Bauwerk

Blumen-Grundschule und Bernhard-Rose-Schule, ökologische Fassadensanierung
huber staudt architekten bda - Berlin (D) - 2007
Blumen-Grundschule und Bernhard-Rose-Schule, ökologische Fassadensanierung, Foto: huber staudt architekten bda
Blumen-Grundschule und Bernhard-Rose-Schule, ökologische Fassadensanierung, Foto: huber staudt architekten bda
Blumen-Grundschule und Bernhard-Rose-Schule, ökologische Fassadensanierung, Foto: huber staudt architekten bda
Blumen-Grundschule und Bernhard-Rose-Schule, ökologische Fassadensanierung, Foto: huber staudt architekten bda

Ostmoderne relaunched

Fassadensanierung an zwei Typenschulen in Berlin-Friedrichshain

Ob sie jemals als schön empfunden worden sind, die Typenschulen aus DDR-Produktion? Mittlerweile jedenfalls gelten sie in ihrer funktionalen und konstruktiven Klarheit als charaktervoll – und denkmalwert. Kein Grund also, sie mit Steildächern und bunten Fassaden zu verhübschen. Auch Huber Staudt Architekten haben einen alternativen Weg gefunden, zwei Schulen im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gestalterisch behutsam in unsere Zeit zu bringen.

15. Mai 2008 - Falk Jaeger
Nicht weniger als 160 Abkömmlinge der Berliner Bernhard-Rose-Schule (ursprünglich Axel-Wedding-Oberschule) sind auf dem Gebiet der ehemaligen DDR anzutreffen, denn dieses Bauwerk war 1965 - 66 von Gerhard Hölke als Prototyp der „Typenreihe SK Berlin“ errichtet worden und steht deshalb unter Denkmalschutz. Einer der Abkömmlinge findet sich in unmittelbarer Nachbarschaft, die heutige Blumen-Grundschule, auch sie ein viergeschossiger, kubischer Baukörper mit vorgezogenem Treppenhaus.
Was sofort ins Auge fällt ist die Tatsache, dass man durchaus städtebauliche Überlegungen angestellt hatte: Während die Bernhard-Rose-Schule an der Singerstraße in die Straßenflucht tritt, wurde die Blumen-Schule an der Andreasstraße in den Hintergrund gerückt, um einen Spielgarten vor dem Haus zu gewinnen. Im Blockinnenraum stehen die zugehörigen Sporthallen am gemeinsamen Schulhof. Aus heutiger Sicht fragwürdig ist jedoch die Tatsache, dass die Ausrichtung der Typenbauten nach der Himmelsrichtung offenbar als nachrangig angesehen wurde, denn die Schulen stehen im rechten Winkel zueinander. Heute, da die Typenschulen durchweg Sanierungsbedarf haben, ist natürlich der Umgang mit der Sonneneinstrahlung Thema.

Günstige Kennwerte

Die Berliner Architekten Christian Huber und Joachim Staudt haben sich der beiden Schulen angenommen, um sie mit neuen Fassaden heutigen bauphysikalischen Erfordernissen anzupassen. Andernorts werden die Errungenschaften des industrialisierten Bauwesens der DDR mit einem Vollwärmeschutz verpackt und sind nach neuer Farbgebung in „freundlichen“ Farben nicht wiederzuerkennen. Manch intelligenteres Herangehen führt zu hervorragenden neuen Lösungen, bei denen jedoch die Identität der Bauten verloren geht (siehe Grundschule in Schulzendorf, Metamorphose 1/2008, S. 24). Huber Staudt spürten das Verlangen, der originären Architektur der Schulen zu ihrem Recht zu verhelfen. Was sie sich vornahmen, wird im Pressewesen „Relaunch“ genannt, die vorsichtige gestalterische Aktualisierung eines Objekts, das seine Charakteristik behalten und wiedererkennbar bleiben soll.
Ziel war auch, die Kennwerte der EnEV um vierzig Prozent zu unterschreiten, damit die zwei Millionen Euro teure Maßnahme aus verschiedenen Töpfen gefördert werden konnte. Wenig Kopfzerbrechen bereiteten die geschlossenen Giebelwände, die mit einem aufgebrachten Wärmedämmverbundsystem optimiert wurden. Dass eine der Giebelwände an die Kugelstoßanlage grenzt und Schüler manchmal auf dumme Ideen kommen, muss wohl als außerplanmäßige Belastung gesehen werden, für die das Bauteil nicht ausgelegt sein kann. Auch für die Kunst am Bau trugen die Architekten Sorge. Ein fast giebelgroßes, kreisförmiges Kunstwerk am Südgiebel der Blumen-Schule zeigt wie vor dem Umbau Ikarus – neuerdings jedoch als eingetieftes Putzrelief. Davor montiert: der Kosmonaut Juri Gagarin als restaurierte Metallbandfigur in der Manier von Leonardo da Vincis vitruvianischem Menschen im Maßkreis.

Haut und Vorhang

Als komplexeres Problem erwies sich die bautechnische Ertüchtigung der Treppenhäuser. Sollten die Betonfassadenplatten mit dem eingetieften Dekor, eine Art reziproke Diamantrustika, erhalten werden, kam man um eine Innendämmung mit Schaumglas nicht umhin. Die einfach verglasten Fenster mit ihren schlanken Stahlrahmen blieben an Ort und Stelle und sind durch einen zusätzlichen, innen angebrachten Flügel zu einer Art Kastenfenster ausgebaut.
Das Hauptaugenmerk aber galt natürlich den Längsfassaden. Die Brüstungen des Typenbaus bestehen aus Betonsandwichelementen mit Innendämmung. Erste Maßnahme war, die Elemente von unten anzubohren und für das Kondenswasser Abflussröhren einzubauen. Die alten Fenster sind durch neue Holzfenster in derselben Teilung von 1,20 Metern ersetzt und außen dunkel gestrichen. Auf die Fassadenplatten wurden – ebenfalls außen – eine 15 Zentimeter starke Mineralfaserdämmung und schwarzes Windpapier aufgebracht. Zehn Zentimeter vor dieser schwarzen Fläche „schwebt“ eine zusätzliche, elementierte Aluminiumfassade. Sie besteht aus eloxierten, rechteckigen Hohlprofilen von fünf verschiedenen Breiten und vier verschiedenen Farben in einer holzartigen Farbpalette, die abwechselnd in horizontalen, über die gesamte Gebäudelänge laufenden Streifen montiert sind. Jeweils ein Fassadenfeld von 4,24 Metern Länge wurde mit L-förmigen Schienen zu einem vorfabrizierten Element zusammengefasst und in die Unterkonstruktion aus Aluminiumwinkeln und U-Profilen eingehängt. Der Abstand zwischen den 20 bis 100 Millimeter breiten Streifen ist mit 2,5 Zentimetern so gewählt, dass Selbstreinigung gewährleistet ist, ein Besteigen der Fassade jedoch verhindert wird. Unerwünschte Graffiti oder Farbschmierereien lassen sich dank der Eloxalschicht mit Spezialreinigern entfernen, ohne dabei die Oberfläche zu verletzen. Größtes logistisches Problem war das Sortieren der Streifen nach Plan, größte Herausforderung am Bau die präzise Montage, denn schon die geringste Unregelmäßigkeit würde deutlich ins Auge fallen.
Im Bereich der Klassenzimmer sind die ursprünglich durchlaufenden Fensterbänder durch Fassadenelemente mit etwas breiteren Zwischenräumen und Durchblick unterbrochen. Die Elemente hängen immer dort, wo die Klassenzimmertrennwände auf die Fassade treffen, so dass sich die innere Gliederung des Gebäudes nach außen abbildet. Vor den Fenstern der rückwärtigen Seite laufen einzelne Streifen über die gesamte Fassadenlänge durch und machen den Flur ablesbar.
Durch die deutlich abgesetzte zweite Haut bleiben die ursprünglichen Gebäude wie hinter einem Vorhang erfahrbar und das Ziel, der vier Jahrzehnte alten Architektur Referenz zu erweisen, wurde erreicht.

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Für den Beitrag verantwortlich: Metamorphose. Bauen im Bestand

Ansprechpartner:in für diese Seite: Doris Baechlerdoris.baechler[at]konradin.de

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