Bauwerk
Neugestaltung Jungfernstieg Hamburg
WES GmbH LandschaftsArchitektur - Hamburg (D) - 2006
Stadt, Treppe, Alster
Neugestaltung des Hamburger Jungfernstiegs
13. Oktober 2006 - Heinrich Wähning
Gier und Hybris waren die Geburtshelfer eines der schönsten Stadträume Europas: Im 13. Jahrhundert zweimal in Folge zum Betrieb von Getreidemühlen gestaut, überflutete das Wasser der Alster weit mehr von Hamburg, als man berechnet hatte. Ein halbes Jahrtausend später kam der südliche Staudamm zu seiner vornehmen Bestimmung, nach Heinrich Heine: sitzen, nichts denken, Jungfern auf dem Stieg nachschauen. Wurden die auch bald seltener, blieb ein großartiges Panorama; nur war durch die zumeist verkehrstechnisch bedingten Überformungen des Jungfernstiegs in der jüngsten Vergangenheit die Einheit von Hausfront, Straße und Uferzone mit dem Großraum der Alster kaum noch erlebbar. So ist es ein Glücksfall, dass beim internationalen Wettbewerb vor vier Jahren (Heft 29/02) die Arbeit der Hamburger Landschaftsplaner WES & Partner und des Architekten André Poitiers prämiert wurde, deren zentrale Absicht – und Erfolg – es war, Stadt und Wasser wieder zusammenzubringen. Dabei sind alle Einzelmaßnahmen bis zu Details der Nachtbeleuchtung immer auf die großräumige Einbindung bedacht.
Die zuvor unklar konturierte Uferkante wurde um fast acht Meter zurückgesetzt, wovon auch der so ans Wasser gerückte Alsterpavillon profitiert. Der zum Wasser leicht abfallende neue Platz ist nahezu auf ganzer Länge abgetreppt: ein lineares Amphitheater. Sein östliches Ende wird durch eine Bastion gehalten, die Weiteres leistet; im Inneren findet die Verwaltung der Alstertouristik Platz, und oberirdisch erhalten die Alsterarkaden ein Pendant, das die bedeutsame Raumfolge zum Rathausplatz stärkt.
Auf der Stadtseite wurde der Gehsteig verbreitert und wie der Platz am Wasser mit sandfarbenem Betonwerkstein belegt, was noch im Herbstlicht dem Ganzen ein freundlich-südländisches Gepräge verleiht, vor allem aber beide Seiten wirkungsvoll zusammenfasst. Dem dient auch die wohl mutigste Entscheidung: die zu Beginn der 70er Jahre vor der Häuserfront und auf den Mittelstreifen gepflanzten Bäume wieder zu entfernen. Neue Silberlinden gegenüber komplettieren nun den freigeräumten Jungfernstieg zum Boulevard. Von Ost nach West schließen sie als dreireihige Allee zur lindenbestandenen Ringpromenade um die Alster an; durch den gedoppelten Pflanzabstand in Längsrichtung bleibt der Blick aufs Wasser ungehindert.
Auch bei der Architektur hat man sich um Integration bemüht. Im Osten vorgesehen war die Neuordnung der U-Bahn-Eingänge und vor allem der Ersatz des klobigen Hapag-Lloyd-Pavillons durch einen kleineren für ein Reisebüro und eine Gaststätte. Den funktional unterschiedenen Bauten wurde ein gemeinsames gestalterisches Motiv unterlegt – am Ende unterlagen sie diesem, zum Teil wenigstens. War unter den bedruckten Glaswänden der U-Bahn-Eingangsbauten nur technische Infrastruktur unterzubringen, wirkt die fleckig geätzte Glasfassade des Pavillons über die Maßen von formalen Ansprüchen bedingt – man muss nur mal die Kellner fragen, die unter Preisgabe ihrer würdevollen Haltung spontan demonstrieren, welch skurrile Verrenkung ein Alsterblick verlangt. Freilich kann man dem Architekten kaum verdenken, dass er es nach vielen verlangten Überarbeitungen dabei belassen hat, zumal sich Eigner und Baubehörde letztlich auf die Einrichtung eines „diskret wirkenden Restaurants“ einigten. Der ursprünglich als luftige Halle geplante Pavillon wurde bis zum Bersten gefüllt, u.a. mit auch olfaktorisch diskreter Küchentechnik – im Dach stecken meterhohe Kohlefilter. Doch nimmt ihm dies kaum die leichte Anmutung, wie man auch den U-Bahn-Bauten zubilligen muss, dass ihre etwas wuchtige Bedachung eine ganze Reihe geforderter Bushaltestellen ersparte. Letztlich aber geben die wenigen Schönheitsfehler eher Anlass zum Staunen, dass dem Großprojekt nicht mehr Unheil widerfuhr. Bis zur Eröffnung zumindest. Denn nachdem die Regeneration der Guten Stube Hamburgs vor allem aus privaten Mitteln bestritten wurde, wachsen die Begehrlichkeiten; bisher ist die Kette der Großveranstaltungen nicht abgerissen, und seit der Fußball-WM flaniert man hier an einer beständig sich erneuernden Wand aus Bierzelten.
Die zuvor unklar konturierte Uferkante wurde um fast acht Meter zurückgesetzt, wovon auch der so ans Wasser gerückte Alsterpavillon profitiert. Der zum Wasser leicht abfallende neue Platz ist nahezu auf ganzer Länge abgetreppt: ein lineares Amphitheater. Sein östliches Ende wird durch eine Bastion gehalten, die Weiteres leistet; im Inneren findet die Verwaltung der Alstertouristik Platz, und oberirdisch erhalten die Alsterarkaden ein Pendant, das die bedeutsame Raumfolge zum Rathausplatz stärkt.
Auf der Stadtseite wurde der Gehsteig verbreitert und wie der Platz am Wasser mit sandfarbenem Betonwerkstein belegt, was noch im Herbstlicht dem Ganzen ein freundlich-südländisches Gepräge verleiht, vor allem aber beide Seiten wirkungsvoll zusammenfasst. Dem dient auch die wohl mutigste Entscheidung: die zu Beginn der 70er Jahre vor der Häuserfront und auf den Mittelstreifen gepflanzten Bäume wieder zu entfernen. Neue Silberlinden gegenüber komplettieren nun den freigeräumten Jungfernstieg zum Boulevard. Von Ost nach West schließen sie als dreireihige Allee zur lindenbestandenen Ringpromenade um die Alster an; durch den gedoppelten Pflanzabstand in Längsrichtung bleibt der Blick aufs Wasser ungehindert.
Auch bei der Architektur hat man sich um Integration bemüht. Im Osten vorgesehen war die Neuordnung der U-Bahn-Eingänge und vor allem der Ersatz des klobigen Hapag-Lloyd-Pavillons durch einen kleineren für ein Reisebüro und eine Gaststätte. Den funktional unterschiedenen Bauten wurde ein gemeinsames gestalterisches Motiv unterlegt – am Ende unterlagen sie diesem, zum Teil wenigstens. War unter den bedruckten Glaswänden der U-Bahn-Eingangsbauten nur technische Infrastruktur unterzubringen, wirkt die fleckig geätzte Glasfassade des Pavillons über die Maßen von formalen Ansprüchen bedingt – man muss nur mal die Kellner fragen, die unter Preisgabe ihrer würdevollen Haltung spontan demonstrieren, welch skurrile Verrenkung ein Alsterblick verlangt. Freilich kann man dem Architekten kaum verdenken, dass er es nach vielen verlangten Überarbeitungen dabei belassen hat, zumal sich Eigner und Baubehörde letztlich auf die Einrichtung eines „diskret wirkenden Restaurants“ einigten. Der ursprünglich als luftige Halle geplante Pavillon wurde bis zum Bersten gefüllt, u.a. mit auch olfaktorisch diskreter Küchentechnik – im Dach stecken meterhohe Kohlefilter. Doch nimmt ihm dies kaum die leichte Anmutung, wie man auch den U-Bahn-Bauten zubilligen muss, dass ihre etwas wuchtige Bedachung eine ganze Reihe geforderter Bushaltestellen ersparte. Letztlich aber geben die wenigen Schönheitsfehler eher Anlass zum Staunen, dass dem Großprojekt nicht mehr Unheil widerfuhr. Bis zur Eröffnung zumindest. Denn nachdem die Regeneration der Guten Stube Hamburgs vor allem aus privaten Mitteln bestritten wurde, wachsen die Begehrlichkeiten; bisher ist die Kette der Großveranstaltungen nicht abgerissen, und seit der Fußball-WM flaniert man hier an einer beständig sich erneuernden Wand aus Bierzelten.
Für den Beitrag verantwortlich: Bauwelt
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Akteure
LandschaftsarchitekturArchitektur
Bauherrschaft
Freie und Hansestadt Hamburg
Verein Lebendiger Jungfernstieg e.V.
Tragwerksplanung