Bauwerk

Wohnanlage Frieden Lienz Süd
Machné & Durig, architekturteam steinklammer, Machné Architekten - Lienz (A) - 2006
Wohnanlage Frieden Lienz Süd, Foto: Paul Ott
Wohnanlage Frieden Lienz Süd, Foto: Paul Ott

Gut gewürfelt

Wie baut man am Stadtrand? In unmittelbarer Nähe der Lienzer Dolomiten planten die Architekten Steinklammer und Machné/Durig eine heterogene Wohnhausanlage. Zusammengehalten wird sie von einem Schuss Corporate Identity - und von Kunst am Bau.

23. Juni 2007 - Isabella Marboe
Rundherum ist man von Dolomiten umzingelt, allmählich verliert sich die Stadt in der Landschaft: Wir sind in Lienz, genauer gesagt am südlichen Stadtrand davon. Das Grundstück im Stadterweiterungsgebiet hatte reichlich Zukunftspotenzial: Es liegt in der Nähe des Dolomitenstadions, die Bebauung nimmt ab und wird zu einem Einfamilienhausteppich, das Grün liegt vor der Nase. Einziger Wermutstropfen an der Sache: Leistbare Wohnungen sind hier rar.

Die Stadtentwicklung hatte mit der Gegend daher einiges vor. Als zukunftsweisendes Modell sollte eine geförderte Siedlung mit 250 Einheiten entstehen. Also widmete man das Grünland um. Anschließend wurden die Architekten Machné, Gussnig und Steinklammer sowie die Architektengemeinschaft STG mit einem städtebaulichen Entwicklungskonzept beauftragt.

Das Tiroler Friedenswerk realisierte den zweiten Bauabschnitt des Wohnparks Lienz Süd - fertig gestellt im November 2006 - mit insgesamt 77 Einheiten. Das Stadtzentrum liegt gerade einmal ein paar Radminuten entfernt, die westliche Grundgrenze wird von einem Campingplatz gesäumt und im Osten und Norden lassen vereinzelte Wohnblöcke ahnungsvoll Urbanität aufkeimen.

Wohnen mit Kunst

Die Architekten Hans Peter Machné, Marianne Durig und Georg Steinklammer reagierten auf diese Zwitterlage mit Typenvielfalt - Würfelhäuser, Terrassenhäuser, Split-Level-Häuser - und einigten sich auf weißen Putz und dunkelrot beschichtete Verkleidungen. Das nennt sich Corporate Identity. Verstärkt wird sie nur noch von der Kunst am Bau. Mal ragen expressive Körperfragmente von Hans-Peter Profunser in den Durchgang, mal sind es fragile Menschengestalten, die der Künstler Peter Niedertscheider in quadratische Steinplatten gefräst hat - innen und außen sind sie über Stiegen, Wände und Wege verstreut und sollen die Wahrnehmung sensibilisieren.

Beispielsweise jene für die Architektur: „Ich bin durch und durch ein Gartenmensch“, sagt die Mieterin einer Dachterrassenwohnung, „und diese Wohnung ist wie ein eigenes Haus. Jeder hat seine Etage, auf der er sich zurückziehen kann.“ Sie weiß, wovon sie spricht, schließlich bewohnt sie mit ihrer Familie eine dreigeschoßige Split-Level-Wohnung.

Durch ein breites Oberlicht fallen Sonne und Dolomitenpanorama in die Wohnküche. Unter dem Pultdach steigt der Raum auf beachtliche anderthalb Geschoße an und weitet sich mit einer glasumhausten Nische zum windgeschützten Essplatz auf der Terrasse. „Die Aufteilung ist toll. Man kann hier ungestört sitzen und hat rechts und links nur Berge.“ Sogar auf Vorhänge könne man hier getrost verzichten.

Wohnen im Würfel

Eine andere Wohnform bieten der fünfstöckige Wohnwürfel mit seinen Balkonmäandern und das ebenso hohe Punkthaus, um das sich dunkelrote Terrassenschleifen mit eingeschnittenen Glasflächen schlingen. Am Nordwestrand des Grundstücks gelegen bilden sie die Pfeiler zur Stadt.

Zwei- und Dreizimmerwohnungen sind um eine mittige Stiege gruppiert. Alle Wohnungen sind zweiseitig belichtet. Ihre organisch ums Eck geführten Freiflächen wachsen vom schmalen Wirtschaftsbalkon zu einer stattlichen, esstischtauglichen Terrasse am Wohnzimmer an.

Und schließlich die Südostflanke des Grundstücks: Lose aneinander gereihte Würfelhäuser mit Mietergärten zu ebener Erde bilden hier den Abschluss der heterogenen - und doch stimmigen - Wohnhausanlage. Zwischen die Baukörper ist paarweise je ein offenes Stiegenhaus eingeschoben. Die oberen Geschoße sind gegeneinander versetzt. Auf diese Weise bildet der Wohnraum im zweiten Stock gemeinsam mit der südwestwärts orientierten Terrasse einen Stock tiefer einen gedeckten und begehbaren Freiraum. Hier beginnt die ländliche Umgebung, hier kann man dolomitische Bergluft atmen.

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