Bauwerk

Dachbodenausbau Penthouse
Architekt Daniel Fügenschuh ZT GmbH - Tirol - 2007
Dachbodenausbau Penthouse, Foto: Lukas Schaller
Dachbodenausbau Penthouse, Foto: Lukas Schaller

Eine Frage der Schichtweise

Dachbodenausbau in Innsbruck

16. September 2008 - Nora G. Vorderwinkler
Die wohnliche Adaptierung eines Dachbodens im städtischen Gefüge birgt wenig Spektakuläres. Dass daraus ein Werk von bemerkenswerter praktischer und konstruktiver Innovation hervorgehen kann, stellten der Innsbrucker Architekt Daniel Fügenschuh und sein Bauherr eindrücklich unter Beweis. In einem spannungsvollen Wechselspiel aus Leere und Inhalt entstanden, auf unterschiedliche Raumebenen verteilt, konzentrierte Wohnbereiche, die in ihrer Komposition zu einem schlüssigen Ensemble verschmelzen. Der imposante Dachraum des historischen Stadthauses aus der Gründerzeit inspirierte den jungen Planer bereits von Beginn der Entwurfsphase an zu größtmöglicher räumlicher Offenheit. Als erste Konsequenz daraus öffnete er die darunterliegende Wohnung des Auftraggebers nach oben hin und integrierte diese in das neue Raumkonzept. Die zusätzliche Wohnfläche sollte zur Gänze in eigenständigen, frei schwebenden Baukörpern untergebracht werden.

Dazu entstanden zwei mächtige Holzquader aus naturbelassenem Fichten-Brettsperrholz, die in unterschiedlichen Höhen die Dachhaut durchdringen und als dominierende Elemente den architektonischen Eingriff prägen. Im Inneren der Boxen bilden Schlafzimmer, Bad, Fitnessraum und Meditationsnische in einem durchdachten Spiel aus Höhenniveaus und Sichtbezügen den intimen Wohnbereich. Die Materialwahl zugunsten von Brettsperrholz ermöglichte es, den Entwurfsgedanken eines weitestgehend unverbauten Luftraums konsequent zu verfolgen. »Unter Ausnutzung der statischen Qualitäten von Brettsperrholz konnten dreidimensional wirksame Strukturen entwickelt werden«, erklärt Daniel Fügenschuh und verweist auf eine der Holzboxen, die – nach dem statischen Prinzip einer Brücke ausgebildet – stützenfrei über die gesamte Raumtiefe spannt. »Ihre Last ruht beiderseits auf den Außenmauern des Gebäudes. Durch die Verankerung mit dem bestehenden Mauerwerk wird die statische Funktion der zuvor abgetragenen Tramdecke von der schwebenden Raumzelle übernommen«, so der Architekt weiter. Neben den Herausforderungen an die holzverarbeitende Firma sorgte die statische Einpassung der hölzernen Raumboxen im Zuge der Bauabwicklung für spannungsreiche Momente. Nach Anlieferung der Brettsperrholzelemente wurden zuerst die Komponenten des kleineren Raumquaders aufgeständert, in luftiger Höhe zusammengesetzt und nach Fertigstellung des größeren Holzvolumens mit diesem verbunden.

Im Anschluss daran schlug die Stunde der Wahrheit: Mit dem Entfernen der provisorischen Tragkonstruktion nahmen die Holzboxen die ihnen zugedachte Position ein – ihre gesamte Last wurde nach und nach auf die Außenmauern übertragen. Eine Doppelfunktion kommt den Seitenwänden des zentralen Treppenlaufes zu: Aufgrund der Fähigkeit von Brettsperrholz, auch diagonale Kräfte aufzunehmen, fungieren diese zugleich als Handlauf und als statisches Aussteifungselement. Neben den konstruktiven Vorteilen kam die naturbelassene Oberfläche des Fichtenholzes dem Wunsch des Bauherrn nach einer umweltbewussten Bauweise in hohem Maße entgegen. Die Rohheit des Materials und die Echtheit der Konstruktion verleihen dem Innenraum einen natürlichen und unaufdringlichen Charakter. Hervorzuheben sind auch die unkomplizierte Bearbeitung und gestalterische Flexibilität des Holzbaustoffs während des gesamten Bauprozesses. Entscheidungen über die Positionierung von Wandnischen und Fensteröffnungen fielen großteils erst vor Ort in Absprache mit dem Bauherrn und der ausführenden Firma. Drei Freibereiche krönen den baulichen Abschluss der dominierenden Raumzelle: Straßenseitig erstreckt sich ein Balkon über die gesamte Breite der Box, hofseitig eine Dachterrasse. Unter dieser verbirgt sich als exotisches Schmuckstück ein japanischer Garten. Von hier aus ragt meterhoher Bambus durch einen Holzrost aus feinen Lärchenlamellen, der zugleich »Gartendecke« und Terrassenboden ist, nach oben.

Von ähnlicher Raffinesse zeigen sich die Brüstungen der Außenbereiche. Durch die entsprechende Neigung der abgeschrägten Holzelemente fallen Sonnenstrahlen ein, unerwünschte Blicke von außen bleiben allerdings verwehrt. Neben der materialgerechten Detailplanung setzt sich eine konsequent angewandte Maßstäblichkeit in allen Bereichen fort. In städtebaulicher Hinsicht fügt sich der Dachbodenausbau zurückhaltend in die Umgebung ein. »Straßenseitig sollte der Umbau unauffällig bleiben und durch die Präsenz der neuen Fassadenelemente lediglich erahnt werden«, so Daniel Fügenschuh. In luftiger Höhe lugen die kompakten, holzverschalten »Hochleistungsboxen« über die Dachlandschaft der Stadt.

(Zeitschrift Zuschnitt 31, 2008; Seite 10ff.)

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Für den Beitrag verantwortlich: zuschnitt

Ansprechpartner:in für diese Seite: Kurt Zweifelzweifel[at]proholz.at