Bauwerk
Stift Herzogenburg - Osterkapelle
Anja Fischer, Ernst Beneder - Herzogenburg (A) - 1998
14. September 2003 - Az W
Die Architekten gestalteten im Barockstift Herzogenburg eine neue Osterkapelle, verwandelten einen alten Stichgang in eine intensive Raumschöpfung der Gegenwart. Das Resultat beeindruckt weniger durch Masse und Volumen als durch die modellhafte Bearbeitung einer kleinen, aber höchst anspruchsvollen Aufgabe und formuliert in jedem Detail Distanz zum barocken Bestand.
Und dennoch ist das Wesen des Alten aufs innigste im neuen Ganzen aufgehoben, sind die von Prandtauer geschaffenen Qualitäten in eine heutige Situation transformiert.
Der Quertrakt zwischen den Stiftshöfen zählt zu den ältesten Teilen des barocken Neubaus. Von vier Fenstern einseitig belichtet liegt hier der Gang vor den Sakristeien fast einen Meter tiefer als der Emmerichhof. So erhält dieser schmale Längsraum wohl ein sehr schönes, hoch einfallendes Westlicht. Durch den mannshohen, verschatteten Wandabschnitt unter den Fenstern wird aber auch die Souterrain-Lage sehr deutlich.
Die neue Einrichtung reagiert präzise auf diese Verhältnisse. Zum einen wurde der latente Effekt des „Durchhauses“, eine starre Patentlösung mit doppelreihiger Bestuhlung vermieden. Statt dessen entstand die klar abgeschirmte und zentrierte, in sich offene Tendenz eines quer zur Gangachse aktivierten Raumes. Zum anderen wurde die dunkle Wand unter den Fenstern durch eine Holzverkleidung mit integriertem Lichtband aufgewertet, wohnlich und hell gemacht.
Dieser neuen Raum-Klammer entlang der Fensterwand antworten auf der Sakristeiwand zwei komplementäre Eingriffe: die neu geschaffene Wandnische und der gläserne Winkel des vom Gewölbe abgehängten „transparenten Velums“. Die tiefe Einkerbung in die Substanz der Sakristeiwand bildet das architektonische Pendant zu dem an die Fensterwand angelehnten, möbelhaften Holzparavent: da die diesseitige, warme Holznische - dort die jenseitige, kalte Steinnische des Grabes.
Es ist diese mit vielfärbigem Konglomerat ausgekleidete Nische, mit der das Fluchten des Ganges erst wirklich gestoppt und auf eine neue Mitte hin „verortet“ wird. Und diese neue Mitte manifestiert und entfaltet sich, indem das stehende Nischen-Quadrat nach vorne in den Raum herausgeklappt ist und am Boden ein eigenes Feld auszeichnet, dessen Ecken nun zwei plastische Elemente markieren - der steinerne Würfel des Altartisches und das gläserne Prisma des Ambo.
Diese eher horizontalen Teile sind durch die vertikalen Einfügungen gesteigert und verknüpft. Das erwähnte Glasfries transzendiert die zu ihm parallele Holzwand und kommentiert die spirituelle Botschaft des Ostergeschehens, als dessen materielle Zeugen die „leere Grabnische“ und der davon „weggewälzte Stein“ des Altarblocks agieren.
Vom Fokus der Nische etwas abgesetzt und alle Vektoren der neuen Raumfigur verklammernd steht das leere Kreuz. Im selben Material wie Lambris und Bänke ist es aber aus deren Horizontalität zum senkrechten, raumgreifenden Mal aufgerichtet, verbindet es die Kontraste der unteren, haptischen Raumschicht mit der oberen, nur visuell fühlbaren Lichtmodulierung von Gewölbe und Fries.
Beneder/Fischer verwandelten den vorher linearen, eindimensionalen Wegraum in einen polyvalenten, dynamischen Handlungsraum für Priesterschaft und Gemeinde. Sie schufen zugleich ein komplexes Ensemble, das die Dramatik der Osternacht mit der dynamischen Interaktion von alten und neuen Elementen in deren plastischen wie auch materialen Werten zum Ausdruck bringt.
Beneder/Fischer entwerfen im Geist der Moderne, das heißt mit dem Verzicht auf bildhafte, stilistische Effekte, konzentriert auf die puren Faktoren der Raumbildung, - den kulturellen Ausdruck allein in der klar reduzierten, perfekten Durchbildung von Materialien und Konstruktionen selbst suchend. Diese Autonomie des Neuen setzt in der Konfrontation auch das Alte autonom: Prandtauers Gewölbe und Fenster der Osterkapelle blieben unangetastet. Doch das führte nicht zum Verstummen des Ganzen, im Gegenteil. Der Dialog zwischen Alt und Neu sowie innerhalb des Neuen geschieht aufs Lebhafteste, aber eben jenseits von Formen und Metaphern auf der Ebene der reinen Licht-, Raum- und Maßverhältnisse. (Gekürzter Text: Otto Kapfinger)
Und dennoch ist das Wesen des Alten aufs innigste im neuen Ganzen aufgehoben, sind die von Prandtauer geschaffenen Qualitäten in eine heutige Situation transformiert.
Der Quertrakt zwischen den Stiftshöfen zählt zu den ältesten Teilen des barocken Neubaus. Von vier Fenstern einseitig belichtet liegt hier der Gang vor den Sakristeien fast einen Meter tiefer als der Emmerichhof. So erhält dieser schmale Längsraum wohl ein sehr schönes, hoch einfallendes Westlicht. Durch den mannshohen, verschatteten Wandabschnitt unter den Fenstern wird aber auch die Souterrain-Lage sehr deutlich.
Die neue Einrichtung reagiert präzise auf diese Verhältnisse. Zum einen wurde der latente Effekt des „Durchhauses“, eine starre Patentlösung mit doppelreihiger Bestuhlung vermieden. Statt dessen entstand die klar abgeschirmte und zentrierte, in sich offene Tendenz eines quer zur Gangachse aktivierten Raumes. Zum anderen wurde die dunkle Wand unter den Fenstern durch eine Holzverkleidung mit integriertem Lichtband aufgewertet, wohnlich und hell gemacht.
Dieser neuen Raum-Klammer entlang der Fensterwand antworten auf der Sakristeiwand zwei komplementäre Eingriffe: die neu geschaffene Wandnische und der gläserne Winkel des vom Gewölbe abgehängten „transparenten Velums“. Die tiefe Einkerbung in die Substanz der Sakristeiwand bildet das architektonische Pendant zu dem an die Fensterwand angelehnten, möbelhaften Holzparavent: da die diesseitige, warme Holznische - dort die jenseitige, kalte Steinnische des Grabes.
Es ist diese mit vielfärbigem Konglomerat ausgekleidete Nische, mit der das Fluchten des Ganges erst wirklich gestoppt und auf eine neue Mitte hin „verortet“ wird. Und diese neue Mitte manifestiert und entfaltet sich, indem das stehende Nischen-Quadrat nach vorne in den Raum herausgeklappt ist und am Boden ein eigenes Feld auszeichnet, dessen Ecken nun zwei plastische Elemente markieren - der steinerne Würfel des Altartisches und das gläserne Prisma des Ambo.
Diese eher horizontalen Teile sind durch die vertikalen Einfügungen gesteigert und verknüpft. Das erwähnte Glasfries transzendiert die zu ihm parallele Holzwand und kommentiert die spirituelle Botschaft des Ostergeschehens, als dessen materielle Zeugen die „leere Grabnische“ und der davon „weggewälzte Stein“ des Altarblocks agieren.
Vom Fokus der Nische etwas abgesetzt und alle Vektoren der neuen Raumfigur verklammernd steht das leere Kreuz. Im selben Material wie Lambris und Bänke ist es aber aus deren Horizontalität zum senkrechten, raumgreifenden Mal aufgerichtet, verbindet es die Kontraste der unteren, haptischen Raumschicht mit der oberen, nur visuell fühlbaren Lichtmodulierung von Gewölbe und Fries.
Beneder/Fischer verwandelten den vorher linearen, eindimensionalen Wegraum in einen polyvalenten, dynamischen Handlungsraum für Priesterschaft und Gemeinde. Sie schufen zugleich ein komplexes Ensemble, das die Dramatik der Osternacht mit der dynamischen Interaktion von alten und neuen Elementen in deren plastischen wie auch materialen Werten zum Ausdruck bringt.
Beneder/Fischer entwerfen im Geist der Moderne, das heißt mit dem Verzicht auf bildhafte, stilistische Effekte, konzentriert auf die puren Faktoren der Raumbildung, - den kulturellen Ausdruck allein in der klar reduzierten, perfekten Durchbildung von Materialien und Konstruktionen selbst suchend. Diese Autonomie des Neuen setzt in der Konfrontation auch das Alte autonom: Prandtauers Gewölbe und Fenster der Osterkapelle blieben unangetastet. Doch das führte nicht zum Verstummen des Ganzen, im Gegenteil. Der Dialog zwischen Alt und Neu sowie innerhalb des Neuen geschieht aufs Lebhafteste, aber eben jenseits von Formen und Metaphern auf der Ebene der reinen Licht-, Raum- und Maßverhältnisse. (Gekürzter Text: Otto Kapfinger)
Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien
Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzig
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