Bauwerk

Villa Massera
Gerhard Steixner - Wien (A) - 2006
Villa Massera, Foto: Gerald Zugmann
Villa Massera, Foto: Gerald Zugmann
Villa Massera, Foto: Gerald Zugmann

Ein Canyon voller Baustoffe

In Nußdorf steht ein Haus, das erst auf den zweiten Blick überzeugt. Architekt Gerhard Steixner kreierte ein in jeder Hinsicht auffällig unauffälliges Gebäude - mit Wohlfühlfaktor.

4. Oktober 2008 - Wojciech Czaja
Am nordwestlichen Stadtrand von Wien liegt das beschauliche Nußdorf. Keine Hektik, wenig Verkehr, ein linierter Teppich aus Weinreben liegt gemütlich auf den Hängen. Dass das kleine Arkadien von jeher ein Hort zeitgenössischen Bauens ist, geht in der Vorstadtromantik jämmerlich unter. Nur gelegentlich drängt sich zwischen all die güldenen Pfortenknäufe und hölzernen Dachverschläge ein Stück moderner Architektur.

Ernst Hiesmayrs ehemaliges Atelier steht hier, wenig weiter wohnt der Architekt und Statiker Wolfdietrich Ziesel in einem auffälligen Konstrukt aus den Sechzigerjahren, und der gute alte Rupert Falkner traute sich einst sogar, eine größere Wohnhausanlage hierherzustellen.

Die Aufsehen erregende Villa M. von Gerhard Steixner, die letztes Jahr fertiggestellt wurde, fügt sich perfekt in diese Umgebung. Kein Eckerl des Hauses möchte modisch sein, keines schreit nach Design der Jahrtausendwende. „Mir war wichtig, dass der ästhetische Genuss von Dauer ist und dass man dem Haus nicht auf Anhieb das Entstehungsjahr ablesen kann“, erklärt Steixner.

Materialvielfalt, Zeitlosigkeit

Wie ein Urlaubsdomizil steht das auffällig unauffällige Haus auf dem geböschten Grundstück. Unterschiedlichste Baustoffe treffen an den Fassaden unverhofft auf- einander. Von Materialreduktion hält Steixner nicht viel: Glas, Stahl, Ziegel, Naturstein, Niro, Aluminium, Lärchenholz, Fichte, Kunststoff, Putz und nackter Beton.

Doch auf den zweiten Blick wird klar: Was eben noch zusammengewürfelt schien, fügt sich sogleich zu einem stimmigen Ganzen. „Wir wollten kein modisches Haus, das gerade voll im Trend liegt“, sagen die beiden Bauherren, „sondern ein Projekt, das individuell auf uns zugeschnitten ist und das uns auch noch übermorgen gefällt.“

Man betritt das Gebäude an der Seite. Die Mitte des 330 Quadratmeter großen Gebäudes gehört dem Nichts. Ein riesiger Luftraum durchsticht alle drei Wohnebenen und verbindet sie mit frei geführten Stiegen und Stegen. Während sich unten Sauna, Dampfbad, Gästezimmer und Garderobe befinden, beginnt das eigentliche Wohnen einen Stock höher.

Im Norden liegen Küche und Essplatz, über raumhohe Schiebetüren tritt man hinaus in den Garten. An der lauschigen Rückseite des Hauses kann man gemütlich frühstücken. Auf der anderen Seite des Hauscanyons liegt das Wohnzimmer. „Hier kommt die Lage des Hauses mitsamt Vogelgezwitscher richtig zum Tragen“, schwärmen die Bauherren, „abends sitzen wir in den weißen Lümmelfauteuils und schauen hinaus in den Park.“

Luftiges Stiegensteigen

Bibliothek und Kamin erklären diesen Bereich zum zentralen Lebensort im Haus. Wo es intimer wird, gibt es einen Materialwechsel im Boden. Statt Kalkstein regiert nun die Wärme dunklen, geölten Merbau-Holzes.

Eine luftige Treppe führt weiter hoch in den Privatbereich. Wer hier geht, muss einen sicheren Tritt haben. Auf der rechten Seite hat man den Handlauf im Griff, auf der linken Seite nur den ungetrübten Blick ins Grüne.

Wie in einem kitschigen Märchen befindet sich der Badebereich auf einer Empore. Beim Duschen, Planschen und Zähneputzen kann man sich lautstark durchs ganze Haus singen und bei Bedarf vom Badebalkon hinunterwinken. Dass man sich währender Morgenkosmetik mit dem Ehepartner, der in der Küche bereits den Kaffee zubereitet, unterhalten kann, habe nur Vorteile. „Wir wohnen hier zu zweit. Vor wem sollen wir uns denn verstecken?“

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