Bauwerk
Generalsanierung Palais Pálffy
Ablinger, Vedral & Partner - Wien (A) - 2007
Ein Palais kommt zu sich
Modern, mondän, klassizistisch: Das Palais Palffy, bisher eher ein versteckter grauer Block in der Wiener Innenstadt, wurde restauriert und umgebaut.
30. Dezember 2007 - Judith Eiblmayr
Die Wallnerstraße in der Wiener City ist prototypisch für eine Gasse „in der zweiten Reihe“: Sie ist zwar ums Eck vom Kohlmarkt, aber trotzdem nicht die Nobelkaufmeile selbst. Die Luxusboutiquen und Juwelenhändler schaffen es gerade noch 50 Meter weit in die Nebengasse, dann gibt man es schon billiger, und die Auswahl der Geschäfte normalisiert sich. Auch historisch betrachtet, war man mit einem Familiensitz in der Wallnerstraße dem kaiserlichen Hofe zwar schon sehr nahe, aber doch an der Hinterfront jener Palais, die in die „Straße des Adels“, die Herrengasse, orientiert waren. Aus jener Zeit erhalten sind drei Herrschaftshäuser in der Wallnerstraße: das Palais Caprara-Geymüller von 1698, das ebenfalls barocke Palais des Fürsten Paul I. Esterházy aus dem Jahre 1695 und dazwischen das klassizistische Palais des Grafen Janos Palffy von Erdöd. Während das Palais Esterházy durch seine halböffentliche Nutzung mit dem zugänglichen Innenhof schon länger als ins städtische Gefüge integriert gilt, wurde das Palais Palffy eher als unzugänglicher, grauer Block und seit gut zehn Jahren als Baustelle wahrgenommen.
Dieser Eindruck täuschte nicht: Bereits 1993 wurde bei Herbert Ablinger vom Architekturbüro Ablinger, Vedral & Partner eine Studie in Auftrag gegeben, die die Basis für eine Neunutzung der zuletzt für das Allgemeine Verwaltungsarchiv des Bundes und die Verwaltungsakademie verwendeten Räumlichkeiten als Bundespressezentrum untersuchen sollte. Die Architekten kamen auch planerisch zum Zug, und ab 1996 wurde mit den Umbauarbeiten begonnen. Vorerst wurden jene Einbauten, die den großen Hof des Palais „verfüllt“ hatten, entfernt. Die Umnutzung des Hofes hatte bereits 1922 Leopold Bauer vorgenommen, als er für die Britisch-Österreichische Bank, die damals das Gebäude erworben hatte, einen der seiner Meinung nach „praktischsten Bankbauten Wiens“ geplant hatte. Dabei war der Hof ab dem ersten Stock – ebenerdig lag der Haupttresor – zu einem zweigeschoßigen Kassensaal mit einem gläsernen Giebeldach umfunktioniert worden, in den hinter einer Säulenreihe offene Büroarbeitsplätze hin orientiert waren. 1948 wurden im Zuge des Wiederaufbaus in die Halle eine Zwischendecke eingezogen, zwei weitere Geschoße wurden draufgesetzt, um die Räume als Speicher für das staatliche Archiv nutzen zu können.
Im Jahr 2000 nach der Nationalratswahl war die Idee des Pressezentrums nicht mehr opportun, man verfügte einen Baustopp und prüfte neue Nutzungsvarianten. Erst 2003 fand sich eine zukunftsweisende Lösung, die auf einen sinnvollen Abschluss des Projektes hoffen ließ. Die OSCE – Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa – wählte für ihren neuen Amtssitz in Wien das Palais Palffy, das dem Anspruch, ein hochmodernes Verwaltungszentrum mit repräsentativen Räumlichkeiten zu verbinden, in idealer Weise gerecht werden konnte. Ab dann wussten die Architekten Herbert Ablinger, Renate Vedral und ihr Team, dass die jahrelange Vorarbeit sich gelohnt hatte: Es galt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit einerseits ein umfassendes Raumprogramm unter Beachtung höchster Sicherheitsaspekteumzusetzen, andrerseits unter der Fachaufsicht von Ewald Schedivy vom Bundesdenkmalamt die Restaurierung eines der bedeutendsten klassizistischen Stadtpalais in Wien voranzutreiben.
Man einigte sich darauf, den großteils unverfälscht erhaltenen Straßentrakt mit seinerteilweise in echtem Marmor, teilweise in Stuccolustro gehaltenen Prunkstiege, mit den Prunkräumen mit ihren Seidentapisserien und einzigartigen Parkettböden in „3D-Optik“, die eine Raumerweiterung nach unten suggerieren, möglichst authentisch instand zu setzen, für die rückwärtigen Trakte mit den neuen Räumen jedoch eine zeitgemäße Sprache in Materialität und Raumqualität zu finden. Die Architektur von Charles de Moreau, der das Palais Palffy 1809 bis 1813 unter Einbeziehung vorhandener Bausubstanz geplant hatte, wie auch die erwähnte Innenraumgestaltung, die Raphael von Rigelzugeschrieben wird, kamen dieser Intention sehr entgegen. Moreau, der 1794 von Nikolaus II. Fürst Esterházy nach Österreich geholt worden war, um dessen Schloss in Eisenstadt umzubauen, gilt in der Kunstgeschichteals „moderner“ als seine Zeitgenossen, da er aus seiner Pariser Zeit von den Lehren der Revolutionsklassizisten geprägt war.
Gerade die glatte Putzfassade des Palais Palffy mit der horizontalen Gliederung ohne Pilaster oder Lisenen, den rein additiv gesetzten Fensteröffnungen ohne Risalite und dem leichten Knick in der Fassade, der eine perspektivische Spannung evoziert, zeugt von einer Modernität, auf die sich Architekten heutzutage anstandslos beziehen können. Während die Straßenseite unverändert blieb, wurde der frei geräumte Hof an drei Seiten mit einer Glasfassade mit feiner Alu-Profilierung umschlossen, um die dahinterliegenden Büros möglichst gut zu belichten. Der Hof mit seinem gekiesten Boden, einer Holzterrasse, einem Wasserbecken und Bambusstauden wird so seiner historischen Aufgabe als Patio des Stadtpalais gerecht: Reduziertgestaltet, dient er als ruhiger (Außen-)Raum zur auch visuellen Kommunikation.
Auch beim Dachgeschoßausbau fanden das Bundesdenkmalamt und die Architektenzu einer produktiven Lösung: Die Dachfläche zur Wallnerstraße hin blieb unberührt, dafür durften hofseitig große Fensteröffnungen eingebracht werden, was eine ausreichende Belichtung der Räume gewährleistete.
Am 22. November 2007 waren dann auch alle zufrieden: Die Architekten, die Kosten und Termine punktgenau eingehalten hatten, das BDA, das das Palais Palffy stolz zum „Denkmal des Monats“ kürte, und König Juan Carlos, der für Spanien, das den Vorsitz der OSCE im Jahr 2007 leitet, die Eröffnung des neuen Hauses vornahm. Und die Wallnerstraße selbst kann sich – wenn auch in der zweiten Reihe – wieder ein Stückchen mondäner präsentieren.
Dieser Eindruck täuschte nicht: Bereits 1993 wurde bei Herbert Ablinger vom Architekturbüro Ablinger, Vedral & Partner eine Studie in Auftrag gegeben, die die Basis für eine Neunutzung der zuletzt für das Allgemeine Verwaltungsarchiv des Bundes und die Verwaltungsakademie verwendeten Räumlichkeiten als Bundespressezentrum untersuchen sollte. Die Architekten kamen auch planerisch zum Zug, und ab 1996 wurde mit den Umbauarbeiten begonnen. Vorerst wurden jene Einbauten, die den großen Hof des Palais „verfüllt“ hatten, entfernt. Die Umnutzung des Hofes hatte bereits 1922 Leopold Bauer vorgenommen, als er für die Britisch-Österreichische Bank, die damals das Gebäude erworben hatte, einen der seiner Meinung nach „praktischsten Bankbauten Wiens“ geplant hatte. Dabei war der Hof ab dem ersten Stock – ebenerdig lag der Haupttresor – zu einem zweigeschoßigen Kassensaal mit einem gläsernen Giebeldach umfunktioniert worden, in den hinter einer Säulenreihe offene Büroarbeitsplätze hin orientiert waren. 1948 wurden im Zuge des Wiederaufbaus in die Halle eine Zwischendecke eingezogen, zwei weitere Geschoße wurden draufgesetzt, um die Räume als Speicher für das staatliche Archiv nutzen zu können.
Im Jahr 2000 nach der Nationalratswahl war die Idee des Pressezentrums nicht mehr opportun, man verfügte einen Baustopp und prüfte neue Nutzungsvarianten. Erst 2003 fand sich eine zukunftsweisende Lösung, die auf einen sinnvollen Abschluss des Projektes hoffen ließ. Die OSCE – Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa – wählte für ihren neuen Amtssitz in Wien das Palais Palffy, das dem Anspruch, ein hochmodernes Verwaltungszentrum mit repräsentativen Räumlichkeiten zu verbinden, in idealer Weise gerecht werden konnte. Ab dann wussten die Architekten Herbert Ablinger, Renate Vedral und ihr Team, dass die jahrelange Vorarbeit sich gelohnt hatte: Es galt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit einerseits ein umfassendes Raumprogramm unter Beachtung höchster Sicherheitsaspekteumzusetzen, andrerseits unter der Fachaufsicht von Ewald Schedivy vom Bundesdenkmalamt die Restaurierung eines der bedeutendsten klassizistischen Stadtpalais in Wien voranzutreiben.
Man einigte sich darauf, den großteils unverfälscht erhaltenen Straßentrakt mit seinerteilweise in echtem Marmor, teilweise in Stuccolustro gehaltenen Prunkstiege, mit den Prunkräumen mit ihren Seidentapisserien und einzigartigen Parkettböden in „3D-Optik“, die eine Raumerweiterung nach unten suggerieren, möglichst authentisch instand zu setzen, für die rückwärtigen Trakte mit den neuen Räumen jedoch eine zeitgemäße Sprache in Materialität und Raumqualität zu finden. Die Architektur von Charles de Moreau, der das Palais Palffy 1809 bis 1813 unter Einbeziehung vorhandener Bausubstanz geplant hatte, wie auch die erwähnte Innenraumgestaltung, die Raphael von Rigelzugeschrieben wird, kamen dieser Intention sehr entgegen. Moreau, der 1794 von Nikolaus II. Fürst Esterházy nach Österreich geholt worden war, um dessen Schloss in Eisenstadt umzubauen, gilt in der Kunstgeschichteals „moderner“ als seine Zeitgenossen, da er aus seiner Pariser Zeit von den Lehren der Revolutionsklassizisten geprägt war.
Gerade die glatte Putzfassade des Palais Palffy mit der horizontalen Gliederung ohne Pilaster oder Lisenen, den rein additiv gesetzten Fensteröffnungen ohne Risalite und dem leichten Knick in der Fassade, der eine perspektivische Spannung evoziert, zeugt von einer Modernität, auf die sich Architekten heutzutage anstandslos beziehen können. Während die Straßenseite unverändert blieb, wurde der frei geräumte Hof an drei Seiten mit einer Glasfassade mit feiner Alu-Profilierung umschlossen, um die dahinterliegenden Büros möglichst gut zu belichten. Der Hof mit seinem gekiesten Boden, einer Holzterrasse, einem Wasserbecken und Bambusstauden wird so seiner historischen Aufgabe als Patio des Stadtpalais gerecht: Reduziertgestaltet, dient er als ruhiger (Außen-)Raum zur auch visuellen Kommunikation.
Auch beim Dachgeschoßausbau fanden das Bundesdenkmalamt und die Architektenzu einer produktiven Lösung: Die Dachfläche zur Wallnerstraße hin blieb unberührt, dafür durften hofseitig große Fensteröffnungen eingebracht werden, was eine ausreichende Belichtung der Räume gewährleistete.
Am 22. November 2007 waren dann auch alle zufrieden: Die Architekten, die Kosten und Termine punktgenau eingehalten hatten, das BDA, das das Palais Palffy stolz zum „Denkmal des Monats“ kürte, und König Juan Carlos, der für Spanien, das den Vorsitz der OSCE im Jahr 2007 leitet, die Eröffnung des neuen Hauses vornahm. Und die Wallnerstraße selbst kann sich – wenn auch in der zweiten Reihe – wieder ein Stückchen mondäner präsentieren.
Für den Beitrag verantwortlich: Spectrum
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