Bauwerk
RömerMuseum im Archäologischen Park Xanten
GATERMANN + SCHOSSIG - Xanten (D) - 2008
Vergangenheit als (Re-)Konstruktion
Das neue Römermuseum von Gatermann & Schossig in Xanten
Das römische Xanten wurde als eine der wenigen antiken Ruinenstädte später nicht überbaut. Nun konnte der seit 1977 bestehende Archäologische Park um ein neues Römermuseum ergänzt werden.
2. September 2008 - Hubertus Adam
Im Zuge der Germanenfeldzüge unter Kaiser Augustus wurde 13/12 v. Chr. ein Legionslager auf dem Fürstenberg südlich des heutigen Xanten angelegt. Die Zivilsiedlung, die zwei Kilometer weiter nördlich am Hafen entstand, avancierte zu einer prosperierenden Stadt, die in den Jahren 98/99 unter Trajan den Titel einer «Colonia» erhielt. Das zweite Jahrhundert, während dessen die grossen repräsentativen Bauten entstanden, gilt als die Blütezeit der «Colonia Ulpia Traiana»; Ende des 3. Jahrhunderts wurde sie von fränkischen Truppen überrannt. Zwar versuchte man anschliessend, das städtische Leben auf verkleinertem Stadtgrundriss zu reaktivieren, doch im Laufe des 4. Jahrhunderts fiel die einstige Colonia endgültig in Trümmer.
Anschauliche Nachschöpfungen
Dadurch, dass sich die mittelalterliche Ansiedlung über der antiken Nekropole entwickelte und Xanten selbst nie mehr die Bedeutung wie seine antike Vorgängerin erlangte, blieb das Gelände der römischen Stadt weitgehend unbebaut. Diesem Sonderfall verdankt der 1977 gegründete Archäologische Park Xanten seine Entstehung: Auf Basis von Grabungsbefunden wurden wichtige Gebäude der Stadt im Massstab 1:1 über den Grundmauern rekonstruiert oder teilrekonstruiert – der Hafentempel, das Amphitheater, eine Herberge samt Thermenannex und die Stadtmauer mit Toren und Türmen. Wie weit man bei derartigen Nachschöpfungen gehen darf, die natürlich stets nur Annäherungen darstellen und vielleicht mehr vom Jetzt als vom Damals erzählen, ist auch unter Archäologen umstritten. Zu bestreiten ist aber nicht, dass die experimentelle Archäologie – also der Versuch, das antike Leben physisch nachzuvollziehen – der Wissenschaft einige Impulse gegeben hat. Und der Archäologische Park Xanten vermag trotz mancher Fragwürdigkeit im Detail ohne Zweifel ein anschaulicheres Bild von den Dimensionen einer römischen Kolonialstadt zu vermitteln, als es Modelle oder Computeranimationen vermöchten, geschweige denn konservierte Grundmauern.
Ausserhalb des Archäologischen Parks, aber noch auf dem Gebiet der antiken Stadt ist jetzt das von dem Kölner Architekturbüro Gatermann & Schossig entworfene Römermuseum eingeweiht worden. Es bildet mit dem 1999 eröffneten Schutzbau über den Ausgrabungen der Stadtthermen, welchen das Kölner Ingenieurbüro Polonyi realisiert hat, ein bauliches Ensemble – mit 24 Metern Firsthöhe, 20 Metern Breite und 70 Metern Länge entspricht der mit einem roten Satteldach aus Blech versehene Bau den Proportionen der Basilika, die als Eingangshalle des Thermenkomplexes fungierte. Als Tragwerk der Halle dienen 14 mächtige Stahlrahmen, die mit Stahlpaneelen verkleidet sind. Glas, auf das ein Pixelraster gedruckt wurde, bildet die Aussenhaut. Diese adaptiert die Struktur der Glashülle über den Thermen.
Die Halle des Museums bleibt als Hohlraum erkennbar; die einzelnen Ebenen der Ausstellung sind als mit Rampen und Treppen verbundene Plattformen von der Stahlkonstruktion abgehängt. Der Rundgang beginnt im Erdgeschoss, wo die germanische Urbesiedlung und die Zeit der ersten römischen Intervention thematisiert werden; dann steigen die Besucher langsam in die Höhe, erleben die Colonia Ulpia Traiana mit ihren wichtigsten Bauten, den Wandmalereien und den zum Teil opulenten Ausstattungen und erfahren viel über die Berufe der Bewohner und das alltägliche Leben. Auf dem obersten Ausstellungsgeschoss beendet ein Ausblick auf die fränkische Ebene den Parcours – durch ein grosses Fenster fällt der Blick auf den doppeltürmigen Dom St. Viktor, der noch heute die Stadt Xanten beherrscht.
Frage nach der römischen Identität
Gemeinsam mit dem Team um den Museumsleiter Hans-Joachim Schalles hat das Atelier Brückner aus Stuttgart eine abwechslungsreiche Szenografie erarbeitet, welche die Exponate auf vielfältige Art zum Sprechen bringt. Gelbliche «Schleusen» rhythmisieren den Rundgang und verweisen auf die Zäsuren in der Siedlungsgeschichte – den Einmarsch der Legionen, den Bataveraufstand der Jahre 69/70 und die Zerstörung in der Zeit der Völkerwanderung.
Lichtjahre entfernt scheinen hier die Zeiten, da sich provinzialrömische Museen eher wie Schaumagazine ausnahmen. In Xanten dienen die Exponate dazu, Geschichten zu erzählen und Geschichte lebendig zu machen – was eigentlich römische Identität gewesen sei, ist eine der Fragen, auf welche die Ausstellung Antworten geben möchte. Dabei bleibt der Abstand zum historischen Geschehen gewahrt. Vergangenheit, so vermittelt es die Schau, ist stets (Re-)Konstruktion und bleibt damit fragwürdig. Die Verantwortlichen nutzen die Finessen heutiger Inszenierungstechniken, vermeiden aber jene «immersiven» Strategien, welche die Distanz zwischen Betrachter und Objekt auflösen wollen. Vertiefende Informationen für interessierte Besucher könnten allerdings an manchen Orten zusätzlich integriert werden.
Anschauliche Nachschöpfungen
Dadurch, dass sich die mittelalterliche Ansiedlung über der antiken Nekropole entwickelte und Xanten selbst nie mehr die Bedeutung wie seine antike Vorgängerin erlangte, blieb das Gelände der römischen Stadt weitgehend unbebaut. Diesem Sonderfall verdankt der 1977 gegründete Archäologische Park Xanten seine Entstehung: Auf Basis von Grabungsbefunden wurden wichtige Gebäude der Stadt im Massstab 1:1 über den Grundmauern rekonstruiert oder teilrekonstruiert – der Hafentempel, das Amphitheater, eine Herberge samt Thermenannex und die Stadtmauer mit Toren und Türmen. Wie weit man bei derartigen Nachschöpfungen gehen darf, die natürlich stets nur Annäherungen darstellen und vielleicht mehr vom Jetzt als vom Damals erzählen, ist auch unter Archäologen umstritten. Zu bestreiten ist aber nicht, dass die experimentelle Archäologie – also der Versuch, das antike Leben physisch nachzuvollziehen – der Wissenschaft einige Impulse gegeben hat. Und der Archäologische Park Xanten vermag trotz mancher Fragwürdigkeit im Detail ohne Zweifel ein anschaulicheres Bild von den Dimensionen einer römischen Kolonialstadt zu vermitteln, als es Modelle oder Computeranimationen vermöchten, geschweige denn konservierte Grundmauern.
Ausserhalb des Archäologischen Parks, aber noch auf dem Gebiet der antiken Stadt ist jetzt das von dem Kölner Architekturbüro Gatermann & Schossig entworfene Römermuseum eingeweiht worden. Es bildet mit dem 1999 eröffneten Schutzbau über den Ausgrabungen der Stadtthermen, welchen das Kölner Ingenieurbüro Polonyi realisiert hat, ein bauliches Ensemble – mit 24 Metern Firsthöhe, 20 Metern Breite und 70 Metern Länge entspricht der mit einem roten Satteldach aus Blech versehene Bau den Proportionen der Basilika, die als Eingangshalle des Thermenkomplexes fungierte. Als Tragwerk der Halle dienen 14 mächtige Stahlrahmen, die mit Stahlpaneelen verkleidet sind. Glas, auf das ein Pixelraster gedruckt wurde, bildet die Aussenhaut. Diese adaptiert die Struktur der Glashülle über den Thermen.
Die Halle des Museums bleibt als Hohlraum erkennbar; die einzelnen Ebenen der Ausstellung sind als mit Rampen und Treppen verbundene Plattformen von der Stahlkonstruktion abgehängt. Der Rundgang beginnt im Erdgeschoss, wo die germanische Urbesiedlung und die Zeit der ersten römischen Intervention thematisiert werden; dann steigen die Besucher langsam in die Höhe, erleben die Colonia Ulpia Traiana mit ihren wichtigsten Bauten, den Wandmalereien und den zum Teil opulenten Ausstattungen und erfahren viel über die Berufe der Bewohner und das alltägliche Leben. Auf dem obersten Ausstellungsgeschoss beendet ein Ausblick auf die fränkische Ebene den Parcours – durch ein grosses Fenster fällt der Blick auf den doppeltürmigen Dom St. Viktor, der noch heute die Stadt Xanten beherrscht.
Frage nach der römischen Identität
Gemeinsam mit dem Team um den Museumsleiter Hans-Joachim Schalles hat das Atelier Brückner aus Stuttgart eine abwechslungsreiche Szenografie erarbeitet, welche die Exponate auf vielfältige Art zum Sprechen bringt. Gelbliche «Schleusen» rhythmisieren den Rundgang und verweisen auf die Zäsuren in der Siedlungsgeschichte – den Einmarsch der Legionen, den Bataveraufstand der Jahre 69/70 und die Zerstörung in der Zeit der Völkerwanderung.
Lichtjahre entfernt scheinen hier die Zeiten, da sich provinzialrömische Museen eher wie Schaumagazine ausnahmen. In Xanten dienen die Exponate dazu, Geschichten zu erzählen und Geschichte lebendig zu machen – was eigentlich römische Identität gewesen sei, ist eine der Fragen, auf welche die Ausstellung Antworten geben möchte. Dabei bleibt der Abstand zum historischen Geschehen gewahrt. Vergangenheit, so vermittelt es die Schau, ist stets (Re-)Konstruktion und bleibt damit fragwürdig. Die Verantwortlichen nutzen die Finessen heutiger Inszenierungstechniken, vermeiden aber jene «immersiven» Strategien, welche die Distanz zwischen Betrachter und Objekt auflösen wollen. Vertiefende Informationen für interessierte Besucher könnten allerdings an manchen Orten zusätzlich integriert werden.
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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