Bauwerk

Haus H.
Atelier Heiss Architekten - Wien (A) - 2007
Haus H., Foto: Peter Burgstaller
Haus H., Foto: Peter Burgstaller
Haus H., Foto: Peter Burgstaller
Haus H., Foto: Peter Burgstaller

Postkartenblick vorm Fenster

Architekt Christian Heiss nennt seine Schaffensstätte nicht Büro, sondern Atelier. Spätestens wenn man die Ausblicke des Döblinger Einfamilienhauses inhaliert hat, weiß man auch, wieso. Wohnen vor einem Gemälde.

19. Mai 2007 - Isabella Marboe
„Ich wollte ein Haus im Grünen mit offenen, weiten Wohnräumen und ohne Gänge“, sagt die Baufrau, „vorher lebten wir in einer Dachwohnung, von der aus man immer nur den Himmel gesehen hat. Das hat weder uns noch den Kindern gefallen.“ Und so habe man sich entschieden, am Garten und am Leben teilhaben zu wollen. Außerdem sollte das Haus mitwachsen können und für den Nachwuchs eine Einliegerwohnung bereithalten. Keine leichte Vorgabe für ein freistehendes Einfamilienhaus auf einem sehr langen, aber nur 15 Meter breiten Steilhang, dessen Spitze im Wald- und Wiesengürtel mündet.

Als Architekt Christian Heiss auf dem Grund in Döblinger Bestlage stand, war es um ihn geschehen. „Die Länge hat mir gleich gefallen, ganz oben findet man eine für Wien einzigartige Ruhe.“ Ein abgetreppter Weg zelebriert den Aufstieg zum lauschigen Rasenplatz an der Spitze. Unter den Baumkronen der nachbarlichen Linden führt er von der Straße aus am Westrand des Grunds in einem sachten Bogen bis hin zur Terrasse, die zum Sonnenbaden einlädt. „Von hier aus gibt es diesen sehr, sehr schönen Blickpunkt auf die Kaasgrabenkirche. Es ist etwas Besonderes, so einen Maßanzug für eine Familie zu gestalten.“

Kirchturm im Bild

Insgesamt brauchte es drei Entwürfe, bis der schmale Hausbaukörper mit seinen raffinierten Einschnürungen, Erkern und Terrassen bauordnungskonform ins Gelände gebettet und so weit ausgetüftelt war, dass der Kirchturm nun postkartenreif durchs Fenster fällt. Mit einem verglasten Einraum entwächst das Erdgeschoss dem Hang, um sich auf drei differenzierten Wohnebenen zu Garten, Sonne und Aussicht zu recken. Kunstvoll feiert der Baukörper zwischen bezugsreich versetzten Wandscheiben seine außergewöhnliche Länge: Von der transparenten Breitseite im Süden flutet er um eine gläserne Mitte bis zum schmalen Nordende, das sich mit Terrasse, Panoramaerker und Balkonen der Stadt zuwendet.

„Die Grundrisslösung auf dem engen Grund war extrem schwierig. Ich wollte auf keinen Fall, dass ein Kellergefühl entsteht“, so Heiss, „das Herz des Hauses sollte lichtdurchflutet und hell sein.“ Schon beim Hauseingang zeigt sich die ganze Pracht der Helligkeit: Durch die Glaswand entlang der Stiege und durch bewusst inszenierte Wandschlitze kann man von hier bereits in die oberen Ebenen emporspähen. Der Ausblicke nicht genug: „Wir leben hier miteinander, nicht nebeneinander“, sagt die Baufrau, „man kann in der Badewanne liegen und ins Wohnzimmer schauen. Die Kinder lieben diese Glasfläche. Sie sehen sofort, wer gerade kommt.“

Fließende Raumgefüge

Im Windschatten der Treppe liegt die zweizeilige Küche. Sie gleitet entlang der Westwand bis zum Essplatz, der direkt an der Terrasse liegt. Am östlichen Ende windet sich die Südfassade raffiniert ums Eck. Auf diese Weise können Morgensonne und Natur hereinfallen - nicht zu vergessen die postkartengeeichte Kaasgrabenkirche.

Volltrunken der Landschaftsbilder geht es daneben vier Stufen aufs Eingangsniveau hinab, wo der schmale, aber stolze 3,15 Meter hohe Wohnbereich zwischen zwei Wandscheiben der Straße entschwebt.

Das transparente Entree darunter erschließt zwei potentielle Einliegerwohnungen. Hier schlüpfen die Bauherren tagtäglich vom Parkplatz ins Haus. Im hellen Vorraum der Schlafebene bewirkt die Glaswand der Treppe ihr letztes Wunder. Sie taucht den Schrankraum in helles Licht. Dahinter teilen sich Elternschlafzimmer und Bad die Terrasse. Im Norden buchten sich die Kindererker mit Balkon aus. Durch ihre Fenster winkt die Kirche - diesmal jedoch in Vogelperspektive.

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