Bauwerk
S-House Böheimkirchen
Georg Scheicher - Böheimkirchen (A) - 2005
Österreichischer Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit 2006
10. Oktober 2006 - newroom
Die Bedeutung dieses Projekts liegt in seiner zweifachen Kompromisslosigkeit. Einerseits zählt der ganzheitliche Anspruch dieses Forschungs- und Experimentalgebäudes zu den ambitioniertesten und radikalsten Beispielen in der Szene des nachhaltigen Bauens. Andererseits gibt die einfache, auf das Wesentliche ausgerichtete Sprache der Architektur eine inhaltlich schlüssige Übersetzung der technologischen Produktionsbedingungen. Die Oberflächenminimierung führte zur Wahl einer kompakten, in sich »zentrierten« Box, die in ihrer lapidaren Form durch die Kombination mit zwei horizontalen, »exzentrisch« fließenden Elementen – Plattform und Dachschirm – sowie zusätzlich durch das Abheben vom Boden pur zur Geltung kommt. Das Spiel mit leicht aus dem Lot gerückten, hohen Pendelstützen zur Verstrebung der rundum auskragenden Dachplatte unterstreicht noch den Ansatz, die Tendenz zur Blockhaftigkeit bei Passivhäusern aufzulockern und eine lebhaftere Interaktion zwischen Innen- und Außenbereichen zu entwickeln. Als Demonstrativbau ist das S-House sowohl funktional als auch im unterschiedlichen Grad der architektonischen Durchbildung naturgemäß ein Hybrid, da die meisten Details des Gebäudes echte Neuentwicklungen darstellen, die nur zum Teil voll ausgereifte, perfekte Formen darstellen – wie etwa die nach bionischen Kriterien mit Holzspritzguss hergestellten Schrauben zur Fixierung der Fassaden-Konterlattung im Strohkörper der Wände –, zum Teil aber noch Elemente in einem Entwicklungsstadium vorstellen – wie etwa die bemerkenswerten Türen, Zwischenwände und die leichten Fauteuils, Regale und Tische aus farbig gefassten Strohplatten. Im Übrigen ist der Bau mit viel Sensibilität für die Topografie und die alten Bäume am Bauplatz situiert: ein sehenswerter Ansatz, eine neue »fundamentale« Baugesinnung zu propagieren und dabei fundamentalistisches Formgut weit hinter sich zu lassen.
Energie und Ökologie
Was ist das S-House? Ein Büro, ein Innovations-, ein Schulungszentrum, ein Demonstrationsbau? Es ist ein Quereinsteiger in die österreichische Baulandschaft. Das Nachwachsen und das Zurückgeben bestimmen dieses Objekt, beseelt von der Idee, den lästigen Abfallstoff Stroh als Baustoff zu nutzen – in aller Konsequenz, von der Dämmung bis zu den Schreibtischen und Innentüren, die nicht aus Holz-, sondern aus Strohplatten bestehen. Dem aktuellen Metall-Trend in der Architektur wird in Böheimkirchen nicht nur eine ochsenblutrote Holzfassade entgegengesetzt, diese wird sogar metallfrei mit Holzdübeln und speziell entwickelten Schrauben aus einem Holzwerkstoff in der Strohdämmung befestigt. Gebaut wurde nicht für die Ewigkeit, sondern im Bewusstsein, dass dieses Objekt, wie viele andere Betriebsobjekte, vielleicht eine Lebenserwartung von zwanzig Jahren hat. Danach sollte ein Rückbau so einfach und ökologisch wie möglich sein. Für die Heizlastspitzen, die durch die unterschiedliche Nutzung des Gebäudes auftreten, wurde ein Biomasse-Speicherofen im kleinen Leistungsbereich bis 5 kW entwickelt. Die Umweltentlastung bezüglich der Konstruktion wurde mittels anerkannter Methoden nachgewiesen, sie zeigt im Vergleich einer konventionellen Wandkonstruktion mit der hier ausgeführten Strohwandkonstruktion einen »Faktor 10«. Interessant, dass der Heizwärmebedarf des Passivhaus-Standards hier noch deutlich unterschritten wird, aber die Bedeutung liegt viel mehr in der – inzwischen auch weltweiten – Signalwirkung des Gesamtkonzepts. Der Passivhaus-Standard ist zweifellos eine große Errungenschaft, wir wissen aber auch, dass der nächste Schritt zu nachhaltiger Energienutzung über die Optimierung der Herstellung von Gebäuden führen muss. Ein wirklich nachhaltiges Gebäude muss auf Fragen zur Gewinnung der Baustoffe genauso wie zum späteren Rückbau Antworten geben. Auch auf europäischer Ebene wird bereits daran gearbeitet, diese Fragen zu stellen. (Text: Jurytext Österreichischer Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit 2006, Otto Kapfinger, Johannes Fechner)
Energie und Ökologie
Was ist das S-House? Ein Büro, ein Innovations-, ein Schulungszentrum, ein Demonstrationsbau? Es ist ein Quereinsteiger in die österreichische Baulandschaft. Das Nachwachsen und das Zurückgeben bestimmen dieses Objekt, beseelt von der Idee, den lästigen Abfallstoff Stroh als Baustoff zu nutzen – in aller Konsequenz, von der Dämmung bis zu den Schreibtischen und Innentüren, die nicht aus Holz-, sondern aus Strohplatten bestehen. Dem aktuellen Metall-Trend in der Architektur wird in Böheimkirchen nicht nur eine ochsenblutrote Holzfassade entgegengesetzt, diese wird sogar metallfrei mit Holzdübeln und speziell entwickelten Schrauben aus einem Holzwerkstoff in der Strohdämmung befestigt. Gebaut wurde nicht für die Ewigkeit, sondern im Bewusstsein, dass dieses Objekt, wie viele andere Betriebsobjekte, vielleicht eine Lebenserwartung von zwanzig Jahren hat. Danach sollte ein Rückbau so einfach und ökologisch wie möglich sein. Für die Heizlastspitzen, die durch die unterschiedliche Nutzung des Gebäudes auftreten, wurde ein Biomasse-Speicherofen im kleinen Leistungsbereich bis 5 kW entwickelt. Die Umweltentlastung bezüglich der Konstruktion wurde mittels anerkannter Methoden nachgewiesen, sie zeigt im Vergleich einer konventionellen Wandkonstruktion mit der hier ausgeführten Strohwandkonstruktion einen »Faktor 10«. Interessant, dass der Heizwärmebedarf des Passivhaus-Standards hier noch deutlich unterschritten wird, aber die Bedeutung liegt viel mehr in der – inzwischen auch weltweiten – Signalwirkung des Gesamtkonzepts. Der Passivhaus-Standard ist zweifellos eine große Errungenschaft, wir wissen aber auch, dass der nächste Schritt zu nachhaltiger Energienutzung über die Optimierung der Herstellung von Gebäuden führen muss. Ein wirklich nachhaltiges Gebäude muss auf Fragen zur Gewinnung der Baustoffe genauso wie zum späteren Rückbau Antworten geben. Auch auf europäischer Ebene wird bereits daran gearbeitet, diese Fragen zu stellen. (Text: Jurytext Österreichischer Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit 2006, Otto Kapfinger, Johannes Fechner)
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