Bauwerk

Agora Theater
UNStudio - Lelystad (NL) - 2007
Agora Theater, Foto: Christian Richters
Agora Theater, Foto: Christian Richters

Theater und Kongresszentrum in Lelystad

21. September 2007
Das neue »Agora-Theater« in Lelystad ist ein äußerst farbenfreudiger und entschieden positiver Bau. Er ist Teil des Masterplans von Adriaan Geuze, mit dem das pragmatisch nüchterne, ja fast schon triste Stadtzentrum neu belebt werden soll. Auf die aktuelle Aufgabe, den holländischen New Towns nach dem Krieg wieder neuen Schwung zu verleihen, antwortet das Gebäude indem es sich auf die eigentliche Funktion eines Theater konzentriert: Das Erschaffen einer Welt voller Täuschung und Zauberei. Sowohl das Innere als auch die äußere Hülle des Gebäudes sind äußerst facettenreich gestaltet, um das kurzweilige Erlebnis der Bühnenwelt erfahrbar zu machen – ein Erlebnis, bei dem man nie sicher sein kann, was real ist und was nicht. Im »Agora-Theater« sind Begriffe wie »Drama« und »Performance« nicht auf die abendliche Vorstellung auf der Bühne beschränkt; sie werden vielmehr zu einer städtischen Erfahrung gemacht – und das auch tagsüber.

Die Typologie des Theaters ist an sich schon faszinierend. Ben van Berkel jedoch, den es immer auch interessiert, wie ein Gebäude mit den Menschen »kommuniziert«, wollte die (darstellerischen) Merkmale und Möglichkeiten von Theatern und der Architektur im Allgemeinen weit über das einfache »Funktionieren« hinaus nutzen. Die komplexe äußere Hülle entstand in diesem Fall zum Teil auch durch die Vorgabe, die zwei Hauptsäle aus akustischen Gründen so weit wie möglich voneinander entfernt anzuordnen. Folglich wurden ein größerer und ein kleinerer Saal, der Bühnenturm, mehrere eigenständige, aber miteinander verbundene Foyers, zahlreiche Umkleiden und Mehrzweckräume sowie ein Café und ein Restaurant alle innerhalb eines großen Volumens untergebracht, das sich geradezu dramatisch in unterschiedliche Richtungen erstreckt. Die überaus komplexe Hülle resultiert aber auch aus dem Wunsch nach einer einheitlicheren Silhouette, da der erhöhte Bühnenturm ansonsten eine visuelle Störung in der Stadt dargestellt hätte. Die Fassaden mit ihren scharfen Winkeln und hervorstehenden Flächen bestehen aus Metallplatten in Gelb und Orangetönen sowie Glas. Die zahlreichen Vorsprünge ermöglichen Orte, an denen das »Zurschaustellen« hinter den Kulissen fortsetzt und die Schauspieler und Zuschauer gewissermaßen ihre Rollen tauschen. Der Aufenthaltsbereich der Künstler befindet sich beispielsweise direkt über dem Haupteingang, so dass diese durch ein großes, geneigtes Fenster das Publikum beobachten können, wie es sich dem Theater nähert.

Im Inneren nimmt die Farbpracht der Fassaden sogar noch an Intensität zu. Die pinkfarbenen Betonbrüstungen der Treppen und Galerien winden sich mit großer skulpturaler Kraft vom großen Foyer im 1. Obergeschoss nach oben, wobei sie ihre Farbe fast unmerklich von Violett über Purpur zu Kirsch verändern. Der Theatersaal ist komplett in Rot gehalten. Die Bühne ist in ihren Abmessungen eher ungewöhnlich für eine Stadt dieser Größe und ermöglicht das Inszenieren internationaler Produktionen. Dem gegenüber hat der Saal selbst beinahe intime Dimensionen, obwohl er immerhin 700 Zuschauern Platz bietet. Hufeisenförmige Balkone und prismatische Akustikpaneele verstärken den privaten Charakter.

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Für den Beitrag verantwortlich: Architektur + Wettbewerbe

Ansprechpartner:in für diese Seite: Arne Barthaw[at]kraemerverlag.com

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