Liebhartsgasse 32, die von der hier noch sehr geschäftsbelebten Thaliastraße ins graue Ottakringer Hinterland vorstößt. Kfz-Werkstätten, Garagen und Kleinbetriebe prägen die Sockelzonen der Gründerzeithäuser, die sich bis auf wenige Baulückenfüllungen geschlossen zur Gasse reihen.
Der Bestand ist ein typisches, 1886 gebautes Vorstadthaus: eine fast schmucklose Lochfassade zur Straße, hinter den größeren Seitenfenstern sind zwei durchgesteckte Außenwandwohnungen, in der Mitte zwei Zimmer-Kabinett-Typen mit Klo am Gang. Im obersten Stock wurden zwei Einheiten frei, die sich zusammenlegen und die Option auf Erweiterung und Dachausbau offen ließen.
Freie Architektenhand
Der Bauherr schlug zu, die exikon-Architekten hatten wenig Budget, volles Vertrauen und freie Hand, um zeitgemäßen Komfort, Schlaf-Schrank-Raum und Wohnküche mit amerikanischem Kühlschrank zum genussvollen Privatleben zu zweit und mit Freunden in die Substanz zu bringen. Um eine neutrale Hülle zu schaffen, wurden alle Boden-, Tapeten- und Putzschichten diverser Vormieter entfernt, Wände weiß gestrichen und eine leichte Rigipsdecke mit Lichtspots eingezogen.
Ein neuer Estrich mit Fußbodenheizung bildet den bereinigten Baugrund der Substanz, dessen fensterreiche Sonnenseite an der Straße liegt. Hier schafft die Entfernung einer Zwischenwand den Sonnenseiten des Wohnens doppelten Raum zum Kochen, Essen, Feiern.
Schwebendes Parkett
Zwei wandflankierende, dimmbare Lichtstreifen im Boden tauchen die Mauern in einen immateriellen Schleier von Helligkeit, lassen das Merbau-Parkett schwebend wirken und zeigen, wo die alte Hülle endet und der fliegende Teppich des Lebens beginnt. Auf der Rückseite der Kaminmittelwand, gleichsam am Verkehrsweg des Hauses, zeigen zwei Mattglasscheiben in der Wand die Umschreibung der Matrix an. Bereichert um ein gläsern hell verspiegeltes, geräumiges Bad mit wellnesstauglicher Wanne und schrägem Mobiliar, wanderte das Klo vom Gang hinein hinter die sechsteilige Schiebefaltwand auf Rollen. Als weiße Fläche begrenzt sie den Vorraum, birgt aber Garderobe, Kasten, WC, Waschmaschine und den Durchgang zum Bad am begehbaren Schlafzimmerschrank in sich. Jedes Wandelement ist auch Tür und wegfaltbar, die Schienenkonstruktion von der Decke abgehängt, so bleibt die Raumhöhe immer spürbar.
Im Hof, in dem früher eine Lackfabrik war, steht nun zwischen nachbarlichen Grünoasen ein glasgedeckter Zubau für Räder und Grillfeste. Nur das letzte Zimmer an der Außenwand, einst eine Küche, hat ein Fenster zum Hof: eine bis dato nutzungsfreie Raumverheißung für alle möglichen Zwecke, vom Büro bis zum Aufstieg aufs Dach.
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