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O&O Baukunst - Berlin (D) - 2003

Die erste Zacke in der Stadtkrone Berlins

Am Alexanderplatz von Berlin soll ein pompöser Warenhauspalast entstehen, dessen 150 Meter hoher Turm Teil der künftigen Stadtkrone sein wird. Das Gutachterverfahren entschieden die Architekten Ortner&Ortner für sich: eine Genugtuung nach dem Aus für Wien-Mitte.

17. April 2003 - Thomas Trenkler
Nach gut zwölf Jahren Planung kam das Aus: 1990 hatten die Architekten Laurids und Manfred Ortner den Wettbewerb um die Bebauung von Wien-Mitte gewonnen, im März 2003 wurde, wie berichtet, das zwischenzeitlich mehrfach abgeänderte Projekt von den Investoren, dem Bauträger Austria Immobilien (B.A.I) zusammen mit Sonae Immobiliária aus Portugal, aufgegeben. Denn die Türme mit einer Höhe bis zu 97 Metern gerieten plötzlich ins Schussfeld der Kritiker. Und der Stadt drohte, ihren Status als „Weltkulturerbe“ aberkannt zu bekommen.

Groß enttäuscht sein müssen Ortner&Ortner aber nicht: Sie entschieden zusammen mit dem englischen Shoppingcenter-Spezialisten RTKL ein Berliner Gutachterverfahren für sich. Die Aufgabenstellung war eine zu Wien-Mitte durchaus vergleichbare gewesen. Galt es doch, für ein Grundstück mit 27.000 Quadratmetern nächst dem Alexanderplatz, das aufgrund seiner gekrümmten Form im Volksmund „Banane“ genannt wird und bisher als Parkplatz diente, ein Geschäftszentrum mit Büros und 800 exklusiven Wohneinheiten zu entwerfen.

Kurioserweise ist einer der zwei Investoren auch einer der beiden in Wien: Sonae Imobiliária. Was für die Gebrüder Ortner kaum ein Vorteil gewesen sein dürfte. Denn erst der Berliner Senat, der auch in der Jury unter dem Vorsitz des Architekten Hans Kollhoff vertreten war, hatte sie als sechste Teilnehmer in das Verfahren hineinreklamiert. Nicht ohne Grund: Nach den Plänen der in Berlin sehr aktiven Ortners, die laut BauNetz-Ranking international auf Platz 9 liegen (Platz 16 für Coop Himmelb(l)au, Platz 27 für Hans Hollein, Platz 60 für Jabornegg/Pálffy), wurden unter anderem die ARD-Hauptstadtstudios realisiert.

Darüber hinaus übertrifft das Berliner Projekt mit einer Geschossfläche von 220.000 Quadratmetern das Wiener nicht nur um rund 90.000, sondern auch um Längen: Wahrzeichen des kompakten Ensembles, das aus fünf autonomen, durch ein Glasdach verbundene Gebäudeteilen besteht, soll ein 150 Meter hoher Büroturm sein. Dieser ist einer von insgesamt zehn Wolkenkratzern, die nach dem Konzept der Stadtplaner einmal die „Stadtkrone“ von Berlin bilden werden.

Befürchtungen, das Vorhaben könnte wie jenes in Wien scheitern, hegt Manfred Ortner gegenüber dem STANDARD keine: Sowohl der Senat als auch die Investoren (der zweite ist die Wohnungsbaugesellschaft Degewo) hätten großes Interesse an der Realisierung bekundet, eine „Skurrilität“ wie die Weltkulturerbe-Diskussion sei undenkbar, zudem würde der 40-stöckige Turm eine Sogwirkung für die weiteren Großprojekte rund um den „Alex“ entwickeln.


500-Millionen-Projekt

Anzumerken bleibt aber, dass mit dem Hochziehen der ersten Stadtkronenzacke erst dann begonnen wird, wenn die Rentabilität gesichert ist, sprich: genügend Mieter gefunden wurden. Der Spatenstich für das „Alexandria“-Einkaufszentrum samt Kino, Fitnesscenter, Restaurants und einem glänzenden Dach aus goldeloxiertem Aluminium, mit dem die Ortners an die Warenhauspaläste der Jahrhundertwende erinnern wollen, soll hingegen bereits 2004 erfolgen. Verkaufsfläche: 36.000 Quadratmeter. Geplanter Eröffnungstermin: 2006. Investitionssumme: 300 Millionen Euro. Die Kosten für den Turm mit einer 15 Meter hohen gläsernen Kuppel und ein Hotel, das noch nicht konkret ist: weitere 200 Millionen.

Wie es mit dem Wiener Projekt weitergehen wird, weiß Ortner nicht. Alle denkbaren Varianten seien bereits durchgespielt worden. Eine Redimensionierung sei natürlich immer möglich. Nur müsse diese jemand bezahlen. Wenn sie von jemandem bezahlt wird, dann könne man auch „bis runter auf null“ gehen. Und einen Park anlegen.

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