Bauwerk

Haus in Oberwaltersdorf
g.o.y.a. - Oberwaltersdorf (A) - 2004

Lamellen nach Lust und Laune

In einer Siedlung ist man vor Einblicken nicht gefeit. In Oberwaltersdorf steht seit kurzem ein Haus aus der Architekturfeder von g.o.y.a., das aufzeigt, wie's geht: Ein beweglicher Screen steuert Lichteinfall und Aussicht.

3. Mai 2008 - Isabella Marboe
Gelbe Villen mit Giebel, rustikale Holzbalkons und Steildächer in Variationen. Viele Klischees aus dem Fertighauskatalog bündeln sich im niederösterreichischen Oberwaltersdorf zur ruhigen Siedlung. Hier besaßen die Bauherren die Hälfte eines Doppelhauses. Die traute Umgebung wollten sie nicht wechseln, die Wohnsituation sehr wohl. Die Kinder sollten nicht länger in kleinen Zimmern wohnen, auch Stauraum fehlte an allen Ecken und Enden. „Wir hatten ein winziges Vorzimmer, zu viert nach Hause zu kommen war bereits ein Drama“, erinnert sich die Baufrau.

Als in der Nähe ein Eckgrund verkauft wurde, packte man die Gelegenheit beim Schopf. Über Freunde gelangten die Bauherren zu Architekt Paul Preiss. Er komponierte der ganzen Familie ein vielschichtiges Haus nach Maß auf die Parzelle, das ganz ohne das für Oberwaltersdorf typische Satteldach auskam. Das war ausschlaggebend dafür, dass das Projekt den örtlichen Bauausschuss passieren musste. „Weil auch Tankstelle und Bahnhof flache Dächer haben, durften wir das Haus dann so bauen wie geplant.“ Mit diesem ersten Projekt gründete Paul Preiss die g.o.y.a. group of young architects.

Eine Sichtbetonscheibe markiert die Zufahrt. Fast Ton in Ton zeigen sich die Garage und die Rückflanke des Hauses dahinter grau verputzt. Aus einem großen, trichterförmigen Foyer gelangt man in die lichtdurchfluteten und luftigen Wohnräume. Wie ein Monitor scheinen im Obergeschoß die Schlafzimmer in die Landschaft zu kippen.

Im Westen des Grundstücks wurde eine Wasserader ausgependelt. Hier durfte kein Wohnraum anstreifen. Mit viel Respektabstand gleitet an besagter Stelle die Küche vorbei. Vom Wohnraum kann man schwellenlos auf die Terrasse im Garten treten. Mittels einer Glasschiebetür lässt sich der hintere Teil des Raumes zum Büro für den Bauherrn abzwacken. So hat er Ruhe beim Arbeiten, einen externen Zugang über die Terrasse und seine spielenden Kinder stets im Blick. Im Osten des Hauses, wo alle paar Stunden ein Bummelzug an den Weinbergen vorbeituckert, ist in den Boden ein Swimmingpool mit umlaufenden Holzlatten aus Bankirai eingelassen.

Entspannungsfaktor Licht

Freitragende Holztreppen führen zu den Schlafzimmern hoch. Das Stiegengeländer besteht aus eingespannten Stahlstäben. Ein trapezförmiges Oberlicht in der ansteigenden Decke lässt die Sonnenstrahlen über die leicht schwingende Treppe vom Himmel bis in den Keller fluten.

„Ich wollte vom Schlafzimmer aus unbedingt den Sonnenaufgang sehen“, sagt die Baufrau. Durch das Fenster am Kopfende des Betts kann sie nun miterleben, wie draußen die Morgenröte aufsteigt. Nebenan gibt es ein großes Elternbad mit runder Badewanne zum Entspannen.

Auch die beiden Kinder haben ihr eigenes Bad. Beidseitig zugänglich liegt es in der Mitte ihrer gleich großen Zimmer, deren Nurglasfronten nach Süden blicken. Vor den Fenstern liegt ein gedeckter Luftraum. Ein nach vorn kippender Screen aus Aluminiumlamellen dient dazu, je nach Sonnenstand die Position zu ändern und auf diese Weise den Lichteinfall zu steuern. „Wir hatten anfänglich etwas Angst wegen der vielen Glasflächen, aber jetzt sind wir ganz glücklich damit. Von innen sieht man alles, von draußen nichts. Genau, wie wir es wollten.“

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