Bauwerk

Bauhaus Dessau
Walter Gropius - Dessau (D) - 1926
Bauhaus Dessau, Foto: Reinhard Görner / ARTUR IMAGES
Bauhaus Dessau, Foto: Reinhard Görner / ARTUR IMAGES

Ikone der Moderne

80 Jahre Bauhaus-Gebäude in Dessau

Pünktlich zum großen Jubiläum ist die aufwendige Sanierung des Bauhaus-Gebäudes abgeschlossen. Das Haus überrascht mit vielen wiedergewonnenen Details, und eine Geburtstags-Ausstellung huldigt dem Dessauer Weltkulturerbe. Ein Besichtigung der „Ikone der Moderne“ sollte dringend aufs Reiseprogramm.

21. Dezember 2006 - Jan Friedrich
Ein Geständnis vorab: Vor diesem Besuch anlässlich der Ausstellung zum 80. Jahrestag der Eröffnung des Bauhaus-Gebäudes am 4. Dezember 1926 bin ich nur einmal in Dessau gewesen. Im Sommer 1990. Das war im ersten Jahr des Architekturstudiums – also in einer Phase, in der man beim Betreten dieses mythenbehafteten Zeugnisses der Moderne vor Ehrfurcht unweigerlich weiche Knie bekam. Dass bei dieser ersten Besichtigung gar nicht so viel Originalsubstanz zu sehen war, dass ich nur die Rekonstruktionsversion von 1976 besuchte, kümmerte mich wenig: Das Bild schien ja zu stimmen. Bei den Sanierungsarbeiten 1976 waren die gröbsten Kriegs- und Nachkriegsverunstaltungen beseitigt worden, allem voran hatte man dem seit 1964 denkmalgeschützten Bau endlich die gestaltprägende Vorhangfassade des Werkstättenflügels wiedergegeben, nachgebaut allerdings nicht wie ursprünglich aus Stahl, sondern aus schwarz eloxiertem Aluminium. Zudem war damals die historische Raumfolge der Festebene mit Vestibül, Aula und Mensa wieder hergestellt worden.

Wie wenig ich 1990 tatsächlich von der ursprünglichen Anmutung des Gropius-Gebäudes erleben konnte, wurde mir erst jetzt deutlich, wo das Bauhaus nach der zehnjährigen Sanierung ein Bild zeigt, das dem Original wohl um Vieles näherkommt. Zwar war es keineswegs das Ziel des 1996 beschlossenen Sanierungskonzepts, durchgängig den Urzustand „nachzubauen“, doch Erhalt und Restaurierung der bauzeitlichen Substanz hatten höchste Priorität; dazu wurde eine umfangreiche Materialforschung betrieben, eine regelrechte „Archäologie der Moderne“ (so auch der Titel des Begleitbuchs zur Sanierung). An Stellen hingegen, die wesentlich von der 1976er-Sanierung geprägt sind, wurde dieser Zustand erhalten und ausgebessert; dort, wo die gegenwärtige Nutzung durch die „Stiftung Bauhaus Dessau“ es erforderte, wurden auch Neufassungen vorgenommen.

Das Bauhaus-Gebäude nach der aktuellen Sanierung ist zuallererst ein beeindruckendes Zeugnis dafür geworden, wie stark der Raumeindruck moderner Architektur durch die Oberflächenwirkung von Materialien und Farben bestimmt wird. Im Inneren ist das Haus überraschend „bunt“ geworden. Streng nach restauratorischem Befund wurden Deckenfelder, Unterzüge und einzelne Wände wieder farbig gefasst, ein Bild, das – ob der jahrzehntelangen Überlieferung des Gebäudes als schwarz-weiß fotografierte Ikone – zunächst irritiert. Subtiler, aber umso eindrücklicher: die völlig veränderte Stimmung, die durch die rekon­struierte ursprüngliche Farbgebung in der Aula entstanden ist. Die graue Rückwand, die bräunlichen Bezüge der Klappsitze, vor allem aber der Anstrich der Deckenfelder mit einer „Silberbronze“, der das Tageslicht und das Licht aus der Deckenbeleuchtung der Sofitten sanft reflektiert, geben dem Raum eine festliche Heiterkeit, die in nichts mehr an die kühle Strenge der 1976er-Fassung erinnert. Um der Unterschiede wirklich gewahr zu werden, sei ausdrücklich empfohlen, beim Gang durch das Haus das Begleitbuch mit seinen zahlreichen Vorher-Nachher-Fotos mitzunehmen.

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