Bauwerk

Neubau Haus B.
Bernd Mayr - Wien (A) - 2007
Neubau Haus B., Foto: Andreas Buchberger
Neubau Haus B., Foto: Andreas Buchberger

Der Sonne entgegen

Ein steiler Nordhang am Rande von Wien. Architekt Bernd Mayr terrassierte das Gelände und setzte darauf eine ausgeklügelte Hausskulptur mit geschwungenen Dachbögen.

27. September 2008 - Isabella Marboe
„Eigentlich suchten wir eine Dachwohnung. Es war purer Zufall, dass wir hier gelandet sind“, erinnert sich der Bauherr. Es war Liebe auf den ersten Blick: Das Grundstück liegt am Ende einer Sackgasse auf einem steilen Nordhang. Im Süden die Straße, im Osten nichts als Wald und davor ein traumhaftes Panorama über die weichen Hügelkuppen des Wienerwaldes. Das Paar war entzückt, hatte aber Zweifel, ob sich die Parzelle zu vertretbaren Kosten bebauen ließ, denn das Gelände fällt von der Straße bis zur nördlichen Grundgrenze um 11,60 Meter ab.

Vor dem Kauf konsultierte man Architekt Bernd Mayr. „Es war ein sehr schwieriger Baugrund mit vielen Einschränkungen“, so Mayr, „der Hang ist so steil wie die Streif in Kitzbühel. Noch dazu liegt er nordseitig.“ Der Vorteil an der Sache: Der Wald grenzt direkt an, die Aussicht wird nie verbaut werden. „Ich wollte einen Baukörper entwerfen, der die Blicke zelebriert. Er sollte möglichst weit nach vor und hoch hinauf, damit er viel Sonne bekommt.“

Abgetreppte Landschaft

Ein Wunsch der ersten Stunde war, den Außenraum von jeder Ebene direkt begeh- und erlebbar zu machen. Die Grünbereiche des rutschgefährdeten Hanges wurden daher mit bewehrter Erde angeschüttet. Über abgetreppte Plateaus kann man von Ebene zu Ebene schreiten. So kommen auch die Schlafzimmer im Untergeschoß zu ihrer Terrasse.

Harmonisch liegt der ockerfarbene Baukörper im Gelände. Zu Wald und Straße gibt sich das Haus geborgen und introvertiert, überm Keller aber reckt es sich der Aussicht entgegen. Mit großen Glasflächen öffnet sich die Längsseite nach Westen und fängt so das Abendlicht ein. Über eine eingeschnittene Loggia wird auch noch die Südsonne in den Wohnbereich geholt. Die Laterne unterm obersten Dachbogen scheint den Himmel über Wien zu streifen. Hier flutet das Licht von allen Seiten, und die Baumkronen sind zum Greifen nah.

Im sachten Gegenschwung gleitet die Decke des Erdgeschoßes wie eine Welle bis zum begrünten Vordach, das über der Loggia ums Eck kurvt. Gerade 2,20 Meter hoch sind die Nebenräume und die transparente Eingangsnische. Zwei Stufen tiefer gerät unterm ansteigenden Deckenbogen im Wohnraum ein vielstimmiger Akkord aus Ausblick, Licht und Luft ins Schwingen.

Unter dem Glasband, das sich von der Straße übers Eck bis zur Westseite des Hauses zieht, liegt die weiße Küchenzeile. Vor dem Essplatz gewinnen Raum und Fenster an Höhe. Weit sieht man hier über das Häusermeer.

Ausblick durch Panoramaglas

Das Vordach neigt sich weit über den gedeckten Freiraum vor dem Wohnzimmer. Nahtlos geht der vorbewitterte Lärchenholzboden in die gewölbte Brüstung über. Fast wähnt man sich am Bug eines Schiffes. „Mich zieht es magisch nach draußen“, erklärt die Baufrau, „bei Herbstnebel ist die Stimmung mystisch. Ich fühle mich dann, als wäre ich im Amazonas.“

Acht Meter lang und 3,30 Meter hoch ist das Panoramaglas vor der Sitzgruppe. Es kommt ohne Rahmen aus: Glasschwerter geben ihm die nötige Stabilität. Ein Kamin verströmt Wärme. An der Wandscheibe in der Mitte des Hauses gleitet die Treppe auf die Galerie. Die Setzstufen wurden ausgespart, zwischen die Trittstufen dringt Licht. Oben in der Laterne malen die Schatten sachte Bögen auf die gewölbte Decke. Von hier sieht man runter in den Wohnraum und raus in den Wald. „Das ist mein Denk-Kabäuschen“, schwärmt der Bauherr. „Hier kann ich die Baumwipfel streicheln.“

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