Bauwerk
BigBox
playze - Zürich (CH) - 2006
Feste Schale – flüchtiger Kern
Container – so innovativ ihre Erfindung war – wecken negative Assoziationen: Als «Container-Siedlungen» werden monoton gerasterte Wohnbauten bezeichnet, die mehr an gestapelte Kisten denn an «Behausungen» erinnern. Nun werden sie geadelt – als Museum, als Shop und Corporate Identity, als Eventbox.
11. September 2006 - Rahel Hartmann Schweizer
Die Entwicklung des Containers kostete den US-Amerikaner Malcolm P. McLean zwanzig Jahre. Der LKW-Fahrer soll beim Beobachten des Treibens am Hafen Mitte der dreissiger Jahre des letzten Jahrhunderts auf die Idee verfallen sein, sowohl die Be- und Entladezeiten als auch die Hafenliegezeiten der Schiffe zu verkürzen und standardisierte, genormte Wechselaufbauten (12.20 m lang, 2.44 m breit und 2.59 m hoch = 40 3 8 3 8.6 Fuss) zu entwerfen. Den ersten Containertransport unternahm McLean mit dem Frachter «Ideal X», der am 26. April 1956 in Newark beladen wurde. Den Durchbruch schaffte er – nunmehr Transportunternehmer und Firmenpräsident von SeaLand – mit der Frachtversorgung des US-Militärs während des Vietnamkriegs.
Die starke Präsenz von Containerstapeln machte sich das niederländische Architekturbüro MVRDV 2002 zunutze, als es den Wohnbau am Amsterdamer Hafen «Silodam» errichtete, der mit Container-Ästhetik kokettiert.
Readymade
Container waren der Rohstoff für Shigeru Bans «Nomadic Museum» in New York, das zwischen März und Juni 2005 am Pier 54, Chelsea, in West Side Manhattan gastierte und auf 45000 Quadratfuss (über 4000 Quadratmeter) Arbeiten des Fotografen Gregory Colbert zeigte (siehe Titelbild). Shigeru Ban, der sich mit seinen temporären Strukturen aus Papier und Karton einen Namen gemacht hat, transformierte die Container gleichsam zu Readymades. Das «Nomadic Museum» war, verankert wie ein Containerschiff, die adäquate Antwort auf den Genius Loci. Die Freitags (Daniel und Markus) haben es ihm nachempfunden und ihren 27 Meter hohen Shop-Tower an der Geroldstrasse 17 in Zürich aus 17 20-Fuss-Cargo-Containern errichtet. Hier geht es weniger um das Readymade als um Corporate Identity.
Veredelt
«TheBigBox» von Pascal Berger und Marc Schmit verbindet den Charakter des Readymade mit den Qualitäten von Recycling, Transferierbarkeit – und Wandlungsfähigkeit. «TheBigBox», die gemietet werden kann, lässt sich von der Bar in einen Ticketschalter, vom Schnellimbiss in einen Ausstellungsraum, von der Lounge in einen Konzertsaal verwandeln. Berger und Schmit haben den Container an den Längsseiten aufgeschnitten und diese mit je zwei neuen Türflügeln versehen, befestigt an einem aufgedoppelten Stahlrahmen und gefüllt mit dem Wellblech der Originalverkleidung. Der Container-Look und die Gebrauchsspuren bleiben erhalten, indem nur eine transparente Rostschutzlackierung aufgebracht wird. Auch die Verschlüsse funktionieren wie bei den standardmässigen Türen an den Schmalseiten. Alle Türen können um 180° ausgeschwenkt oder aber bei 90° blockiert und mit einem wasserdichten Segel überspannt werden. Die nutzbare Fläche kann so von 13.4 auf 45 m² verdreifacht werden.
Im Innern (Bilder 1, 2, 5) ist der bestehende Holzboden mit einem MDF-Unterboden belegt, der mit einem weissen, in zwei Bahnen verlegten Vinyl bedeckt und vollflächig verleimt wird. Wände und Decke sind mit transluzenten, weissen Acrylglasplatten ausgekleidet, die der Beleuchtung, bestehend aus auf der Metallwand versetzt angeordneten, dimmbaren FL-Röhren, vorgehängt sind. Damit die Verkleidung demontierbar ist und die Leuchten farblich variiert werden können, sind die Acrylglasplatten auf einen Metallrahmen geklebt, der seinerseits auf einen weiteren Rahmen geschraubt wird, ehe das Ganze auf die Türen montiert wird. Die Schmalseiten sind ebenfalls mit Acrylglasplatten verkleidet, aber nicht hinterleuchtet. Die Schmalseite ohne Türe, d.h. die einzige fixe Wand, ist den Installationen vorbehalten. Sie ist mit Einbauten bestückt, die Spühlbecken und Kühlschrank aufnehmen, sowie mit einem Regal, das für Beamer oder Boxen vorgesehen ist.
Variabel
Der Clou des Konzepts ist die variable Inneneinrichtung, bestehend aus Einbauten aus Forex (PVC-Hartschaumstoffplatten). Dreh- und Angelpunkt dieser Variabilität ist eine Stahlsäule, die Träger der verklebten, verspachtelten und nachträglich weiss Hochglanz lackierten Forex-Elemente ist. Die Säule wird durch ein Loch in der Decke in den Container eingefahren, dann werden die Möbel daran aufgesteckt. Befestigt werden die Elemente mit einem speziell entwickelten Flansch mit Presslager. Um die Reibung zu minimieren, lagern Teflonscheiben zwischen den Flanschen. Die Säule wird mit Decke und Boden verschraubt und dient der statischen Stabilisierung. Schliesslich verfügt der Container über Elektroinstallationen (Strom-, Beamer- und Boxenanschluss) und Wasseranschluss.
Der variabel bespielbare Innenraum korrespondiert mit der Mobilität von «TheBigBox» und mit dem ursprünglichen Gebrauch des Containers als Vehikel unterschiedlichster Waren. Seine Veredelung aber – das Innere wirkt wie mit einem seidig flirrenden Stoff ausgeschlagen – kontrastiert zum herben, rohen Stahlkörper. Analog zur temporären Nutzung ist das irisierend leuchtende Innere von ätherischer Flüchtigkeit. Wirkt der geschlossene Container wie ein vergessener, rostender Klotz, entschwindet er, sobald man die Tore öffnet. Der Blick findet keinen Halt, der Raum scheint keine Begrenzungen zu haben. Die Beengtheit des Containers, seine klar definierten Konturen solcherart aufzulösen, macht ihn zu einem entmaterialisierten Objekt.
Die starke Präsenz von Containerstapeln machte sich das niederländische Architekturbüro MVRDV 2002 zunutze, als es den Wohnbau am Amsterdamer Hafen «Silodam» errichtete, der mit Container-Ästhetik kokettiert.
Readymade
Container waren der Rohstoff für Shigeru Bans «Nomadic Museum» in New York, das zwischen März und Juni 2005 am Pier 54, Chelsea, in West Side Manhattan gastierte und auf 45000 Quadratfuss (über 4000 Quadratmeter) Arbeiten des Fotografen Gregory Colbert zeigte (siehe Titelbild). Shigeru Ban, der sich mit seinen temporären Strukturen aus Papier und Karton einen Namen gemacht hat, transformierte die Container gleichsam zu Readymades. Das «Nomadic Museum» war, verankert wie ein Containerschiff, die adäquate Antwort auf den Genius Loci. Die Freitags (Daniel und Markus) haben es ihm nachempfunden und ihren 27 Meter hohen Shop-Tower an der Geroldstrasse 17 in Zürich aus 17 20-Fuss-Cargo-Containern errichtet. Hier geht es weniger um das Readymade als um Corporate Identity.
Veredelt
«TheBigBox» von Pascal Berger und Marc Schmit verbindet den Charakter des Readymade mit den Qualitäten von Recycling, Transferierbarkeit – und Wandlungsfähigkeit. «TheBigBox», die gemietet werden kann, lässt sich von der Bar in einen Ticketschalter, vom Schnellimbiss in einen Ausstellungsraum, von der Lounge in einen Konzertsaal verwandeln. Berger und Schmit haben den Container an den Längsseiten aufgeschnitten und diese mit je zwei neuen Türflügeln versehen, befestigt an einem aufgedoppelten Stahlrahmen und gefüllt mit dem Wellblech der Originalverkleidung. Der Container-Look und die Gebrauchsspuren bleiben erhalten, indem nur eine transparente Rostschutzlackierung aufgebracht wird. Auch die Verschlüsse funktionieren wie bei den standardmässigen Türen an den Schmalseiten. Alle Türen können um 180° ausgeschwenkt oder aber bei 90° blockiert und mit einem wasserdichten Segel überspannt werden. Die nutzbare Fläche kann so von 13.4 auf 45 m² verdreifacht werden.
Im Innern (Bilder 1, 2, 5) ist der bestehende Holzboden mit einem MDF-Unterboden belegt, der mit einem weissen, in zwei Bahnen verlegten Vinyl bedeckt und vollflächig verleimt wird. Wände und Decke sind mit transluzenten, weissen Acrylglasplatten ausgekleidet, die der Beleuchtung, bestehend aus auf der Metallwand versetzt angeordneten, dimmbaren FL-Röhren, vorgehängt sind. Damit die Verkleidung demontierbar ist und die Leuchten farblich variiert werden können, sind die Acrylglasplatten auf einen Metallrahmen geklebt, der seinerseits auf einen weiteren Rahmen geschraubt wird, ehe das Ganze auf die Türen montiert wird. Die Schmalseiten sind ebenfalls mit Acrylglasplatten verkleidet, aber nicht hinterleuchtet. Die Schmalseite ohne Türe, d.h. die einzige fixe Wand, ist den Installationen vorbehalten. Sie ist mit Einbauten bestückt, die Spühlbecken und Kühlschrank aufnehmen, sowie mit einem Regal, das für Beamer oder Boxen vorgesehen ist.
Variabel
Der Clou des Konzepts ist die variable Inneneinrichtung, bestehend aus Einbauten aus Forex (PVC-Hartschaumstoffplatten). Dreh- und Angelpunkt dieser Variabilität ist eine Stahlsäule, die Träger der verklebten, verspachtelten und nachträglich weiss Hochglanz lackierten Forex-Elemente ist. Die Säule wird durch ein Loch in der Decke in den Container eingefahren, dann werden die Möbel daran aufgesteckt. Befestigt werden die Elemente mit einem speziell entwickelten Flansch mit Presslager. Um die Reibung zu minimieren, lagern Teflonscheiben zwischen den Flanschen. Die Säule wird mit Decke und Boden verschraubt und dient der statischen Stabilisierung. Schliesslich verfügt der Container über Elektroinstallationen (Strom-, Beamer- und Boxenanschluss) und Wasseranschluss.
Der variabel bespielbare Innenraum korrespondiert mit der Mobilität von «TheBigBox» und mit dem ursprünglichen Gebrauch des Containers als Vehikel unterschiedlichster Waren. Seine Veredelung aber – das Innere wirkt wie mit einem seidig flirrenden Stoff ausgeschlagen – kontrastiert zum herben, rohen Stahlkörper. Analog zur temporären Nutzung ist das irisierend leuchtende Innere von ätherischer Flüchtigkeit. Wirkt der geschlossene Container wie ein vergessener, rostender Klotz, entschwindet er, sobald man die Tore öffnet. Der Blick findet keinen Halt, der Raum scheint keine Begrenzungen zu haben. Die Beengtheit des Containers, seine klar definierten Konturen solcherart aufzulösen, macht ihn zu einem entmaterialisierten Objekt.
Für den Beitrag verantwortlich: TEC21
Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Solt