Bauwerk

Doppelhaus B-G
Arno Bereiter - Hohenems (A) - 2004
Doppelhaus B-G, Foto: Arno Bereiter
Doppelhaus B-G, Foto: Arno Bereiter
Doppelhaus B-G, Foto: Arno Bereiter
Doppelhaus B-G, Foto: Arno Bereiter
20. Januar 2008 - Az W
„Wohnen ist kompliziert, aufwändig, stressig geworden, das Bauen auch, – das ärgert mich - es muss vereinfacht werden!“

Wie Wohnen, wie Bauen ist eine Frage des Lebensstiles, nicht die Frage von Form, Einrichtung, technischer Ausstattung, auch nicht die Frage des sogenannten „Zeitgeistes“, auch nicht unbedingt eine Frage des vielen Geldes. Es geht um Lebensqualität, - wie fühle ich mich, wie baue ich für mich und nicht für die Nachbarn.

Warum das Haus entstanden ist: Ursprünglich hat mich das Beobachten der traurigen Wohnbauszene dazu veranlasst, mir Gedanken über eine Antwort auf die gängigen Wohnklischees zu machen. Nachdem sich zwischenzeitlich auch meine Wohnverhältnisse verschlechtert hatten, die Mieten zum Gebotenen sehr hoch sind, ging ich konkret an die Realisierung. Also war vorerst die Frage zu beantworten, wie ich zu einem Grundstück komme, - Grundlage für eine realistische Planung. Mit einem befreundeten Baumeister fand ich einen von der Idee Begeisterten und somit auch ein kleines Grundstück (315 m²), Rest einer groß angelegten, verdichteten Wohnsiedlung herkömmlicher Art. Trotz des kleinen Grundstückes musste es mindestens ein Doppelhaus sein, um Kosten zu sparen.

„Es ist schön ein Haus mit Garten zu haben, geerdet zu sein, einen Keller zu haben, in dem der Wein und einige Vorräte liegen, die Möglichkeit zu haben, abzusteigen und die Erhabenheit des Aufsteigens, unters Dach, auf das Dach.“

„Es ist schön Individualität, Intimität, Offenheit und in Freizügigkeit leben zu können, eine Welt um sich zu haben, die angreifbar ist, begreifbar ist, die rauh ist, glatt ist, hart, weich, kalt und warm, die fordert und gibt und vor allem, zulässt.“

Diese Aspekte waren Grundlage für dieses Doppelhaus - Wohnmöbel. Wohnmöbel deshalb, weil Sitzgelegenheiten Teil des Hauses sind, eine Art dienende Gliedmassen, Bestandteile aus dem Ganzen. Die knappen finanziellen Mittel wurden so eingesetzt, dass die räumliche Qualität und die Primärgewerke zur Hauptsache wurden, die Sekundärgewerke wurden auf ein Minimum beschränkt. Das Notwendige ist vorhanden, doch spartanisch. Oberflächenveredelung gibt es keine – nur Farben dienen zur visionären Gestaltung. Im Erdgeschoss sind Küche und Essen, Diele und WC untergebracht. Die südwestliche Ecke kann mittels Schiebetür und Drehtüre (dort wo die hängende Liege situiert ist) komplett geöffnet werden. Diese Möglichkeit ersetzt die Pergola, man fühlt sich im Innenraum im Außenraum. Der aufgeklappte, übergroße Drehflügel dient als Windschutz. Das zweieinhalb Geschoss hohe Regal ist gleichzeitig Stiege und Stauraum der Heiztechnik, Elektroverteiler, Kleider, Bücher, Bar etc. Im Obergeschoss befindet sich der Schlafbereich, Wohnbereich und das Bad mit WC. Durch den verschiebbaren Hängeschrank und Vorhang, lässt sich der Raum so konzipieren, dass jede Funktion als Raum für sich stehen kann oder als Einraum. Die Überlappung der Funktionen lässt eine unerwartete Großzügigkeit zu, man schläft in einem 30m² großen Schlafzimmer, man badet in einem 30m² großen Badezimmer und wohnt auch in einem 30m² großen Wohnzimmer, obwohl die Geschoßfläche nur ca. 35m² beträgt. Der offene Kamin, die HIFI-Anlage, die gezielt auf die Außenwelt ausgerichteten Fenster und die Plexiglaskuppel über dem Bett sind ebenfalls wichtige Gliedmassen des Hauses. Das OG ist durch eine Falltüre (Klappe) vom EG trennbar – sie verschließt die Treppe horizontal.
Das Dachgeschoss ist Terrasse, Hochsitz, die Möglichkeit abzutauchen, ungesehen zu sein oder doch sichtbar. Der Ort, um in die Landschaft, in die Tiefe des Himmels zu staunen, die Grenzen des Horizontes, die Schnittlinie zwischen Himmel und Erde mit den Augen abzugrasen.

Der Keller ist lediglich eine kühle „Schatzkiste“ (ca. 1,4 m x 1,6 m 1,2 m hoch), im Erdreich liegend, durch eine Klappe neben der Küche zugänglich. Absicht ist auch, die Grundgedanken dieses Hauses in größere Wohnprojekte zu transportieren. Die zweite Haushälfte ist fertig eingerichtet und dient im Moment als Musterhaus für Interessenten. (Text: Arno Bereiter)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Karl Grabher