Bauwerk

Messehalle 3
Otto Loider - Klagenfurt (A) - 1966
Messehalle 3, Foto: WIEHAG GmbH
Messehalle 3, Foto: Hertha Hurnaus

Bauen in neuer Dimension

15. September 2007 - Helmut Stingl
Alle Klagenfurter kennen sie, die große Messehalle 3, mit fast 100 Metern freier Stützweite und 25 Metern Höhe, galt sie doch früher neben dem Lindwurm auf dem Neuen Platz als zweites Wahrzeichen der Stadt. Auch den Fachleuten aus Forst, Säge, Holzgewerbe, den Holzingenieuren und Architekten ist die Halle, die heuer 41 Jahre alt ist, von Ausstellungen, Messeveranstaltungen und aus der Fachliteratur bekannt, und immer noch kommen beim Betreten der Halle fast sakrale Gefühle auf. Dr. Erler von der Messedirektion erzählt, dass sie alle immer noch stolz auf ihre Halle seien, auf die stützenfreie, riesige Fläche von 7.000m², dass es nichts Besseres gäbe für wirklich kreativen Standaufbau und dass die großzügige Höhe zudem für ein angenehmes Raumklima sorge, besonders seit abgehängte Wärmepaneele angebracht wurden ...

Aber zurück zu Profanem: Um es gleich vorwegzunehmen – die Holzkonstruktion ist, soweit das Auge eine kritische Sicht erlaubt, in gutem Zustand. Im Innenbereich gibt es kaum größere, sonst oft durch Sonneneinstrahlung oder Heizung ausgelöste Schwindrisse. Die Oberflächen der außen liegenden Teile der Träger (Auflagerbereiche) sind stark nachgedunkelt, könnten aber durch Abschleifen und neuen Anstrich aufgehellt werden. Der Wartungsaufwand in diesen 40 Jahren galt also kaum der Holzkonstruktion, hingegen wurde vor zehn Jahren die alte Welleterniteindeckung durch Alu-Trapezbleche ersetzt.

Was aber bewog die damals Verantwortlichen zu der Weitsicht, einer derart großzügigen Hallenlösung zuzustimmen? Man hätte doch eine billigere, vielfach unterstützte Dachkonstruktion bevorzugen können. Aber es war eine Zeit der wirtschaftlichen Hochkonjunktur und man sollte und wollte für den in Österreich noch jungen Holzleimbau deutliche Signale nach innen wie außen setzen sowie dem Namen einer Holzmesse gerecht werden. In Europa gab es damals an ähnlich großen, freigespannten Holzkonstruktionen lediglich zwei in Frankreich und eine – in Planung – in Belgien. Sollte da Österreich als das europäische Holzland nachstehen?

Es ist immer wieder erstaunlich, welch technische und logistisch-organisatorische Leistung die Errichtung eines solchen Großbauwerkes in Holz darstellt und welcher Pionier- und Ingenieurgeist dahinter treibend wirkt. Man denke nur an die Größenverhältnisse der Bauteile von 55 Metern Länge bei den gegebenen Produktionsmöglichkeiten, die damaligen Transportprobleme oder den bis ins kleinste Detail durchdachten Montagestoß der großen Träger.

Die Aufgabe, 96 Meter bei einem ungewohnt hohen Schneelastanteil von 2,0kN/m² frei zu überspannen, Giebelwindlasten von 780kN über die Dachfläche verteilt auf die Längswände herunterzubringen, 1.300m³ Brettschichtholz in wenigen Monaten zu berechnen, zu zeichnen, zu produzieren und zu montieren, stellte für den Holzbau eine Herausforderung von völlig neuen Dimensionen dar.

Einem Artikel in »Bauen mit Holz« 1966, Koautor DI Walter Buchmann, sind neben technischen Details zum Hallenbau die wichtigsten handelnden Personen zu entnehmen: Bauherr war die Österreichische Holzmesse Klagenfurt, der Entwurf kam von Arch. DI Otto Loider aus Wien. Die Umsetzung der gesamten Holzleimbauarbeiten lag bei der Fa. Wiesner Hager in Altheim unter Baurat DI Dr. techn. Erich Wiesner Sen., die Holzbaustatik bei DI Max Hochreiner und die Prüfstatik bei Prof. Dr. Schischka von der TH Wien. DI Buchmann war 1966 Hochschulassistent an der TH Wien gewesen, und noch heute erinnert er sich an viele Details und Beteiligte von früher. Für ihn sei es eine sehr spannende Zeit gewesen, erzählt DI Buchmann, da er im Auftrag von Prof. Schischka die statische Berechnung und Überprüfung der Holzkonstruktion teilweise durchgeführt habe. Es wären in der Holzbaunorm damals viele Fragen offen gewesen, die dann in Ableitung und Analogie zu Stahlbauthemen gelöst wurden, wie z. B. das Stabilitätsproblem des Binderknickens in der Ebene.

Das Herausragende an den technischen Lösungen von damals ist wohl das Konzept der zweiteiligen Binderquerschnitte mit aufgeleimten Gurten aus mehrlagig verleimten Platten. Die Querschnittshöhe ist dem Momentenverlauf angepasst, also veränderlich, was im Zuschnitt vor dem Gurtaufleimen höchste Genauigkeit erfordert. Besonders durchdacht und raffiniert gelöst sind die verleimten, deshalb starren Montagestöße: seitlich aufgeleimte Platten an den Stegen und über schräge Keilzinkung mit zusätzlicher Keilwirkung verleimt gestoßene Flansche. Die Halbbinder wurden noch im Werk in je drei Teile getrennt, in Folie verpackt, mit der Bahn antransportiert, in einer adaptierten, beheizten kleinen Messehalle wieder zusammengeleimt, ausgehärtet, vorgelagert und montiert.

Der Umgang mit Großbauteilen bei Transportlängen bis 40 Meter gehört heute im Holzleimbau zum Alltag, nicht zuletzt wegen der wesentlich günstigeren Verkehrsinfrastruktur und der mobilen Kräne. Es gibt auch keine Scheu mehr vor Herstellungsgenaugkeiten um 0,5 mm. Das erlaubt natürlich großflächige Vorfertigung im Werk und Passgenauigkeit, wie sie bisher nur der Stahlbau kannte.

Zur Regel geworden ist seither auch die regengeschützte Produktion und Montage von Holzbauteilen.

Im Bereich der Brettschichtholzproduktion ermöglichen Forschung und Maschinenindustrie bei gleichzeitiger Kostenreduktion inzwischen höchstes Qualitätsniveau. Ein Zahlenvergleich: 1965 kostete ein Kubikmeter BSH montiert ca. 7.500,– öS, ein Preis, der mit ca. 500,– bis 600,– € bis heute trotz viel höherer Arbeits- und Materialkosten fast gleich geblieben ist.

Bei der Klagenfurter Halle wurden die Querschnitte aus mehreren verleimten Einzelteilen zusammengesetzt und wiederum verleimt. Vor vier Jahrzehnten noch in den Anfängen, gibt es heute viele Anwendungen solcher blockverleimten, geraden oder gekrümmten Konstruktionen, mit allen inzwischen erarbeiteten Herstellungsrichtlinien und Vorschriften.

Am Ende dieser Betrachtung darf die Frage gestellt werden, wie eine Hallenlösung 2007 aussähe: An den Lastannahmen würde sich trotz neuer Schneenorm für gleichverteilte Last nicht viel ändern, aber bei angenommener Dreiecksverteilung würde es doch lokal für Sekundärbauteile zu Lasterhöhungen kommen. Die Bogenform der Träger würde man beibehalten, auch das Dreigelenksystem, den Querschnittaufbau ohne Gurte, einfach blockverleimt, aus drei oder vier Rechteck-Einzelquerschnitten. Je Binderhälfte gäbe es nur einen Montagestoß als Querkraft- und Momentenstoß über »implantierte« Stahlteile und Stahlbauverbindungen (Verschraubung) auf der Baustelle. So käme man zu schlankeren Bindern und Transportlängen von ca. 28 Metern. Wegen des Breiten-Längen-Verhältnisses von 75 zu 100 Metern könnte man z. B. eine OSB-Plattenbeplankung über die gesamte Dachfläche ziehen und die Scheibenwirkung nützen. Die bisherige feingliedrige, arbeitszeitintensive Netzstruktur der Verbände ließe sich dadurch ersetzen. Eine Lastabtragung der Normalkräfte, wie bei Flächentragwerken üblich, wäre durchaus als Überlagerung denkbar. Heute würde man größten Wert auf eine volle Verkleidung der im Freien liegenden Binderteile legen, sodass weder Regen noch Sonne zu Rissbildung im Holz führten. Schließlich ist noch zu sagen, dass das einstige Problem der Bogenstabilität heute mit ausreichenden Bemessungsgrundlagen und Normenvorgaben im Holzbau rasch und sicher lösbar ist.

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Für den Beitrag verantwortlich: zuschnitt

Ansprechpartner:in für diese Seite: Kurt Zweifelzweifel[at]proholz.at

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